Ein Architektenhaus punktet mit individueller Planung und fachkundiger Baubegleitung. Nachteile gibt es aber auch. Wir geben euch einen Überblick über Vorteile und Nachteile im Vergleich zum Fertighaus und nennen die Kosten.
Das Grundstück ist schon da, aber welches Haus soll drauf? Bei der Wahl zwischen einem Musterhaus und dem Bau mit einem Architekten steht ihr vor einer der größten Entscheidungen eures Lebens. Die können wir euch zwar nicht abnehmen, aber wir liefern euch die wichtigsten Infos zum Architektenhaus und sagen, wie ihr die Kosten für den Hausbau mit dem Architekten berechnen könnt.
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Was ist ein Architektenhaus?
Beim Thema Eigenheimbau haben sich die Begriffe Architektenhaus und schlüsselfertiges Haus oder auch Fertighaus als die zwei Hauptvarianten etabliert. Während das Fertighaus nach einem bereits vorhandenen Bauplan errichtet wird und auch vorab besichtigt werden kann, entsteht das Architektenhaus als Unikat.
Der Architekt bekommt den Auftrag, die Ideen und Vorstellungen der Bauherren zu realisieren. Und zwar von der Planung über die Vorbereitung der Baugenehmigung bis hin zur Bauüberwachung. Der Fertighauskäufer hat weniger Gestaltungsspielraum, bekommt sein Traumhaus dafür aber auch deutlich günstiger. Ein Architektenhaus hat viele Vorteile, aber auch einige Nachteile.
Übrigens: Auch ein Fertighaus wurde von einem Architekten geplant. Nur ist dieser bei der Baufirma angestellt und wird nicht von einem einzelnen Bauherren beauftragt. Insofern ist die Begrifflichkeit Architektenhaus vielleicht etwas irreführend. Individualhaus oder Unikat-Haus würde es inhaltlich besser treffen.
Was sind die Vorteile eines Architektenhauses?
Damit ihr euch darüber im Klaren werden könnt, ob der Hausbau mit einem eigenen Architekten das Richtige für euch ist, nennen wir euch hier die Vorteile eines Architektenhauses:
1. Individuelle Gestaltung
Ein Architektenhaus richtet sich primär nach euren individuellen Wünschen und den Bedürfnissen eurer Familie. Ihr bestimmt als Bauherren im Detail, welche Größe und welchen Stil das Gebäude haben soll, wie die Räume aufgeteilt sind, welche Materialien verbaut werden, wie Bad und Küche ausgestattet sind, welche Art der Haustechnik integriert wird und wie die Grünanlagen gestaltet werden.
Auch etwas eigenwillige Ideen könnt ihr mit einem Architekten besprechen. Ein Pool im Wohnzimmer? Die Küche im ersten Stock? Der Architekt ist auch dafür da, ungewöhnliche Wünsche in die Realität zu übersetzen oder – wenn gute Gründe dagegen sprechen – lieber abzuraten. Das Ergebnis ist immer ein Haus, das es kein zweites Mal gibt – ein echtes Unikat.
Bei einem Fertighaus ist das Grundgerüst bereits festgelegt. Die meisten Anbieter lassen euch heute aber auch die Möglichkeit, hier und da eure eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Je nachdem, wie stark diese in die vorliegende Planung eingreifen, kosten Änderungen aber häufig extra.
2. Freie Planbarkeit der Haustechnik
Fertighäuser haben in der Regel standardisierte Strom- und Wasseranschlüsse. Auch die Position der Heizkörper und das verwendete Heizsystem sind festgelegt. Ein Architektenhaus ist in Sachen Haustechnik viel flexibler.
Schon in der Planungsphase könnt ihr eine Fußbodenheizung, einen integrierten Kamin, eine Sauna oder eine Photovoltaikanlage mitdenken. Die Positionierung der einzelnen Steckdosen ist ebenso möglich wie eine komplette Automatisierung durch eine Smart-Home-Technik oder eine Anpassung der Dachneigung, um die Solarstromgewinnung effektiver zu machen. Ein guter Architekt hat beim Hausbau auch die Kosten im Blick und plant so, dass integrierte Energie- und CO2-Sparmaßnahmen förderfähig sind.
