Wohnen | Ratgeber
Gesund wohnen: Was bedeutet eigentlich Wohngesundheit?
- Gesund wohnen ist keine Selbstverständlichkeit
- Schadstoffe verbreiten sich als Aerosole
- Gesund wohnen: Die drei großen Belastungen der Raumluft
- Radon, die unerkannte Gefahr
- Beseitigung von Altlasten
- Gesund wohnen: Schadstoffe vermeiden
- Gesund Wohnen: Die Bedeutung der Bauweise
- Lüftung ist entscheidend für die Wohngesundheit
- Gesund Wohnen: Besser mit Lüftungsanlage
Gesund wohnen ist für alle ein wichtiges Thema. Ob Haus oder Wohnung, unsere vier Wänden sollen uns auf keinen Fall krank machen. Doch wie lassen sich Schadstoffe erkennen und vermeiden? Was hat die Bauweise mit der Wohngesundheit zu tun? Und welche Tipps fördern gesundes Wohnen? Das und mehr klären wir in diesem Ratgeber.
Gesund wohnen ist keine Selbstverständlichkeit
Ist es nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass unser Zuhause "gesund" ist – also uns nicht Einflüssen aussetzt, die unsere Gesundheit beeinträchtigen?
Nein, ist es leider nicht. Davon können wir uns bei Besuchen in Baumärkten, im Farben- und Teppichhandel, in Einrichtungshäusern und ja, auch in manchen Musterhausparks leicht überzeugen. Immer wieder schlagen uns Gerüche entgegen, die jedenfalls nicht angenehm sind.
Dass sie die Gesundheit schädigen können, ist damit nicht gesagt – aber wir bekommen ein Bewusstsein dafür, dass beim Bauen, Renovieren und Einrichten Stoffe in die Raumluft unseres Zuhauses gelangen können, die ein gesundes Misstrauen verdienen.
Schadstoffe verbreiten sich als Aerosole
Tatsächlich ist die Qualität der Raumluft das entscheidende Merkmal von Wohngesundheit. Wie bedeutend sie ist, zeigen diese Zahlen: Wir halten uns bis zu 90 Prozent unserer Zeit in geschlossenen Räumen auf und atmen dort pro Tag bis zu 20 Kubikmeter Luft ein und aus.
Das kann für die Gesundheit eine große Herausforderung sein. Denn die Luft in geschlossenen Räumen kann bis zu fünfmal mehr Schadstoffe enthalten als die im Freien.
"Häufig verbreiten sich die gesundheitsgefährdenden Substanzen in der Raumluft. Das sind die aktuell viel diskutierten Aerosole, die auch für die Verbreitung des Coronavirus verantwortlich sind. Ebenso wichtig sind Lösemittel aus Bauprodukten und Reinigungsmittel", sagt Experte Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts.
Gesund wohnen: Die drei großen Belastungen der Raumluft
Drei gesundheitsrelevante Faktoren bestimmen die Qualität der Innenraumluft:
- Schadstoffe: Das können biogene Substanzen wie Schimmel, Pollen oder Bakterien sein. Ebenso Feinstaub, Tabakrauch sowie Ausgasungen aus Bauprodukten oder Einrichtungsgegenständen, sogenannte VOC (flüchtige organische Verbindungen), zu denen auch das berüchtigte Formaldehyd gehört. Eine Gefahr ist zudem das natürlich vorkommende radioaktive Edelgas Radon.
- Kohlendioxid: CO₂ entsteht beim Atmen. Je nach Größe, Gewicht und Anstrengung eines Menschen fallen zwischen 460 Gramm und 5,6 Kilo pro Tag an. Auch das Abbrennen von Kerzen oder Kochen auf dem Gasherd lässt den CO₂-Gehalt ansteigen. Das kann zu Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen führen – und das schon ab einem Anteil von 0,1 Prozent der Raumluft.
- Feuchtigkeit: Auch Feuchtigkeit entsteht beim Atmen, in deutlich größerem Maß aber beim Duschen, Waschen und Wäschetrocknen. Ist die Luftfeuchtigkeit in Räumen zu hoch, neigen viele Menschen zu Schweißausbrüchen. Das kann den Kreislauf belasten. Vor allem aber entsteht ein Raumklima, in dem Schimmel gedeiht. Der ist in hohem Maße gesundheitsschädlich, stört das Immunsystem, kann zu Allergien und Asthma führen sowie das Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen.
Radon, die unerkannte Gefahr
Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Gas, das regional sehr unterschiedlich stark aus dem Erdreich aufsteigt. Es ist geruchlos – und eine große Gefahr für die Gesundheit. Es ist verantwortlich für fünf Prozent aller Todesfälle infolge von Lungenkrebs und damit der größte Risikofaktor nach dem Rauchen.
Ins Haus gelangt es durch Risse oder Fugen im Mauerwerk, zumeist über den Keller oder die Bodenplatte, und steigt dann auf. Nur Messungen können zeigen, ob die Konzentration von Radon in einem Gebäude Schutzmaßnahmen nötig macht.
Ist die Konzentration bedenklich, hilft es als Erstmaßnahme, regelmäßig und intensiv zu lüften. Dann sollten unbedingt mithilfe eines Blower-Door-Tests die undichten Stellen im Haus identifiziert und beseitigt werden.
Wo in Deutschland die Radonbelastung besonders hoch ist, wie ihr euch davor schützen könnt und welche Vorschriften es dabei für Neubauten gibt, das erfahrt ihr in diesem Artikel:
Beseitigung von Altlasten
Auch wenn das Bewusstsein für Schadstoffe beim Bauen und Wohnen in Deutschland Tradition hat – das Siegel "Blauer Engel" gibt es seit 1978 –, können in Altbauten immer noch aus Bauteilen ausgasende Schadstoffe das Raumklima belasten. Menschen reagieren unterschiedlich stark auf sie, zumal wenn es Neigungen zu Allergien gibt.
