Wir alle wollen gesund wohnen. Aber was sind in Sachen Wohngesundheit eigentlich die entscheidenden Faktoren? Wir geben einen Überblick, was krank machen kann und wie ihr am besten dagegen angeht.
Gesund wohnen ist für alle ein wichtiges Thema. Ob Haus oder Wohnung, Neu- oder Albau, unsere vier Wänden sollen uns auf keinen Fall krank machen. Doch wie lassen sich Schadstoffe erkennen und vermeiden? Was hat die Bauweise mit der Wohngesundheit zu tun? Und welche Tipps fördern gesundes Wohnen? Das und mehr klären wir in unserer großen Übersicht zum Thema Wohngesundheit.
Die drei großen Belastungen für die Wohngesundheit
Die Qualität der Raumluft ist das entscheidende Merkmal von Wohngesundheit. Wie bedeutend sie ist, zeigen diese Zahlen: Wir halten uns bis zu 90 Prozent unserer Zeit in geschlossenen Räumen auf und atmen dort pro Tag bis zu 20 Kubikmeter Luft ein und aus.
Das kann für die Gesundheit eine große Herausforderung sein. Denn . Neben Schadstoffen bestimmen noch zwei weitere Faktoren die Qualität der Innenraumluft.
Drei gesundheitsrelevante Faktoren bestimmen die Qualität der Innenraumluft:
Schadstoffe: Die Luft in geschlossenen Räumen kann bis zu fünfmal mehr Schadstoffe enthalten als die im Freien. Schadstoffe können biogene Substanzen wie Schimmel, Pollen oder Bakterien sein. Ebenso Feinstaub, Tabakrauch sowie Ausgasungen aus Bauprodukten oder Einrichtungsgegenständen, sogenannte VOC (flüchtige organische Verbindungen), zu denen auch das berüchtigte Formaldehyd gehört. Eine Gefahr ist zudem das natürlich vorkommende radioaktive Edelgas Radon.
Kohlendioxid: CO2 entsteht beim Atmen. Je nach Größe, Gewicht und Anstrengung eines Menschen fallen zwischen 460 Gramm und 5,6 Kilo pro Tag an. Auch das Abbrennen von Kerzen oder Kochen auf dem Gasherd lässt den CO2-Gehalt ansteigen. Das kann zu Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen führen – und das schon ab einem Anteil von 0,1 Prozent der Raumluft.
Feuchtigkeit: Auch Feuchtigkeit entsteht beim Atmen, in deutlich größerem Maß aber beim Duschen, Waschen und Wäschetrocknen. Ist die Luftfeuchtigkeit in Räumen zu hoch, neigen viele Menschen zu Schweißausbrüchen. Das kann den Kreislauf belasten. Vor allem aber entsteht ein Raumklima, in dem Schimmel gedeiht. Der ist in hohem Maße gesundheitsschädlich, stört das Immunsystem, kann zu Allergien und Asthma führen sowie das Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen.
Die Bedeutung der Bauweise für die Wohngesundheit
Grundsätzlich gibt es keine gute oder schlechte Bauweise beim Thema Wohngesundheit. Es kommt vielmehr auf die Bauprozesse an. Die sind beim Fertigbau, bei dem die Bauteile in der Fabrik entstehen, standardisiert. Für den Massivbau ist es eine höhere Herausforderung, die Verwendung von gesünderen Produkten sicherzustellen, da die Baustelle optimal organisiert sein muss, so Experte Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts (SHI).
"Extrem wichtig sind schnell verfügbare Produkte auf der Baustelle. Es fehlt beispielsweise ein Silikon, Kleber oder Farbe auf der Baustelle. Oft wird dann ein Helfer losgeschickt, um dies zu besorgen, und der kommt vielleicht mit einem Billigprodukt zurück.
Das wird dann unbemerkt verarbeitet und gefährdet die gesundheitliche Gesamtqualität. Es geht also nicht nur um die Qualität der Baustoffe, sondern auch um die Sensibilität der Verarbeiter."