3. Weitsichtiger Blick auf künftige Nutzung
In der Phase der Hausplanung sind die Ansprüche an das Gebäude in der Regel eindeutig. Neben Wohn- und Essbereich, einer Küche und einem Bad braucht ihr vielleicht zwei oder drei Kinderzimmer und eine Garage. Soweit die Ist-Situation. Aber was, wenn ihr 20 Jahre weiterdenkt? Wenn ihr das Haus auch dann noch sinnvoll nutzen wollt, bietet ein Architektenhaus vielfältige Zukunftsoptionen.
Wenn ihr gemeinsam mit einem Architekten auch darüber nachdenkt, dass eure Kinder später ein eigenes Bad oder einen separaten Eingang wollen oder es absehbar ist, dass ein pflegebedürftiger Elternteil einmal bei euch einzieht, sieht die Planung gleich ganz anders aus. Auch der spätere Einzug einer Pflegerin kann, so Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherrn e.V., schon in dieser Phase des Lebens mit eingeplant werden.
Das heißt nicht zwangsläufig, dass ihr das Haus jetzt schon in dieser Weise baut. Es bedeutet aber, dass ihr zum Beispiel Wasser- und Stromanschlüsse und den Grundriss so plant, dass die Voraussetzungen für einen späteren Umbau oder eine Teilung des Hauses existieren.
4. Berücksichtigung des Bauplatzes
Plant ihr euer Haus nicht in einem erschlossenen Neubaugebiet, sondern auf einem Einzelgrundstück, beispielsweise einer Baulücke, kann ein Architektenhaus einen weiteren Vorteil für sich verbuchen. Der Architekt kann für euch vor Ort prüfen, ob euer Bauvorhaben zum vorhandenen Grundstück passt. Handelt es sich zum Beispiel um eine Hanglage, berücksichtigt er diese Gegebenheit schon bei der Planung.
5. Fachkundige Baubegleitung
Eva Reinhold-Postina macht auf einen weiteren Vorteil aufmerksam: Der Bau eines Architektenhauses wird individuell begleitet. Der Architekt ist auf der Baustelle regelmäßig präsent und ist Ansprechpartner für Baufirmen, Handwerker und für euch als Bauherren.
Die Bauaufsicht ist eine Leistung, die nach der Honorarordnung für Architekten (HOAI) bezahlt wird und bei einem schlüsselfertigen Haus schon im Paketpreis enthalten ist. Im Gegensatz zum schlüsselfertigen Haus, wo natürlich auch die Bauleitung erledigt wird, arbeitet der freie Architekt aber ausschließlich im Auftrag von und für euch als Bauherren.
Den Vorteilen eines Architektenhauses stehen natürlich auch einige Nachteile gegenüber, weshalb sich weniger Bauherren für ein individuelles Haus als für ein Fertighaus entscheiden.
1. Die Planungsphase ist aufwändiger
Ein Architektenhaus bedeutet einen größeren Zeitaufwand als der Bau eines schlüsselfertigen Objekts. Die Planung beginnt ganz von vorne. Schließlich kann es für ein Unikat keine Blaupause geben. Auch für den Bauherren ist der Zeitaufwand höher.
Es gibt Besichtigungstermine vor Ort, eine Reihe von Terminen, um Entscheidungen zu Baustil, Haustechnik und Materialien zu treffen und eine umfangreiche E-Mail-Korrespondenz. Ob das ein Nachteil ist, ist allerdings eine Typ-Frage.
Die Diplom-Ingenieurin Eva Reinhold-Postina gibt zu bedenken, dass es hier in der Regel um die größte Investition des Lebens geht. Da sollte es doch eher ein Vorteil sein, wenn man bei allem mitreden kann und seine Zeit investiert – und am Ende ein Haus bekommt, das wirklich den persönlichen Vorstellungen entspricht.
