Viele Menschen spielen mit dem Gedanken, lieber ein Haus zu finanzieren als Miete zu zahlen. Im Prinzip ist das sicher eine gute Idee. Aber was, wenn man keine eigenen Ersparnisse hat, die man als Eigenkapital in eine Finanzierung einbringen kann? Eine Vollfinanzierung ist eine Möglichkeit, den Traum zeitnah wahr werden zu lassen. Allerdings: Haus kaufen ohne Eigenkapital, das ist mit höheren Risiken und höheren Zinskosten verbunden. Alexander Krolzik von der Hamburger Verbraucherzentrale erklärt, welche.

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Ist es möglich ein Haus ohne Eigenkapital zu kaufen? 

Eine Hausfinanzierung ohne Eigenkapital ist möglich. Dafür bieten Banken theoretisch zwei Möglichkeiten: die Vollfinanzierung und die 110-Prozent-Finanzierung.

Hausfinanzierung ohne Eigenkapital: Was ist die Vollfinanzierung?

Von einer Vollfinanzierung spricht man, wenn die Bank euren Hauskauf ohne Eigenkapital finanziert. Ihr habt also noch kein Geld angespart, das ihr in die Immobilienfinanzierung mit einbringen könntet. Lange Zeit war es gar nicht denkbar, ein Haus ohne Eigenkapital zu kaufen. Heute ist ein Hauskauf über einen 100-Prozent-Kredit im Prinzip möglich. Wie lange das aber noch so bleibt, ist angesichts strengerer Vorgaben der Finanzaufsichtsbehörde Bafin fraglich.

Dabei verschwimmen häufig die Begrifflichkeiten. Alexander Krolzik, Experte für Immobilienfinanzierung bei der Hamburger Verbraucherzentrale, erklärt, dass eine Vollfinanzierung grundsätzlich auf das Objekt bezogen ist. Finanziert die Bank 100 Prozent des Kaufpreises, handelt es sich demnach um eine Vollfinanzierung. Andere sprechen erst von einer Vollfinanzierung, wenn auch die Kaufnebenkosten mit abgedeckt werden. In diesem Fall handelt es sich genau genommen um eine 110-Prozent-Finanzierung.

Gut zu wissen: Erfahrt hier, wie viel Haus ihr euch überhaupt leisten könnt.

Haus kaufen ohne Eigenkapital: Was ist die 110-Prozent-Finanzierung?

Die Vollfinanzierung oder 100-Prozent-Finanzierung ist eine Variante, den Hauskauf ohne Eigenkapital möglich zu machen. Könnt ihr aber auch die Kaufnebenkosten nicht aus eigenen Mitteln schultern, müsst ihr euch sogar mehr als den Kaufpreis eures Traumhauses finanzieren lassen. Oft fällt in diesem Zusammenhang der Begriff "110-Prozent-Finanzierung", da man bei den Kaufnebenkosten von etwa zehn Prozent des Kaufpreises ausgeht. Dazu gehören:

Lest hier, wie die 110-Prozent-Finanzierung genau funktioniert und welche Risiken damit verbunden sind

Vollfinanzierung oder 110-Prozent-Finanzierung: Was ist sinnvoll beim Hauskauf ohne Eigenkapital?

Die sogenannten weichen Kosten, also die Kaufnebenkosten, sollte man möglichst aus eigenen Mitteln zahlen, betont Alexander Krolzik: "Wenn ich das noch mitfinanziere, dann habe ich nach zehn Jahren im Zweifel mit Glück die Nebenkosten abgetragen, aber wahrscheinlich noch nicht viel mehr. Und wenn dann noch eine kleine Delle in der Immobilienpreisentwicklung kommt, dann verkaufe ich nach zehn Jahren mit einem Minus. Oder wenn ich zwischendrin verkaufen muss, habe ich ein Minus, weil meine Restschuld höher ist als das, was ich an Wert rauskriege."

Ein Argument seien aber auch die gesetzlichen Vorgaben, erklärt der Verbraucherschützer: "Der Gesetzgeber schreibt vor, dass das Objekt werthaltig sein muss. Das heißt, die Sicherheit soll mindestens ausreichend für den Kredit sein. Wenn ich ein Haus kaufe, das 300.000 Euro wert ist und ich nehme aber plus Nebenkosten 340.000 Euro auf, dann kriegt die Bank ja nur eine Sicherheit für 300.000. Dann würde diese gesetzliche Vorgabe nicht erfüllt sein. Ich weiß aber, dass das manchmal anders gehandhabt wird."

