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Autark leben im Tiny House: Geht das?


Viele, die gerne in einem Tiny House leben würden, versprechen sich davon ein nachhaltigeres und unabhängigeres Leben. Sie träumen davon, völlig autark zu leben. Aber geht das überhaupt auf so kleiner Fläche? Und wenn ja, wer bietet autarke Tiny Houses an?

  1. Was bedeutet autark überhaupt?
  2. Rechtliche Einschränkungen für ein autarkes Leben im Tiny House
  3. Stromautarkie im Tiny House
  4. Autarkie im Tiny House in Sachen Wärme
  5. Weniger Wasser verbrauchen im Tiny House
  6. Autarkie beim Abwasser
  7. Anbieter autarker Tiny Houses
  8. Kosten für ein autarkes Tiny House

Leben im Tiny House – unabhängig von Ort, Stromanschluss und Wasseranschluss. Für viele klingt das attraktiv und nachhaltig. Aber kann man auf so kleiner Fläche völlig autark leben? Wie viel Autarkie in einem Tiny House möglich ist, beantworten wir euch in diesem Beitrag. Außerdem stellen wir euch Anbieter vor, bei denen ihr ein autarkes oder teilautarkes Tiny House kaufen könnt.

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Was bedeutet autark überhaupt?

Der Begriff "autark" meint so etwas wie unabhängig. Autark bedeutet frei von äußeren Einflüssen und Leistungen. Aber was heißt das in Bezug auf ein Haus?

Für einige sind autarke Häuser solche, die ihren Strom selbst produzieren. Andere lassen dagegen nur echte Autarkie, also die komplette Unabhängigkeit von allen Arten von Versorgungsnetzen, gelten. 

Die völlige Unabhängigkeit von allen Versorgungsnetzen ist in Deutschland allerdings allein schon aus baurechtlichen Gründen nicht möglich. (Lest hier, was ihr baurechtlich beachten müsst, wenn ihr ein Tiny House bauen wollt.)

Infografik über die Möglichkeiten der Energieautarkie von Gebäuden
Bei einem normalen Gebäude ist 80-prozentige Autarkie durchaus möglich.

Rechtliche Einschränkungen für ein autarkes Leben im Tiny House

In Deutschland darf man in der Regel nur dort bauen, wo es auch eine Kanalisation gibt. Und an die Kanalisation muss hierzulande jedes Haus angeschlossen werden – geregelt ist das in den Gemeindesatzungen. Eine Befreiung davon ist nur in wenigen Gemeinden und in sehr seltenen Einzelfällen möglich. Etwa wenn der Eigentümer nachweisen kann, dass er eine entsprechende Kleinkläranlage auf seinem Grundstück vorhält und das Wasser selbst ordnungsgemäß beseitigen kann.

Mit dem Anschluss an die Abwasserentsorgung ist dann meist auch zwangsläufig ein Anschluss an das Wasserversorgungsnetz verbunden. Nur wenn das Wasser aus eigener Versorgung von gleicher oder höherer Qualität als das Trinkwasser aus der kommunalen Versorgungsleitung ist, könnt ihr eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang beantragen.

Die Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser ist in Deutschland verboten. Und Grundwasser darf nicht ohne behördliche Genehmigung als Trinkwasser genutzt werden, das gleiche gilt für Wasser aus Flüssen und Seen.

Deshalb ist komplette Autarkie in Deutschland derzeit noch eine Utopie. Das wird sich wohl so schnell auch nicht ändern. Was allerdings geht, ist ein teilautarkes Leben im Minihaus. Autarkie-Systeme können eine gute Ergänzung zu den öffentlichen Anschlüssen sein – und ermöglichen ein nachhaltigeres Leben. Hier mehr zum Thema Nachhaltigkeit und Tiny House.

Mit Solarzellen ausgestattetes Tiny House
Nicht nur auf dem Dach, auch an der Fassade finden Solarzellen Platz – wie bei dem autarken Tiny House von GreenAkku.

Stromautarkie im Tiny House

Mit Hilfe einer Solaranlage auf dem Dach des Tiny Houses könnt ihr euren Strom selbst produzieren. An der Hochschule Konstanz haben Studierende der Fakultät Bauingenieurwesen ein Energiekonzept für ein Tiny House erstellt. Dabei haben sie den Beweis erbracht, dass es theoretisch möglich ist, in einem 15 Quadratmeter kleinen Tiny House mit geringen Abstrichen hinsichtlich des Wohnkomforts autark von öffentlicher Strom- und Wärmeversorgung zu wohnen.