Beim Neubau habt ihr die Wohngesundheit größtenteils selbst in der Hand – Tipps für Bauherren gibt es im nächsten Abschnitt. Wer hingegen in einem Bestandsgebäude oder Altbau lebt, muss sich mit den Gegebenheiten erstmal abfinden. Heißt nicht, dass gesundes Wohnen unmöglich ist. Das können (und sollten) Eigentümer älterer Häuser tun:
1. Beseitigung von Altlasten
Auch wenn das Bewusstsein für Schadstoffe beim Bauen und Wohnen in Deutschland Tradition hat – das Siegel "Blauer Engel" gibt es seit 1978 –, können in Altbauten immer noch aus Bauteilen ausgasende Schadstoffe das Raumklima belasten. Menschen reagieren unterschiedlich stark auf sie, besonders wenn es Neigungen zu Allergien gibt.
Wichtige Indizien können Symptome wie Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit sein, die sich im Urlaub einfach auflösen. Oder ein Husten, der fern von Zuhause abebbt. Der Zeitpunkt der Rückkehr kann dann ein Moment der Erkenntnis sein:
Wenn die Luft nach zwei Wochen nicht einfach nur abgestanden riecht, sondern muffig, nach Schimmel oder einer chemischen Substanz, sollte man der Ursache auf den Grund gehen. Eine Analyse der Raumluft gibt darüber Aufschluss.
Egal ob Neubau, Sanierung oder Modernisierung: Chemische Substanzen sind allgegenwärtig. Natürlich haben sie einen Zulassungsprozess durchlaufen, aber damit sind gesundheitliche Auswirkungen längst nicht ausgeschlossen – insbesondere in dem Chemie-Cocktail, der beim Zusammentreffen der Ausdünstungen vieler Lacke, Kleber, Beschichtungen, Öle oder Stäube in der Raumluft entsteht.
Unser Geruchssinn hilft bei der Identifikation von Schadstoffen nur bedingt. Viele schädliche Substanzen wie etwa polychlorierte Biphenyle, in Weichmachern enthalten, sind geruchlos. Andere, zum Beispiel Formaldehyd, haben sich bereits stark in der Luft angereichert, bevor wir sie riechen. Dann ist die Schwelle zur Belastung der Gesundheit längst überschritten.
Besonders empfindliche Menschen sollten deswegen nicht nur auf den gesetzlichen Standard bestehen, sondern auf eine Zertifizierung als schadstoffarmes oder -freies Produkt. Die Prüfung dafür wird vom TÜV, vom Blauen Engel oder Natureplus vorgenommen. Sentinel Haus hat eine Datenbank erstellt, in der man nach Produktkategorien, Herstellern oder Zertifikaten suchen kann.
Geschäftsführer Peter Bachmann rät zu Vorsicht auch bei Bio-Produkten: "Sie müssen nicht automatisch gesund sein. Biologische Reinigungsmittel etwa können sogar schlechter sein als andere Mittel, es kommt immer auf eine anerkannte Schadstoffuntersuchung an."
Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Gas, das regional sehr unterschiedlich stark aus dem Erdreich aufsteigt. Es ist geruchlos – und eine große Gefahr für die Gesundheit. Es ist verantwortlich für fünf Prozent aller Todesfälle infolge von Lungenkrebs und damit der größte Risikofaktor nach dem Rauchen.
Ins Haus gelangt es durch Risse oder Fugen im Mauerwerk, zumeist über den Keller oder die Bodenplatte, und steigt dann auf. Nur Messungen können zeigen, ob die Konzentration von Radon in einem Gebäude Schutzmaßnahmen nötig macht.
Ist die Konzentration bedenklich, hilft es als Erstmaßnahme, regelmäßig und intensiv zu lüften. Dann sollten unbedingt mithilfe eines Blower-Door-Tests die undichten Stellen im Haus identifiziert und beseitigt werden.
Selbst in einem mit großer Sorgfalt gebauten und gestalteten Haus kann eine gesundheitsgefährdende Luftqualität herrschen – durch das Leben darin. Wir atmen CO2 aus, belasten die Luft mit Tabakrauch, Kerzenlicht oder offenem Feuer, kochen auf dem Gasherd oder kaufen einen Teppich, der Schadstoffe ausgast.
Durch Atmen, Duschen, Waschen und Wäschetrocknen sorgen wir für einen großen Feuchteeintrag – und all das muss wieder hinaus, damit wir frische Luft atmen können und es nicht schimmelt. Dagegen hilft nur richtiges Lüften.
Tatsächlich lüften die meisten Menschen allerdings viel zu kurz. Deswegen sollten dort, wo man auf Fensterlüftung angewiesen ist, spezielle Sensoren die Konzentration der Schadstoffe in der Raumluft sichtbar machen. So ist ein CO2-Sensor ein einfaches Mittel, um zu erkennen, wann gelüftet werden sollte.