Eigentlich dürften die Banken also nicht über den Kaufpreis finanzieren, so Krolzik. Es gebe aber Wege, das zu umgehen, weiß der Experte: "Man sagt, dass da noch Sanierungs- und Renovierungskosten mit drin sind, oder es wird formal über eine andere Bank noch ein zweiter Kredit aufgenommen."

Dabei handelt es sich dann häufig um ein normales Annuitätendarlehen im Verbraucherbereich. Eine teure Variante, warnt der Finanzierungsprofi, denn diese Zusatzkredite haben dann in der Regel einen Zins von rund fünf Prozent.

Paar vor seinem Eigenheim
Wenn die Gelegenheit einmalig ist, ist es unter Umständen vertretbar, euer Traumhaus voll zu finanzieren.

Was kostet ein Hauskauf ohne Eigenkapital?

Wer mehr als 90 Prozent des Kauf­preises auf Pump finanziert, zahlt bei vielen Kreditinstituten einen um 0,5 bis über 1 Prozent­punkt höheren Zins­satz als für eine 80-Prozent-Finanzierung. Außerdem kann eine bis zu 60 Prozent höhere Monats­rate fällig werden. Informiert euch in unserem Newsticker über die aktuellen Zinsentwicklungen.

Folgende Beispielrechnung zeigt, was ein Hauskauf ohne Eigenkapital kosten kann:

Hauskauf mit und ohne Eigenkapital – Angaben ohne Gewähr
 Hauskauf mit EigenkapitalVollfinanzierung110-Prozent-Finanzierung
Kaufpreis250.000 Euro250.000 Euro250.000 Euro
Eigenkapital80.000 Euro (für 21.950 Euro Kaufnebenkosten und einen Teil der Kaufsumme)21.950 Euro (für die Kaufnebenkosten)0 Euro
Benötigtes Immobiliendarlehen190.000 Euro250.000 Euro250.000 Euro
Effektivzins pro Jahr3,73 Prozent3,85 Prozent3,85 Prozent
Privatkredit für Kaufnebenkosten  21.950 Euro
Effektivzins Privatkredit pro Jahr  3,98 Prozent
Monatliche Rate Privatkredit  221,56 Euro
Monatliche Rate gesamt1.051,33 Euro1.408,33 Euro1.629,89 Euro
Zinskosten nach 15 Jahren76.066,32 Euro103.143,55 Euro112.555,21 Euro
Restschuld nach 15 Jahren77.301,92 Euro100.269,15 Euro100.269,15 Euro

Das Szenario liegt der Beispielrechnung zugrunde: Der Kaufpreis beträgt 250.000 Euro. Die Zinsbindung liegt bei 15 Jahren, die Tilgungsrate bei 3 Prozent. Bei der 110-Prozent-Finanzierung finanziert unser Darlehensnehmer die Kaufnebenkosten über einen separaten Ratenkredit.

Haus kaufen ohne Eigenkapital: Was sind die Nachteile?

Die Finanzierung des kompletten Kaufpreises (oder sogar des Kaufpreises plus der anfallenden Nebenkosten) hat für den Käufer einer privat genutzten Immobilie eine Reihe von Nachteilen. Alexander Krolzik weist darauf hin, dass eine Vollfinanzierung teuer und risikoreich ist. Die Zinskosten sind am Ende oft doppelt oder dreimal so hoch.

"Je mehr Eigenkapital ich einbringen kann, desto größer ist die Sicherheit der Bank und desto besser sind die Zinskonditionen. Und das heißt, ich kann mit derselben Rate mehr tilgen, wenn ich bessere Zinsen kriege", so der Verbraucherschützer.

Eigenkapital berechnen für Hauskauf und Wohnungskauf.

Umgekehrt führe fehlendes oder wenig Eigenkapital eben zu hohen Darlehenszinsen. In diesem Zusammenhang spricht man auch häufig von einem Risikoaufschlag. Den gebe es aber de facto nicht, so Krolzik. Das höhere Risiko spiegelt sich schlicht im höheren Zins. Dadurch dauert auch die Tilgung länger. Es sei denn, ihr setzt die Tilgungsrate noch höher an und nehmt eine höhere monatliche Kreditrate in Kauf. Und genau das kann sich eben nicht jeder leisten.

Außerdem sei das Risiko auch in Bezug auf die Anschlussfinanzierung höher, so Krolzik, da am Ende der Zinsbindung eine höhere Restschuld steht als bei einer Finanzierung mit einem Eigenkapitalanteil. Die Verbraucherzentrale empfehle daher immer, möglichst viel Eigengeld einzubringen, so der Finanzierungsexperte.

