Jede Bauepoche hat auch ihre ganz typischen Baumängel. Wir zeigen euch, auf welche konkreten Schwachstellen und Baumängel ihr bei welchem Baujahr achten müsst, wenn ihr ein altes Haus kaufen wollt.
Alte Häuser haben viele Vorteile: Sie stehen als Bestandsbau oft in stark nachgefragten Gegenden, haben große Grundstücke und gut eingewachsene Gärten. Aber alte Immobilien haben auch Nachteile: Ein Problem, das euch beim Kauf eines alten Hauses viel Geld kosten kann, sind Baumängel.
Dabei zeigt sich, dass verschiedene Bauepochen ihre ganz eigenen, dem Baujahr entsprechenden Fehler bei der Bausubstanz und der Bauausführung haben. Experten können schon aus dem Baujahr eine Menge Informationen ableiten.
Sie wissen genau, welche typischen Baumängel nach Baujahr vorhanden sein können. Zum Beispiel für Gebäude, die um 1900, in der Nachkriegszeit oder in den 1960er Jahren fertiggestellt wurden. Wenn ihr euch für den Kauf eines alten Hauses interessiert, lest hier, mit welchen Baumängeln ihr rechnen müsst.
Baumängel bei Häusern aus den Baujahren 1880 bis 1918
Hohe Zimmerdecken, schöne Fassaden, Parkettböden – ob Einzel- oder Mehrfamilienhaus, um die Jahrhundertwende gebaute Häuser sind immer noch echte Hingucker. Und sie gehören wegen ihres Charmes und auch wegen der Bauweise zu den nachgefragtesten Immobilien, gerade in den Städten.
Doch trotz einer im allgemeinen massiven Bausubstanz gibt es hier ganz typische Baumängel. Und die wirken sich konkret auf den Wohnkomfort aus:
Decken und Böden aus Holz: Wer schon einmal im Altbau gewohnt hat, der kennt das: Die Decken sind in der Regel aus Holz(balken). Zwischen der Holzbalkenlage mit Ober- und Unterboden liegt oft Sand oder Schotter oder sogar noch Stroh. Der Fußboden im Geschoss über euch hat meist keine Trittschalldämmung, was ziemlich nerven kann, wenn der Nachwuchs eurer Nachbarn mit dem Bobbycar durch die Wohnung düst. Außerdem sind diese Böden nicht so tragfähig wie moderne, aus Beton gegossene Geschossdecken. Wer also Waschmaschine und Trockner unterbringen möchte, muss auf die maximale Belastbarkeit des Bodens achten.
Mangelhafte Bauunterhaltung: Unsachgemäße Renovierungs- oder Sanierungsarbeiten führen häufig zu Folgeschäden. Falsch angebrachte Dämmungen oder Dampfsperren unterbinden die Belüftung und so kommt es dann zur Schimmelbildung. Feuchtigkeit (und die ist ausschlaggebend für den Schimmel) kann sich auch durch defekte Wasserabflüsse oder schadhafte Fall- und Regenrohre bilden. Auch schlecht belüftete Keller (eine Absicherung gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich gab es damals in der Regel nicht) bilden einen idealen Nährboden für Schimmelsporen.
Veraltete Haustechnik: Wenn bei der Untersuchung der Stromleitungen plötzlich textilummantelte Kabel zum Vorschein kommen, dann wird es höchste Zeit, an eine neue Elektroinstallation zu denken. Zu wenig Steckdosen, fehlende FI-Schutzschalter, kein oder nur ein ungenügender Überspannungsschutz und vor allem fehlende Datenleitungen gehören zu den großen (und kostenintensiven) Problemen beim Gründerzeit-Altbau. Neben der Elektrik ist auch die Heizung meist veraltet. Energiesparende Pumpen oder gar moderne Heiztechnik, wie zum Beispiel eine Wärmepumpe, können oft nur mit Zusatzinvestitionen (z.B. neue Heizkörper) eingebaut werden.
Dachdämmung und Schornstein: Oft gibt es bei Altbau-Dächern nicht einmal eine Unterspannbahn. Die ist aber nötig, um eine darunter liegende Wärmedämmung vor Flugschnee und Feuchtigkeit zu schützen. Dämmmaßnahmen am Dach sind in diesem Falle besonders aufwendig. Auch beim Kaminkopf und beim Kaminzug solltet ihr vor dem Kauf den Schornsteinfeger befragen, wie es denn hier um die Substanz bestellt ist.
Noch etwas Grundsätzliches zum Thema Altbau sanieren oder modernisieren: Mal eben so ein paar Sachen auf den neuesten Stand bringen, das geht oft schon aus Gründen des Denkmalschutzes nicht.
Der Staat unterstützt Modernisierungsmaßnahmen bei denkmalgeschützten Altbauten zwar steuerlich. Dafür verlangt er aber auch eine detaillierte Abstimmung aller Arbeiten mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde. Mehr dazu in "Steuervorteile bei Denkmalschutz-Häusern: Die wichtigsten Tipps".