2. Längere Bauphase
Auch der Bau dauert deutlich länger. Während Fertighäuser heute in acht Wochen bezugsfertig sein können, solltet ihr bei einem Architektenhaus eher mit einem halben Jahr rechnen. Je ungewöhnlicher euer Objekt, desto schwerer wird es dem Architekten fallen, den Einzugstermin genau zu kalkulieren. Wenn besondere Baumaterialien bestellt werden müssen oder nur ein ganz bestimmter Handwerker einen speziellen Auftrag ausführen kann, zieht das die Bauphase in die Länge.
Bei einem Fertighaus kann euch der Bauträger sehr genau sagen, wann ihr die Umzugskartons packen könnt. Schließlich hat er euer Haus schon einige hundert Male so oder mit kleineren Abweichungen errichten lassen. Nach dem neuen Bauvertragsrecht haben aber auch Bauherren eines Architektenhauses mehr Planungssicherheit: Wie lange ein Hausbau dauert, muss seit 2018 in der Baubeschreibung stehen.
Übrigens: Ähnlich wie bei einem Fertighaus solltet ihr auch bei einem Architektenhaus überlegen, den zugrunde liegenden Bauvertrag unabhängig prüfen zu lassen. Das kann euch vor Mehrkosten durch Verzögerungen oder gar unwirksamen Klauseln schützen.
3. Kompliziertere Genehmigung
Auch ein Architektenhaus muss sich an die geltenden Bebauungspläne und andere gesetzliche Rahmenbedingungen halten. Das führt zu Einschränkungen in der Umsetzung individueller Ideen und kann auch die Genehmigung des Bauantrags komplizierter machen. Lest dazu auch Baugenehmigung: 10 Tipps für den erfolgreichen Bauantrag.
4. Ein Architektenhaus verursacht höhere Kosten
Der Bau eines Architektenhauses ist in der Regel teurer als der eines schlüsselfertigen Objekts. Die individuelle Planung, exklusive Materialien, technische Sonderwünsche sowie zusätzliche Gebühren für Abnahmen und Genehmigungen treiben den Preis in die Höhe.
Andererseits habt ihr es als Bauherren auch immer in der Hand, euch gegen eine teure Extraausstattung zu entscheiden. Wie ihr den Hausbau günstiger gestaltet, lest ihr in unseren Tipps, um beim Hausbau zu sparen.
Der Vorteil eines individuell geplanten Hauses ist es ja gerade, gemeinsam mit dem Architekten die Balance zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu finden und am Ende dennoch glücklich über sein neues Zuhause zu sein.
Schließlich muss auch ein Architektenhaus am Ende möglichst innerhalb eures Budgets bleiben. Wie sich die Kosten für den Architekten beim Hausbau auf Grundlage der HOAI berechnen lassen, erfahrt ihr weiter unten im Text.
Zusatzkosten fallen unter Umständen noch durch die schlechte zeitliche Kalkulierbarkeit der Bauphase an. Denn wenn ihr zuvor zur Miete wohnt, müsst ihr den Vertrag schließlich irgendwann kündigen. Unschön, wenn das neue Haus zum Ende der Mietzeit noch nicht bezugsfertig ist.
5. Architektensuche ist oft schwierig
Ihr habt euer Traumhaus schon im Kopf? Es soll aus Holz sein und eine Solaranlage auf dem Dach haben. Jetzt braucht ihr einen Architekten, der eure Idee in die Realität umsetzt, findet aber nur Spezialisten für Massivhäuser? Einen passenden Architekten zu finden, ist heute gar nicht so einfach, so Reinhold-Postina. Denn viel Gewinn machen Architekten mit dem Bau von Eigenheimen in der Regel nicht.
Um sicher zu sein, dass euer Wunsch-Architekt auf diesem Gebiet auch Erfahrung hat und gern und regelmäßig Häuser für Familien baut, hilft schon ein Blick auf die Website des Architekten. Und um überhaupt einen Spezialisten für Holzhäuser zu finden, führe der erste Weg am besten auf die Seite der Architektenkammer des betreffenden Bundeslandes.
Wer längerfristig plant und noch Anregungen sucht, so die Bauherrenberaterin, könne sich auch am Tag der Architektur schlau machen. Dort ermöglichen öffentliche und private Hausbesitzer einen Blick in ihr Domizil. Für das bundesweite Angebot gibt es auch eine App.
Was kostet ein Architektenhaus ?