Die Dachfläche biete ausreichend Platz um den Strombedarf eines Zwei-Personen-Haushalts zu decken. Des Weiteren ließen sich moderne Stromspeicher dank kompakter und leichter Bauweise problemlos in ein Tiny House integrieren.

In der Praxis reicht die produzierte Sonnenstrommenge in längeren Schlechtwetterperioden allerdings häufig nicht aus, um den Strombedarf komplett zu decken. Vor allem, bei Tiny Houses mit Flachdach oder nur geringer Dachneigung.

In unseren Breiten liefern Solaranlagen auf so kleinen Flächen auch nicht genug Strom, um im Winter damit eine Elektroheizung zu betreiben. Zu bedenken ist auch, dass ein Strom-Speicher je nach Größe mehrere hundert Kilo wiegen kann, was bezüglich der Gewichtsbeschränkungen (3,5 Tonnen) bei mobilen Tiny Houses problematisch ist.

Je kleiner die Dachfläche und je höher die Ansprüche an den Komfort, desto weniger lohnt sich die Investition in eine eigene Solaranlage mit Speicher. Dann müsst ihr nämlich viel teuren Netzstrom zukaufen.

Genehmigungsrechtliche Hürden

Für Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach sind oft keine Genehmigungen notwendig. Allerdings solltet ihr beachten, dass manche Ortsgestaltungssatzungen dafür bestimmte Auflagen vorschreiben, beispielsweise dass sie von der Straße aus nicht zu sehen sein dürfen. Zudem dürfen Tiny Houses auf Rädern maximal vier Meter hoch sein und auf viele Modelle passt nichts mehr aufs Dach.

Reicht der Strom von der Photovoltaikanlage nicht aus, kann theoretisch auch ein Windrad Strom für das Tiny House erzeugen. Allerdings sind Kleinwindanlagen über zehn Meter Höhe in allen Bundesländern genehmigungspflichtig.

Für eine solche Genehmigung müsst ihr auch den Naturschutz oder Denkmalschutz berücksichtigen, außerdem dürfen sich Nachbarn davon nicht gestört fühlen. In einem Wohngebiet ist die Aufstellung einer Kleinwindanlage wegen der Geräusche, dem Schlagschatten und Abstandsregelungen dementsprechend schwierig.

Autarkie im Tiny House in Sachen Wärme

Überschüssigen Sonnenstrom kann man zur Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser nutzen. Ansonsten sorgt in einem autarken Tiny House ein Ofen für Wärme und ein Abgaswärmetauscher für Warmwasser. Den Ofen könnt ihr mit Pellets, Feuerholz oder Briketts füttern.

Holzkamine stoßen viel Feinstaub aus – für sie braucht ihr eine offizielle Betriebserlaubnis. Die gibt es oft nur, wenn teure Filtersysteme eingebaut sind.

Der Hersteller des Rolling Tiny Houses empfiehlt einen Luft-Luft-Wärmetauscher. Damit könnt ihr das Tiny House permanent lüften und gleichzeitig einen Großteil der Abwärme zurückgewinnen. Das spart Heizenergie und Heizkosten.

Weniger Wasser verbrauchen im Tiny House

Wer Regenwasser sammelt und für die Toilette oder Waschmaschine benutzt, spart Wasser. Auch Grauwasser – das ist das Abwasser aus Dusche oder Badewanne oder aus dem Handwaschbecken – kann man aufbereitet für die Toilettenspülung oder die Waschmaschine oder zur Bewässerung von Pflanzen nutzen. Zur Aufbereitung wird beim Hersteller Wohnwagon beispielsweise eine Sumpfpflanzen-Kläranlage auf dem Dach oder im Garten genutzt.

Autarkie beim Abwasser

Um den Anschluss an das Abwasser werdet ihr in der Regel nicht herumkommen. Wenn doch, dann kann eine Pflanzenkläranlage in Kombination mit einer Trenntoilette dafür sorgen, dass das zu entsorgende Abwasser um 95 Prozent verringert wird. Das in einer Pflanzenkläranlage gereinigte Wasser könnt ihr ebenfalls für Toilette und Waschmaschine wiederverwenden.