5. Gesund Wohnen mit Lüftungsanlage
Im Neubau sind Lüftungsanlagen mittlerweile der Standard. Ohne sie ist die gesetzlich vorgeschriebene Energieeffizienz nur schwer erreichbar, aber auch für eine gute Raumluft sind sie unverzichtbar. Auch im Altbau ist eine Nachrüstung häufig möglich.
Gesund wohnen muss nicht teuer sein. Das SHI beziffert den Anteil der Kosten für Wohngesundheit an den gesamten Baukosten auf gerade einmal 0,2 bis 2 Prozent. Wir zeigen euch, worauf ihr bei der Planung eines Neubaus achten müsst, damit in eurem Wunschhaus später ein gesundes Wohnklima herrscht.
1. Sucht euch eine geeignete Baufirma und geschulte Handwerker
Schon bei der Auswahl der Baufirma und Handwerker solltet ihr darauf achten, welchen Stellenwert das Thema Wohngesundheit für sie hat. Es gibt mittlerweile immer mehr Anbieter, Baufirmen und auch Architekten, die besonderen Wert auf eine wohngesunde Bauplanung legen. Mit ihnen solltet ihr vertraglich den gesundheitlichen Bedarf festlegen, empfiehlt das SHI. Unterstützung bei der Bauplanung gibt es auch von Wohnglück.
2. Ausreichend Schallschutz für die Wohngesundheit
Wohngesundheit bedeutet nicht nur, Schadstoffe in der Raumluft weitestgehend zu vermeiden. Auch Schallschutz spielt eine wichtige Rolle für euer Wohlbefinden im Haus. Dazu tragen nicht nur geeignete Türen und Schallschutzfenster bei, sondern auch der Aufbau der Wände und des Estrichs.
3. Bei Allergikern im Haushalt: Lüftungsanlage mit Filter
Zu eurem Haushalt gehört ein Allergiker? Dann kann eine Lüftungsanlage mit Filter dazu beitragen, die Luftqualität im Haus deutlich zu verbessern. Sie sorgt dafür, dass beispielsweise Pollen draußen bleiben. Wem das zu teuer ist, sollte alternativ mit Pollenschutzgittern vorbeugen.
4. Beim Bau: Achtet auf wohngesunde Baustoffe
Ob Dämmung, Bodenbelag oder Putz – es gibt jede Menge Baustoffe, die zu einem gesunden Raumklima beitragen und keine Schadstoffe freisetzen. Günstig sind in der Regel natürliche Baustoffe, beispielsweise auf Kalk- und Lehmbasis oder pflanzlichen und tierischen Fasern wie Hanf, Flachs und Schafwolle.
Natursteine und keramische Baustoffe gehören ebenso dazu wie Holz. Doch Achtung: Ein gesundes Raumklima ist nur dann gewährleistet, wenn die Naturbaustoffe nicht mit Chemikalien wie zum Beispiel Holzschutzmitteln behandelt wurden.
5. Schadstoffarme Bodenbeläge, Putze und Farben für eure Wohngesundheit
Bei der Auswahl der Bodenbeläge solltet ihr darauf achten, emissionsarme und gesundheitlich unbedenkliche Produkte zu wählen. Das gilt sowohl für die Beläge selbst als auch für das Material, das ihr zum Verlegen benötig – beispielsweise Fugenmasse oder Kleber.
Tipp: Besorgt euch Muster vom gewünschten Bodenbelag und legt diese einige Nächte neben euer Kopfkissen. So findet ihr heraus, ob es zu unangenehmen Ausdünstungen kommt oder nicht.
Wie bei den Bodenbelägen solltet ihr auch bei Wänden und Decken aufgrund ihrer großen Oberfläche auf geeignete Materialien achten. Am günstigsten für eure Wohngesundheit sind Putze und Farben auf Kalkbasis, die Schadstoffe abbauen und die Ausbreitung von Schimmel verhindern. Hier findet weitere Infos zu Naturwandfarben.
6. Setzt auf eine schadstoffarme Einrichtung
Bei der Auswahl der Küche und des Mobiliars solltet ihr auf Schadstoffe achten, denn auch Sofas, Tische, Stühle und anderes Kleinmobiliar kann unangenehme und schlimmstenfalls ungesunde Ausdünstungen mit sich bringen.