Wie hoch die Gesamtbaukosten eines Architektenhauses ausfallen, lässt sich pauschal nicht beziffern. Generell könnt ihr aber davon ausgehen, dass ihr für Planung und Bau eines Architektenhauses tiefer in die Tasche greifen müsst als für ein vorgeplantes Fertighaus.
Die Gesamtkosten für ein Haus setzen sich grundsätzlich zusammen aus:
Beim Bau eines Architektenhauses kommen die Kosten für den Architekten hinzu. Diese werden anhand der bereits genannten Honorarverordnung für Architekten (HOAI) bemessen. Die HOAI ist in neun unterschiedliche Leistungsphasen eingeteilt, beginnend bei der Grundlagenvermittlung (1) bis hin zur Objektbetreuung (9). Sie werden prozentual an den anrechenbaren Baukosten bemessen. Anfallende Baunebenkosten werden dabei aber nicht berücksichtigt.
Leistungsphasen von Architekten gemäß HOAI 2021
Leistungsphase
Beschreibung
Anteil am Gesamthonorar
1
Grundlagenermittlung
2 Prozent
2
Vorplanung
7 Prozent
3
Entwurfsplanung
15 Prozent
4
Genehmigungsplanung
3 Prozent
5
Ausführungsplanung
25 Prozent
6
Vorbereitung der Vergabe
10 Prozent
7
Mitwirkung bei der Vergabe
4 Prozent
8
Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation
32 Prozent
9
Objektbetreuung
2 Prozent
Wie hoch das Architektenhonorar letztendlich ausfällt, ist abhängig von:
Höhe der anrechenbaren Baukosten: Je höher sie ausfallen, desto höher fällt das Architektenhonorar aus. Im Schnitt beträgt es 15 Prozent der Bausumme.
Leistungsumfang: Je mehr Leistungsphasen ihr beauftragt, desto höher die Kosten für den Architekten.
Projektaufwand: Sonderwünsche können die Kosten für den Architekten schnell in die Höhe treiben.
Ein Beispiel: Betragen die anrechenbaren Kosten beim Hausbau fürs Architektenhaus 200.000 Euro und fällt das Gebäude in Honorarzone III, liegen die Kosten für den Architekten bei 27.863 Euro bis 34.751 Euro. Dabei handelt es sich um eine Vollbeauftragung.
Natürlich könnt ihr beim Bau eines Architektenhauses auch eine Menge an Kosten sparen:
Beauftragt den Architekten nur für einzelne Leistungsphasen. Je weniger, desto günstiger wird es in der Summe.
Lasst euer Architektenhaus als Effizienzhaus planen, inklusive Photovoltaikanlage auf dem Dach. Denn dann könnt ihr von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Kredite mit attraktiven Konditionen und hohen Tilgungszuschüssen bekommen. Mehr Infos dazu findet ihr in unserem Ratgeber: Staatliche Förderung für Bauherren 2023.
Verwendet kostengünstigere Materialien und zum Beispiel keinen Marmor.
Verwendet Standardmaße für Türen und Fenster. Alle Sonderanfertigungen gehen ins Geld.
Überlegt euch genau, wie viel Wohnfläche ihr wirklich braucht. Je größer die Fläche, desto höher am Ende auch die Heizkosten.
Ein Architektenhaus kostet Zeit und verschlingt statistisch betrachtet mehr Geld als ein schlüsselfertiges Haus. Habt ihr einen Bauplatz, für den kein Bebauungsplan existiert, ist das Grundstück ungünstig geschnitten oder fordert die Gemeinde, dass der Baustil sich an die vorhandene Umgebung anpassen muss, ist die Planung mit einem Architekten sinnvoll.
Wer sein Traumhaus aber bei einem Fertighausanbieter findet und auf einem unproblematischen Grundstück errichten will, fährt mit der Paketlösung in finanzieller Hinsicht sicher besser. Wer dagegen kein Fertighaus findet, das seinen Vorstellungen entspricht, für den ist ein Architektenhaus unter Umständen günstiger. Aber immer dran denken: Sonderwünsche, sofern überhaupt erfüllbar, sind oft teuer und erhöhen die Kosten schnell deutlich.