Hinzu kommt noch ein weiteres Risiko: Da der Käufer bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital meistens insgesamt länger braucht, um die Schulden abzutragen, ist er auch länger dem Risiko ausgesetzt, die Raten nicht mehr bedienen zu können – etwa infolge von Arbeitslosigkeit oder Krankheit. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, die Baufinanzierung abzusichern.

Hausfinanzierung ohne Eigenkapital: Was spricht dafür? 

Es gebe natürlich auch Situationen, in denen etwas dafür spreche, ein Haus ohne Eigenkapital zu kaufen, so der Experte der Hamburger Verbraucherzentrale. "Wenn ich jetzt die Traumimmobilie finde und eine Vollfinanzierung auch wirklich realistisch bezahlen könnte, ohne dass ich mein Leben zu einhundert Prozent ändern muss, das Haus zudem ein Superangebot wäre und sich dort befindet, wo ich will, sprich eine Traumimmobilie oder ein Superschnäppchen ist, dann spricht natürlich auch etwas dafür, das jetzt zu tun. Aber aus Sicherheitsgesichtspunkten", betont Krolzik, "ist Eigenkapital immer besser."

Was viele Kreditnehmer nicht wissen: sie können bei der Baufinanzierung auch Eigenleistungen oder Sachleistungen als Eigenkapital anrechnen lassen. Erfahrt hier mehr: Muskelhypothek: So könnt ihr eure Eigenleistung als Eigenkapital nutzen.

Wie kauft man ein Haus ohne Eigenkapital?

Jede Hausfinanzierung beginnt mit einem Kreditvergleich und Gesprächen mit den Kreditinstituten. Dabei werdet ihr feststellen: Wenn ihr ein Haus ohne Eigenkapital kaufen wollt, müsst ihr ein paar Voraussetzungen erfüllen. 

Die Sicherheit der Bank ist euer Haus. Könnt ihr die Kreditraten nicht mehr regelmäßig bedienen, wird mittelfristig zwangsversteigert. Finanziert die Bank also mehr als den Kaufpreis, beziehungsweise den von der Bank selbst ermittelten Wert der Immobilie, geht sie ein höheres Risiko ein. Denn den Kaufnebenkosten steht ja kein realer Wert gegenüber. Sie sind schlicht weg, nachdem sie bezahlt wurden.

Haus kaufen ohne Eigenkapital: Welche Sicherheiten will die Bank?

Sicherheiten für die Bank könne neben einer tadellosen Schufa-Auskunft zum Beispiel ein überdurchschnittliches Einkommen sein, so Krolzik. Die Bank muss sich relativ sicher sein, dass der Kunde die hohen Kreditraten auch zahlen kann, ohne dass er seinen bisherigen Lebensstil übermäßig einschränken muss. Auch für eine künftige Anschlussfinanzierung, die vielleicht aufgrund gestiegener Zinsen (Zinsänderungsrisiko) noch höhere Raten nach sich zieht als ohnehin schon, muss Luft nach oben bleiben.

Auch durch die Sicherheit des Einkommens könne die Bank sich in der Lage sehen, eine Vollfinanzierung anzubieten, erklärt der Verbraucherschützer. Das sei zum Beispiel bei Beamten der Fall. Auch wenn diese noch jung sind und eben noch nichts gespart haben, punkten sie mit der absoluten Jobsicherheit.

Die Abtretung einer Lebensversicherung oder einer Geldanlage, die man aber im Moment nicht liquidieren kann, könne auch Sicherheiten bieten, so Krolzik.

Außerdem ist das Beleihen eines weiteren Grundstücks eine Option, wenn auch eine sehr riskante, warnt der Verbraucherschützer. "Handelt es sich um ein eigenes Grundstück, wäre der worst case, dass die Bank sich halt das bessere Grundstück aussucht und nicht das, was ich selbst zwangsversteigern lassen würde", so der gelernte Jurist. "Aber bei der Immobilie der Eltern ist der worst case ganz anders. Dann kann es sein, dass nicht nur ich unglücklich werde, wenn es schiefläuft, sondern die Eltern auch." Mehr zum Thema Immobilie beleihen lest ihr hier.

Nicht immer muss so hoch gepokert werden, um eine Vollfinanzierung zu bekommen. "Manchmal reicht den Banken auch, dass man ungünstige Vertragskonstrukte eingeht", kritisiert Krozik. Man schließe zum Beispiel ein Produkt zusätzlich ab, so dass die Bank auch noch etwas davon habe.

Welche Immobilien kann ich ohne Eigenkapital kaufen?