Wichtige Indizien können Symptome wie Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit sein, die sich im Urlaub einfach auflösen. Oder ein Husten, der dann abebbt. Der Grund dafür ist nicht die Entspannung, sondern die Abwesenheit der schädlichen Substanz.
Und der Zeitpunkt der Rückkehr kann ein Moment der Erkenntnis sein: Wenn die Luft nach zwei Wochen nicht einfach nur abgestanden riecht, sondern muffig, nach Schimmel oder einer chemischen Substanz, sollte man der Ursache auf den Grund gehen. Eine Analyse der Raumluft gibt darüber Aufschluss.
Gesund wohnen: Schadstoffe vermeiden
Egal ob Neubau, Sanierung oder Modernisierung: Chemische Substanzen sind allgegenwärtig. Natürlich haben sie einen Zulassungsprozess durchlaufen, aber damit sind gesundheitliche Auswirkungen längst nicht ausgeschlossen – insbesondere in dem Chemie-Cocktail, der beim Zusammentreffen der Ausdünstungen vieler Lacke, Kleber, Beschichtungen, Öle oder Stäube in der Raumluft entsteht.
Unser Geruchssinn hilft bei der Identifikation von Schadstoffen nur bedingt. Viele schädliche Substanzen wie etwa polychlorierte Biphenyle, in Weichmachern enthalten, sind geruchlos. Andere, zum Beispiel Formaldehyd, haben sich bereits stark in der Luft angereichert, bevor wir sie riechen. Dann ist die Schwelle zur Belastung der Gesundheit längst überschritten.
Besonders empfindliche Menschen sollten deswegen nicht nur auf den gesetzlichen Standard bestehen, sondern auf eine Zertifizierung als schadstoffarmes oder -freies Produkt. Die Prüfung dafür wird vom TÜV, vom Blauen Engel oder Natureplus vorgenommen. Sentinel Haus hat eine Datenbank erstellt, in der man nach Produktkategorien, Herstellern oder Zertifikaten suchen kann.
Geschäftsführer Peter Bachmann rät zu Vorsicht auch bei Bio-Produkten: "Sie müssen nicht automatisch gesund sein. Biologische Reinigungsmittel etwa können sogar schlechter sein als andere Mittel, es kommt immer auf eine anerkannte Schadstoffuntersuchung an."
Gesund Wohnen: Die Bedeutung der Bauweise
Grundsätzlich gibt es keine gute oder schlechte Bauweise beim Thema "Gesund wohnen". Es kommt vielmehr auf die Bauprozesse an. Die sind beim Fertigbau, bei dem die Bauteile in der Fabrik entstehen, standardisiert. Für den Massivbau ist es eine höhere Herausforderung, die Verwendung von gesünderen Produkten sicherzustellen, da die Baustelle optimal organisiert sein muss, so Peter Bachmann.
"Extrem wichtig sind schnell verfügbare Produkte auf der Baustelle. Es fehlt beispielsweise ein Silikon, Kleber oder Farbe auf der Baustelle. Oft wird dann ein Helfer losgeschickt, um dies zu besorgen, und der kommt vielleicht mit einem Billigprodukt zurück.
Das wird dann unbemerkt verarbeitet und gefährdet die gesundheitliche Gesamtqualität. Es geht also nicht nur um die Qualität der Baustoffe, sondern auch um die Sensibilität der Verarbeiter."
Lüftung ist entscheidend für die Wohngesundheit
Selbst in einem mit großer Sorgfalt gebauten und gestalteten Haus kann freilich eine gesundheitsgefährdende Luftqualität herrschen – durch das Leben darin. Wir atmen CO₂ aus, belasten die Luft mit Tabakrauch, Kerzenlicht oder offenem Feuer, kochen auf dem Gasherd oder kaufen einen Teppich, der Schadstoffe ausgast.
Durch Atmen, Duschen, Waschen und Wäschetrocknen sorgen wir für einen großen Feuchteeintrag – und all das muss wieder hinaus, damit wir frische Luft atmen können und es nicht schimmelt. Dagegen hilft nur ausgiebiges Lüften.
"Studien und Forschungsprojekte zeigen: Man schafft es nicht allein mit Fensterlüftung. Ideal ist eine Komfortlüftung in Kombination mit einem hochwertigen Raumluft-Sensor (Lösemittel, Kohlenstoffdioxid, Feuchte und Temperatur)", betont Peter Bachmann.
Tatsächlich lüften die meisten Menschen viel zu kurz. Deswegen sollten dort, wo man auf Fensterlüftung angewiesen ist, Sensoren die Konzentration der Schadstoffe in der Raumluft sichtbar machen. So ist ein CO₂-Sensor ein einfaches Mittel, um zu erkennen wann gelüftet werden sollte.
Gesund Wohnen: Besser mit Lüftungsanlage
Im Neubau sind Lüftungsanlagen mittlerweile der Standard. Ohne sie ist die gesetzlich vorgeschriebene Energieeffizienz nur schwer erreichbar, aber auch für eine gute Raumluft sind sie unverzichtbar. Auch im Altbau ist eine Nachrüstung häufig möglich.
Die Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Anlagentypen und Anbietern können erheblich sein. Deswegen sollten Bauherren vor der Entscheidung einen unabhängigen Experten mit der Prüfung beauftragen.
Ein Tipp zum Schluss: Auf dieser Übersichtsseite findet ihr noch zahlreiche weitere, passende Artikel zum Thema "Gesund wohnen".
Wohnglück.de ist ein Service der Impleco GmbH Berlin.