Baumängel bei Häusern aus den Jahren 1919 bis 1945
So repräsentativ und herrschaftlich viele Bauten aus der Gründerzeit daherkommen, so zweckmäßig ist die Architektur der Häuser aus der Zeit von 1919 bis 1945.
Auch in dieser Periode dominieren noch Raumhöhen zwischen 2,60 und 2,80 Metern. Außen wird es dagegen deutlich schlichter. Einfache Putzfassaden und Klinkermauerwerk bestimmen das Bild.
Aber Zweckmäßigkeit solltet ihr nicht mit Einfachheit verwechseln. Die Häuser aus dieser Epoche sind in der Regel solide gebaut, die Außenmauern oft zweischalig mit Luftzwischenraum. Das ermöglicht euch als Käufern eine nachträgliche Kern- oder Einblasdämmung. Teilweise haben die Häuser auch bereits Stahlbeton- statt Holzbalkendecken.
Typische Baumängel gibt es trotzdem:
Schadhafte Hauskanalisation: Alte, verkalkte Wasserleitungen und Abwasserleitungen in schlechtem oder schadhaftem Zustand sind bei Häusern aus dieser Bauzeit keine Seltenheit. Oft fordern die Kommunen eine zeitnahe Sanierung. Auch Frischwasserleitungen aus Blei müssen ausgetauscht werden, da sie gesundheitsschädlich sind.
Alte Heizung: Oft sind in Häusern aus dieser Generation noch alte, gusseiserne Glieder-Heizkörper verbaut. Die haben zwar eine enorm hohe Haltbarkeit, heizen sich aber nur langsam auf und reagieren entsprechend träge auf Temperaturänderungen. Achtet auch auf den Energieträger der Heizung. Häufig wird die Wärme noch mit Öl erzeugt, das bedeutet einen entsprechend dimensionierten Öltank im Keller oder in der Erde, dessen Ausbau ihr in naher Zukunft bezahlen müsst.
Ganz gleich, ob ihr ein Haus mit dem Baujahr 1920 oder 1930 ins Auge gefasst habt, neben den typischen Mängeln dieser Epoche, solltet ihr auf jeden Fall auch auf die "Klassiker" wie eine veraltete Elektrik und die fehlende (Dach-)dämmung achten.
Baumängel bei Häusern aus den Jahren 1945 bis 1969
Zerbombte Städte, massenhaft fehlender Wohnraum und kaum geeignetes Baumaterial: Mangelwirtschaft und standardisierter Massenwohnungsbau prägen den Baustil der Nachkriegszeit.
Die meisten Häuser der 1950er-Jahre wurden als Reihen- oder Kleinsiedlungshäuser gebaut, mit oft winzigen Grundrissen (kleine Küche, noch kleineres Bad) und zum Teil aus Trümmersteinen.
Häufig dienten die angeschlossenen Gärten auch der Selbstversorgung, so dass ein fruchtbarer Boden manchmal wichtiger war als ein gemütliches Haus. Mängel waren damit programmiert:
Dünne Wände: Weil Heizöl und Erdgas zu dieser Zeit so gut wie nichts kosteten, war eine gedämmte Außenmauer nicht so wichtig. Bei gerade mal 24 Zentimeter liegt laut VPB die durchschnittliche Wandstärke bei Häusern aus dieser Zeit. Ausgerechnet hinter den Heizkörpern ist diese Wandstärke oft sogar noch geringer. Hier entstehen Wärmebrücken mit hohen Energieverlusten.
Fassade: In den 1960er-Jahren war die Klinkerverkleidung modern. Die ist heute vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, in den meisten Fällen aber noch intakt. Anders verhält es sich da mit der Putzfassade, typisch für Häuser aus den 1950er-Jahren. Die ist häufig mit Rissen durchsetzt, zieht Feuchtigkeit und muss saniert werden.
Balkone: Üblich waren in den Nachkriegsjahren Balkone im ersten Stock, die – meist direkt an das Schlafzimmer angrenzend – direkt an die Fassade gebaut wurden. Das hat gleich zwei große, bauliche Probleme zur Folge. Erstens: Durch die ungedämmte Verbindung von Fassade zum Balkon entstehen auch hier Wärmebrücken. Zweitens: Der Bodenbelag des Balkons ist über die Jahre rissig geworden und damit nicht mehr wasserdicht. In der Folge dringt Wasser ein, gefriert, dehnt sich aus und bringt so nicht nur den Belag zum Platzen, sondern greift auch die Armierung der Bodenplatte des Balkons an.
Flachdach: Eine stilistische Eigenheit der 1960er-Jahre waren Flachdächer. Ein Flachdachbungalow galt als absolut zeitgemäße Wohnform. Was damals schick war, verursacht heute erhebliche Probleme. Die verklebten Dachbahnen sind in die Jahre gekommen und müssen häufig neu verlegt werden. Auch die innen liegende Entwässerung des Daches macht häufig Probleme. Beides lässt sich beheben, wichtig ist hier aber eine absolut sauber und fachgerecht ausgeführte Arbeit. Lest hier mehr über die Flachdachabdichtung und ihre Kosten.