Trenntoiletten trennen Flüssigstoffe von Feststoffen. Urin kommt in einen Kanister. Verdünnt mit Wasser könnt ihr ihn im Garten zum Gießen und Düngen verwenden. Die festen Ausscheidungen werden mit Pflanzenkohle, Steinmehl und Biofasern versetzt. Die Einstreu entzieht den Ausscheidungen die Feuchtigkeit. So entstehen schlechte Gerüche gar nicht erst. Sie schafft auch gute Voraussetzungen dafür, dass die Ausscheidungen kompostiert werden können.

Anbieter autarker Tiny Houses

Es gibt inzwischen einige Hersteller von Tiny Houses, die autarke Minihäuser anbieten. Wie diese aussehen, seht ihr in unserer Fotogalerie.

  • autarkes Tiny House auf einer Wiese
  • Wasserhahn mit Waschbecken im Wohnwagon
  • Tiny House der Firma Wohnwagon
  • Autarkes Tiny House von Greenakku
  • Autarkes Tiny House Ecocapsule in Gebirgslandschaft
  • Innenansicht Ecocapsule Tiny House

Wohnwagon

Der Wiener Hersteller Wohnwagon verspricht bis zu 97 Prozent Autarkie für sein Minihaus. Strom, Wärme und Wasser funktionieren auf Wunsch ohne externe Anschlüsse. Die drei Varianten können mit eigener Photovoltaikanlage, Bio-Toilette und Wasseraufbereitungsanlage ausgestattet werden.

GreenAkku

GreenAkku aus Nettetal hat ein autarkes Tiny House entwickelt, das für diese Bauform maximalen Wohnkomfort bieten soll. Autark heißt hier, dass der Besitzer weder auf eine externe Stromversorgung noch auf feste Wasser- und Abwasseranschlüsse oder auf stationäre Kommunikationsanschlüsse angewiesen ist, da all diese Systeme in der Autark-Version im Haus integriert sind.

Own House

Auch bei dem 18 Quadratmeter großen Own House von Klemens Jakob handelt es sich um ein autarkes Tiny House – allerdings keines auf Rädern. Photovoltaikmodule auf dem Dach erzeugen Strom, der in Batterien gespeichert wird. Durch eine Trocken-Trenn-Toilette entsteht kein Schwarzwasser, also kein Wasser mit Fäkalien.

Das Grauwasser wird in einem Tank gesammelt und dann über eine Pflanzenkläranlage gefiltert. Danach wird es mit UV-Strahlen bestrahlt. So werden Keime abgetötet. Das Wasser, das als Trinkwasser dienen soll, wird zusätzlich durch eine Umkehrosmose-Anlage gefiltert. Zudem verfügt das Own Home über einen großen Regenwasser-Sammelbehälter, damit rund um das Jahr ausreichend Wasser zur Verfügung steht.

Ecocapsule

Ecocapsule ist das Tiny House von Architekten aus Bratislava. Es ist 8,2 Quadratmeter groß und kann sich mittels Photovoltaikanlage und Windrad selbst mit Strom und Wasser versorgen. Außerdem sammelt das Wohn-Ei Regenwasser vom Dach und reinigt es mit Hilfe eines Umkehr-Osmosefilters. Die Toilette besteht aus einer Bio-Kompostanlage, demnächst soll es auch Modelle mit Verbrennungstoilette geben. Das gesamte Tiny House lässt sich auf einem maßgeschneiderten Anhänger oder per Hubschrauber transportieren.

Egal ob PV-Anlage, Kompost- oder Trocken-Trenntoiletten, Luft-Wärmetauscher oder Filter- und Wasseraufbereitungssysteme: Viele Hersteller können ihre Tiny Houses so ausrüsten, dass sie zumindest teilautark sind. Doch die Technik ist immer mit einem Aufpreis verbunden.

Kosten für ein autarkes Tiny House

Generell sind autarke Tiny Houses deutlich teurer als solche, die nicht ohne Anschluss an die Versorgungsnetze auskommen. (Lest hier, was ein normales Tiny House kostet.) Bei Wohnwagon kosten die vollautarken Tiny Houses zwischen 84.000 Euro und 180.000 Euro – je nach Größe. Das Own House kostet als Bausatz zum Selberzusammenbauen rund 60.000 Euro. Das Ecocapsule ist eher für temporäre Aufenthalte als für dauerhaftes Wohnen geeignet. Es kostet derzeit noch 79.900 Euro.

Euer Tiny House muss keine Räder haben? Dann findet ihr in diesem Beitrag Hersteller von Minihäusern, die zum Teil auch so ausgerüstet werden können, dass sie zumindest teilautark sind.

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