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Baugenehmigung fürs Tiny House: Wichtige Infos zum Baurecht


Mit einem Tiny House habt ihr euer Zuhause immer dabei. Anders als in den USA dürft ihr euch hierzulande allerdings nicht einfach niederlassen, wo es euch gefällt. Das deutsche Baurecht gilt auch für Tiny Houses. Alles, was ihr zur Baugenehmigung fürs Tiny House wissen müsst.

  1. Baurechtliche Einordnung Tiny House: Fahrzeug, Ladung oder Gebäude?
  2. Wo kann man ein Tiny House aufstellen?
  3. Was gilt für autarke Tiny Houses?
  4. 6 Punkte, die ihr vor dem Bau eines Tiny Houses beachten solltet

Wer in Deutschland irgendwo etwas bauen oder aufstellen möchte, der unterliegt immer in irgendeiner Form dem Baurecht und benötigt eine Baugenehmigung. Egal ob es sich um einen riesigen Wolkenkratzer handelt oder eben um ein kleines Tiny House. Da hilft es auch nichts, sein Tiny House auf einen Anhänger zu stellen – insbesondere, wenn man nicht nur zeitweise, sondern dauerhaft irgendwo wohnen will.

In den USA, wo die Tiny-House-Bewegung ihren Ursprung hat, ist das anders. Dort gelten Häuser auf Rädern nicht als Gebäude, sondern als Wohnmobile und unterliegen somit nicht dem Baurecht. Wenn sie zudem bestimmte Abmessungen nicht überschreiten, sind sie sogar ganz zulassungsfrei.

Ganz anders eben in Deutschland . Wir erklären euch, wie Tiny Houses baurechtlich einzuordnen sind und wie ihr legal in eurem Minihaus wohnen könnt.

Infografik zu drei unterschiedlichen Tiny House Arten

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Baurechtliche Einordnung Tiny House: Fahrzeug, Ladung oder Gebäude?

Ihr könnt euer Tiny House auf Rädern (THoW), Minihaus oder Containerhaus auf der Straße bewegen. Dabei werden zwei Arten unterschieden:

  • Fahrzeuge: Das sind Häuser, die fest mit einem Trailer verbunden sind. Sie benötigen eine Zulassung als Wohnwagen.
  • Ladung: Wenn das Haus als Ladung gelten soll, dann muss es ohne Werkzeug abnehmbar auf Trailern, Wechselfahrgestellen oder Tiefladern transportiert werden. Das ist beispielsweise bei Minihäusern der Fall.

Sobald ihr euer Tiny House aber auf einem Grundstück in irgendeiner Form bewohnt, wird es auf Grundlage der Landesbauordnung zu einem Gebäude der Gebäudeklasse 1. Dabei ist es egal, ob das Tiny House auf Rädern, auf einer Wechselbrücke oder auf einem Fundament steht. Dann braucht ihr unter Umständen eine Baugenehmigung für euer Tiny House. Und das gilt bei Umzug für jedes neue Grundstück, auf dem ihr euer Minihaus aufstellt.

Was genau ein Gebäude ist, steht in den Begriffserläuterungen der Landesbauordnungen.

Tiny House auf einem Anhänger
Dieses Tiny House von Tech Tiny House kann man zwar auf der Straße bewegen, sobald man darin aber dauerhaft an einem Ort wohnen will, wird es vom Fahrzeug zum Gebäude.

Wo kann man ein Tiny House aufstellen?

Wo man ein Tiny House aufstellen kann, hängt von der Art der Nutzung ab. Man unterscheidet zwischen folgenden Nutzungen:

  • Dauerhaftes Wohnen
  • Nutzung als Wochenend- oder Ferienhaus
  • Nutzung als Wohnwagen

Dauerhaft wohnen im Tiny House

Wenn ihr dauerhaft in eurem Tiny House wohnen wollt, dann muss euer Grundstück zwei Bedingungen erfüllen:

  1. Ihr benötigt ein Grundstück, das nach der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BauNVO) für das Wohnen zugelassen ist. Das sind beispielsweise Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete, Dorfgebiete, Mischgebiete, urbane Gebiete, Kerngebiete und Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung oder Sondergebiete. 

    In manchen dieser Gebiete gibt es örtliche Bebauungspläne, die regeln, welche Art von Häusern gebaut werden dürfen. Oder es gibt eine Ortsgestaltungssatzung. Beide machen es unter Umständen schwierig, eine Baugenehmigung für ein Tiny House zu bekommen. Am einfachsten bekommt ihr ein Tiny House wahrscheinlich in einem Sondergebiet oder in "Gebieten zur Entwicklung der Wohnnutzung" genehmigt, da es dort am wenigsten Auflagen gibt.

  2. Das Grundstück muss erschlossen sein. Das heißt, es muss an das öffentliche Straßen- und Wegenetz angebunden sein und an das Ver- und Entsorgungsnetz.

Lest in unserem Newsticker, wo in Deutschland Grundstücke für Tiny Houses ausgewiesen werden.

Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, dann hängt es von der jeweiligen Landesbauordnung (LBO) ab, ob und in welcher Form das Tiny House genehmigungspflichtig ist. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Der Bau ist verfahrensfrei. Das heißt, ihr müsst keinen Bauantrag stellen und auch kein Kenntnisgabeverfahren durchführen. Das ist beispielsweise in Bayern für Bauvorhaben unter 75 Kubikmeter Volumen der Fall (siehe BayBO Artikel 57 Absatz 1 a ). Allerdings müsst ihr eigenverantwortlich prüfen, ob ihr das Bauvorhaben wie geplant umsetzen dürft, und ihr seid dafür verantwortlich, die erforderlichen Befreiungen oder Genehmigen den zuständigen Behörden vorzulegen. Dazu gehören beispielsweise der Standsicherheitsnachweis und der Wärmeschutznachweis. Bei Zweifeln könnt ihr euch an die Baurechtsbehörde oder an einen Architekten wenden.
  2. Der Bau des Tiny Houses ist genehmigungsfrei. Bei genehmigungsfreien Bauvorhaben sprechen die Behörden von Bauanzeige-, Kenntnisgabe-, Mitteilungsverfahren. Die Anforderungen an die Unterlagen für diese Verfahren können je nach Bundesland unterschiedlich sein. Der Vorteil ist, dass die Baugenehmigung innerhalb einer gesetzlich in der Landesbauordnung festgelegten Frist nach Einreichung der Bauvorlagen als erteilt gilt, wenn euch die Baubehörde nichts anderes bescheinigt.
  3. Es gibt ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren. Zuständig für die Erteilung der Baugenehmigung ist die untere Bauaufsichtsbehörde. Den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung müsst ihr schriftlich bei der Gemeindeverwaltung einreichen. Welche Bauunterlagen ihr dafür benötigt, hängt von der Landesverordnung über Bauunterlagen und die bautechnische Prüfung ab. Der Bauantrag muss von euch unterschrieben sein und von jemanden, der den Entwurf des Tiny House gemacht hat und zugleich bauvorlageberechtigt ist. Das kann beispielsweise ein Architekt sein, ein Bauingenieur und in einigen Bundesländern auch ein Bautechniker oder Handwerksmeister des Bauhauptgewerbes.

Sonderfall Campingplatz: Keine Baugenehmigung nötig

Wenn ihr euer Tiny House auf einem Campingplatz aufstellen wollt, für den die Wohnnutzung im Bebauungsplan eingetragen ist, dann benötigt ihr weder eine Stellplatz- noch eine Baugenehmigung. Laut Landesverordnung über Camping- und Wochenendplätze gibt es dann aber zwei Auflagen für euer Tiny House:

  • Es darf maximal 50 Quadratmeter groß sein.
  • Es darf nicht höher als 3,50 Meter sein. Einige Campingplatzbetreiber lassen allerdings auch Tiny Houses bis vier Meter Höhe zu, also im Zweifel nachfragen.

Anforderungen, die ein Tiny House für dauerhaftes Wohnen erfüllen muss

Da die Landesbauordnung für Wohnungen vorschreibt, dass sie eine Küche und ein Bad haben müssen, ist ein Tiny House ohne Küche und Bad nicht genehmigungsfähig. Weitere Anforderungen, die das Minihaus erfüllen muss:

  • Aufenthaltsräume müssen mindestens 2,40 Meter hoch sein – wobei es da in einigen Bundesländern Ausnahmen gibt.
  • Fensterlose Bäder und Toiletten sind nur zulässig, wenn eine wirksame Lüftung gewährleistet ist.
  • Bei Tiny Houses aus Holz kann eine Blitzschutzanlage notwendig sein.
  • Außerdem unterliegen auch Treppen, Türen, Fenster und Fluchtwege den Bestimmungen der Landesbauordnung.
Zwei Tiny Houses inmitten von Natur
Ein Plätzchen im Grünen - davon träumen viele Tiny-House-Fans. Aber das ist nicht so einfach.

Nutzung als Wochenend- oder Ferienhaus

Wer sein Tiny House nur gelegentlich als Wochenendhaus oder als Ferienhaus nutzen will, kann es auf einem Grundstück in einem "Sondergebiet, das der Erholung dient" aufstellen. Diese Gebiete sind extra für den Bau von Wochenend- oder Ferienhäusern gedacht. Das Attraktive an diesen Gebieten: Sie liegen meist umgeben von Außengebieten, also mitten in der Natur. 

Zudem gelten in solchen Gebieten oft tolerantere Bebauungspläne und Gestaltungssatzungen. Dort ist der Bau eines Tiny Houses häufig verfahrens- oder genehmigungsfrei, wenn die Grundfläche nicht mehr als 50 Quadratmeter beträgt. Das Grundstück muss allerdings auch dort erschlossen sein.