Baumängel bei Häusern aus den Jahren 1970 bis 1990
In den 1970er-Jahren weicht die streng funktionale Raumaufteilung der Nachkriegshäuser flexibleren Grundrissen und einer oft guten Bausubstanz. Typisch sind offen gestaltete Wohnzimmer mit großen Panoramafenstern. Und hier setzt auch gleich unsere Mängelliste an:
Fenster: Eine architektonisch typische Erscheinung dieser Zeit sind große Panoramascheiben. In einem einzigen, riesigen Rahmen stecken Einzel- oder Doppelscheiben, die über eine Drehachse aufschwingen. So lassen sich diese großen Flächen zwar bequem putzen. Energetisch gesehen entsprechen sie aber nicht mehr dem neuesten Stand. Außerdem sind die Rahmen oft auch verzogen und dadurch undicht. Also sofort austauschen? Ja, aber Achtung: Der Verband privater Bauherren weist darauf hin, dass neue Fenster bei älteren Häusern massiv in die Bauphysik eingreifen. So kommt es häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen wie erhöhte Luftfeuchtigkeit und Schimmelbildung. Der VPB empfiehlt daher, zum geplanten Fenstertausch immer auch einen Bausachverständigen hinzuzuziehen.
Wärmedämmung: Möglichst viel Fläche – das war nach den Jahrzehnten der bau- und wohnlichen Beschränkung die Prämisse in den 1970er-Jahren. Energetisch gesehen ist das hochproblematisch, denn die erste Wärmeschutzverordnung gab es erst 1977. Ohne eine vernünftige Wärmedämmung geht hier viel Wärme verloren. Erst ab 1977 und dann ab 1982 und 1994, als die Wärmeschutzverordnung verschärft wurde, waren Häuslebauer dieser Jahre zu konkreten Wärmedämmungen gezwungen.
Schadstoffe: Große Festigkeit, hitze- und säurebeständig, mit hervorragenden Dämmeigenschaften – klingt super? Dachten sich die Bauherren dieser Jahre auch und benutzten Asbest in unzähligen Produkten. Heute weiß man um die gefährlichen Eigenschaften dieses Stoffes. Bei einer Sanierung ist daher äußerste Vorsicht geboten. Kommt beim Umbau Asbest zum Vorschein, so müssen die asbesthaltigen Materialien teuer entsorgt werden. Aber auch andere Wohngifte wie Formaldehyd, die die Wohngesundheit extrem belasten, kamen in dieser Zeit häufig zum Einsatz.
Wenn ihr ein altes Haus aus den 1970er, 1980er oder 1990er-Jahren kauft, ist es deshalb immer ratsam, wenn ihr euch von einem Experten begleiten lasst, der fachkundig beurteilen kann, welche Baumängel bei der Immobilie vorliegen und was ihre Beseitigung kosten wird. Wohnglück bietet euch eine Kaufbegleitung zum Festpreis an.
Wie könnt ihr das Baujahr eines Hauses feststellen?
Nicht immer wurde das Baujahr eines alten Hauses über die Jahre richtig weitergegeben. Oft kann dann das Bauamt weiterhelfen – sofern die Akten nicht während des Krieges vernichtet wurden. Erkundigt euch beim zuständigen Amt nach der alten Bauakte. Sie enthält in der Regel eine Fertigstellungsanzeige. Denn als Baujahr gilt das Jahr der Fertigstellung des Hauses.
Wichtig: Um Akteneinsicht zu bekommen, braucht ihr als Kaufinteressent die Zustimmung des Verkäufers.
Baumängel heute verhindern
Seit den 1980er-Jahren setzt sich zunehmend die Niedrigenergiebauweise mit deutlich verbesserter Dämmung und Verglasung durch. Was nicht heißt, dass hier keine energetischen Schwachstellen auftreten. Immer höhere energetische Standards sorgen dafür, dass es auch bei relativ neuen Häusern gerade in Sachen Wärmedämmung einen Nachholbedarf gibt.
Aber natürlich treten Baumängel nicht nur bei Altbauten auf. Auch beim Neubau ist es wichtig, Mängel zu erkennen und rechtzeitig beseitigen zu lassen. Gerade in Zeiten einer baulichen Hochkonjunktur passiert es, dass die Firmen unter Hochdruck arbeiten und es dann manchmal an Sorgfalt mangeln lassen. Dann ist schnelles Handeln angesagt, denn Baumängel verjähren bereits nach fünf Jahren.
Ihr seid auf der Suche nach einem geeigneten Bausachverständigen? Mit dem Baumängel-Check von Wohnglück findet ihr die richtigen Experten in eurer Region.
Lest hier, was ihr wissen solltet, wenn bei einem Neubau eine Bauabnahme ansteht. Und wir geben euch Tipps, was ihr beim Abnahmeprotokoll unbedingt beachten solltet. Ein spannendes Projekt rund ums Sanieren, Renovieren und Umbauen eines alten Hauses findet ihr in unserem Hausbau-Blog.