Ob eine Vollfinanzierung in Frage kommt oder nicht, dabei spielt auch der Zustand und die Lage der Immobilie eine Rolle. Je besser ein Gebäude beim Kauf erhalten ist oder je besser die Immobilienlage ist, desto größer sind die Chancen für eine Finanzierung ohne Eigenkapital.

Eine extrem günstige Immobilie hat nicht unbedingt bessere Karten für eine Vollfinanzierung. Denn der niedrige Preis ergibt sich ja in der Regel auch aus einer weniger beliebten Lage, einer schwachen Infrastruktur oder einer mangelhaften Bausubstanz. Da die Bank natürlich immer die Option mitdenkt, die Immobilie auch wieder verkaufen zu können, sind das eher Argumente gegen einen Hauskauf ohne Eigenkapital.

Ein Tiny House "wäre da noch am ehesten mit einem geringeren Risiko verbunden, das könnte ich nämlich theoretisch nehmen und woanders hinstellen", so Krolzik. "Allerdings", gibt der Finanzierungsexperte zu bedenken, "kann man ein Tiny House auch nur da aufbauen, wo es wirklich auch eine normale Baugenehmigung gibt, das dürfen Sie auch nicht überall hinstellen." Zur Finanzierung eines Tiny Houses empfehlen wir euch auch diesen Artikel: Stimmt es, dass man für ein Tiny House keine Baufinanzierung bekommt?

Welches Gehalt brauche ich, um ein Haus ohne Eigenkapital zu kaufen?

Welches Einkommen Voraussetzung für eine Vollfinanzierung ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Fakt ist jedoch: Je unsicherer, schwankender und niedriger das Einkommen, desto geringer ist die Chance, dass die Bank euren Hauskauf ohne Eigenkapital finanziert. Schlechte Karten haben vor allem Selbständige und Freiberufler, die mal mehr und mal weniger verdienen und eben in den Augen der Banken kein sicheres Einkommen haben.

Haus kaufen ohne Eigenkapital: Worauf muss ich achten?

Eine Vollfinanzierung ist nur empfehlenswert, wenn ihr euch sehr sicher seid, dass ihr die hohen monatlichen Belastungen auch künftig schultern könnt, ohne auf alles verzichten zu müssen. Wenn ihr aber eure Traumimmobilie gefunden habt und euch die Gelegenheit nicht entgehen lassen könnt, denkt unbedingt an diese Punkte:

  1. Macht eine realistische Übersicht eurer monatlichen Ausgaben und überlegt, ob ihr die monatliche Kreditrate wirklich ohne zu große Einschränkungen schultern könnt. Lest dazu auch unseren Ratgeber "Wie viel Haus kann ich mir leisten". Und prüft vor allem vorab mittels einer Immobilienbewertung, ob der Kaufpreis auch angemessen ist.
  2. Verzichtet auf eine 110-Prozent-Finanzierung und zahlt zumindest die Kaufnebenkosten selbst. So senkt ihr das Risiko in Bezug auf den Rückzahlungszeitraum, die Höhe der Restschulden nach Zinsbindung sowie die Höhe der Schulden im Fall einer Zwangsversteigerung.
  3. Bei Finanzierungen mit wenig oder keinem Eigen­kapital sind die Zins­unterschiede zwischen den Banken besonders hoch. Holt euch deshalb immer mehrere Kredit­angebote ein. Zum Beispiel mit einem Finanzierungsrechner.
  4. Vermeidet die Beleihung von Grundstücken von Eltern oder Freunden.
  5. Prüft, ob ihr das Risiko mit einer Restschuld-, Risikolebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung absichern wollt. So könntet ihr euer Eigentum retten, wenn der Hauptverdiener stirbt, sein regelmäßiges Einkommen verliert oder berufsunfähig wird.
  6. Schafft parallel zur Vollfinanzierung fortan regelmäßig Rücklagen (zum Beispiel über einen Bausparvertrag), um künftig einen Puffer für Instandhaltungskosten oder eine teurere Anschlussfinanzierung zu haben.

Ihr seid interessiert an Erfahrungen zum Hauskauf ohne Eigenkapital? Wir haben mit zwei Baufinanzierungsexperten gesprochen: Hausbau finanzieren ohne Eigenkapital – (wie) geht das?

Welche Möglichkeiten es grundsätzlich gibt, günstig an ein Haus zu kommen, erfahrt ihr hier: 10 Tipps, wie ihr echte Schnäppchenhäuser findet.

Hier geht es direkt zur Immobiliensuche.

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