Dauerwohnen (und die Anmeldung eines Erstwohnsitzes) ist in solchen Tiny Houses in der Regel nicht erlaubt – es sei denn, die Gemeinde hat im Bebauungsplan eine Wohnnutzung zugelassen. Dann müsst ihr allerdings das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beim Bau einhalten. Es gilt nicht, wenn das Tiny House maximal vier Monate im Jahr bewohnt wird. 

Mehr dazu lest ihr in unserem "Stimmt es, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG) für Tiny Houses nicht gilt?"

Nutzung als Wohnwagen: Keine Baugenehmigung nötig

Wer sein Tiny House nur als Wohnwagen für den Urlaub nutzt, der fällt nicht unter das Baurecht. Das Tiny House gilt dann als Fahrzeug. Es muss allerdings für die Zeit, in der es nicht genutzt wird, einen Stellplatz haben. 

Das kann eine zum Abstellen von Kraftfahrzeugen vorgesehene Fläche auf Privatgrund sein. Ist das Abstellen auf dem eigenen Wohngrundstück von der Gemeinde untersagt, dann braucht ihr einen separaten Stellplatz in einem Gebiet, das für Stellplätze und Garagen ausgewiesen ist.

Wie der aussehen muss, ist in den Stellplatzverordnungen der jeweiligen Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer geregelt. Am einfachsten ist es, das Tiny House für die Zeit der Nicht-Nutzung auf einem Campingplatz zu parken.

Was gilt für autarke Tiny Houses?

Auch wenn euer Tiny House komplett autark funktionieren soll, müsst ihr ein erschlossenes (oder erschließbares) Grundstück finden. Der Anschluss an das öffentliche Netz ist in aller Regel eine der Voraussetzungen für die Baugenehmigung. 

Meist scheitert die Umsetzung eines völlig autarken Lebens an den behördlichen Auflagen. Ihr könnt euch zwar unter bestimmten Umständen vom Anschluss- und Benutzungszwang für die Trinkwasserversorgung und das Abwasser befreien lassen, aber das ist kompliziert und aufwändig.

Wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Tiny House installieren möchte, der sollte beachten, dass manche Ortsgestaltungssatzungen dafür bestimmte Auflagen vorschreiben, beispielsweise dass sie von der Straße aus nicht zu sehen sein dürfen. Zum Teil sind Photovoltaikanlagen auch genehmigungspflichtig. Das Gleiche gilt für Kleinwindkraftanlagen.

Im Bau befindliches Tiny House
Bevor ihr loslegt mit dem Bau eures Tiny Houses, solltet ihr einige Punkte klären.

6 Punkte, die ihr vor dem Bau eines Tiny Houses beachten solltet

Ihr seht, es ist gar nicht so einfach, in Deutschland in einem Tiny House zu leben. Bevor ihr euer Tiny House selber baut oder ein Tiny House kauft, solltet ihr folgende sechs Punkte beachten:

  1. Wenn ihr ein Grundstück für euer Tiny House gefunden habt, dann prüft, ob es laut Flächennutzungsplan überhaupt für dauerhaftes Wohnen oder für eine Wochenendnutzung vorgesehen ist. Schaut, ob es einen Bebauungsplan oder eine Ortsgestaltungssatzung gibt und was diese für Gebäude festlegen. 

    Sind beispielsweise nur Satteldächer vorgesehen, so werdet ihr dort kein Tiny House mit Flachdach aufstellen können. Manchmal ist auch die Farbe des Daches vorgeschrieben. Einige Gemeinden geben im Bebauungsplan mittlerweile nicht nur eine maximale Grundflächenzahl an, um Riesenbauten zu unterbinden, sondern auch eine Mindest-Grundflächenzahl, um den Bau von Tiny Houses zu verhindern.

  2. Werft einen Blick in die Landesbauordnung: Das Baurecht sieht in vielen Fällen auch Mindestmaße vor – etwa bei der Raumhöhe oder Grundfläche. Wenn ihr die nicht erfüllt, ist euer Tiny House-Bau nicht genehmigungsfähig.
  3. Sucht das Gespräch mit der zuständigen Baurechtsbehörde. Bringt schon mal eure Pläne mit. So erhaltet ihre eine erste unverbindliche Auskunft, ob euer Tiny House-Bauvorhaben Aussicht auf Erfolg hat.
  4. Führt eine Bauvoranfrage für euer Bauvorhaben durch. Wie das geht und welche Unterlagen ihr dafür benötigt, steht in den jeweiligen Landesbauordnungen.
  5. Um eine Baugenehmigung zu bekommen, benötigt ihr jemanden, der bauvorlageberechtigt ist. Also beispielsweise einen Architekten oder Bauingenieur.
  6. Sprecht unbedingt mit euren Nachbarn über euer Vorhaben. Zeigt ihnen Pläne und Skizzen und bittet sie um ihr Einverständnis. Die Zustimmung der Nachbarn ist bei jedem Bauvorhaben relevant und beeinflusst die Erteilung der Baugenehmigung – Tiny House-Planungen sind auch schon an den Nachbarn gescheitert.

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