Die Form des (Fertig-)Hauses und sein Grundriss sind geplant, womöglich steht schon der Rohbau. Jetzt geht es darum, dem Haus seinen ganz eigenen Charakter zu verleihen. Dafür gibt es gerade bei einem Fertighaus (oder schlüsselfertig angebotenem Haus) die Möglichkeit der Bemusterung. Haus erfolgreich bemustern - so geht's: Was euch bei einem Bemusterungstermin erwartet und warum eine Vorbemusterung sinnvoll sein kann, erfahrt ihr hier. Außerdem: Sieben Tipps, wie ihr euch auf die Bemusterung vorbereiten könnt.

Was ist eine Bemusterung?

"Da mehr als 90 Prozent der Häuser schlüsselfertig gebaut werden, findet die Bemusterung meistens in Bemusterungszentren statt", beschreibt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren das Prozedere. "Die Haushersteller und großen Bauunternehmen haben ihre eigenen Zentren, ansonsten sind sie herstellerübergreifend organisiert, etwa in Stein- oder Sanitärzentren."

Bei der Bemusterung legt ihr als zukünftige Hausbesitzer fest, wie euer Eigenheim später konkret aussehen soll. Jeder Fertighaus-Hersteller lädt euch dazu ins hauseigene Bemusterungszentrum ein, wo ihr bei einer persönlichen Beratung detailliert über alle Ausstattungsmöglichkeiten informiert werdet.

Angefangen bei Dachziegel- und Fassadenfarbe über Fenster und Türen bis hin zu den Badfliesen, Bodenbelägen und Details wie Armaturen könnt ihr an den Bemusterungstagen dann individuell festlegen, ob ihr euch für die vorgegebene Standardeinrichtung entscheidet oder ob ihr davon abweichen möchtet.

Tipp: Wenn ihr euch erst einmal inspirieren lassen wollt, wie euer zukünftiges Zuhause aussehen könnte, empfiehlt sich auch ein Besuch in einem der Musterhausparks in Deutschland.

  • Paar schaut sich im Bemusterungszentrum Fenster an
  • Paar schaut sich im Bemusterungszentrum Treppen an
  • Paar schaut sich im Bemusterungszentrum Türen an
  • Paar steht im Bemusterungszentrum in einer Küche
  • Mann hält im Bemusterungszentrum Wasserhahn in der Hand

Aufbemusterung und Abbemusterung im Bemusterungsprotokoll

Für gewöhnlich bietet jeder Fertighausanbieter eine Standardausstattung an, die ihr bei der Bemusterung in Form einer Checkliste zur Hand bekommt und die ihr dann Punkt für Punkt durchgeht. Häufig handelt es sich beim Standard um die günstigste Variante. So sind zum Beispiel häufig Kunststoffhaustüren im Standardpaket enthalten. Entscheidet ihr euch für eine Aluminiumtür, zahlt ihr in der Regel drauf. In diesem Fall spricht man dann auch von einer "Aufbemusterung". Wählt ihr eine günstigere Alternative, spricht man von "Abbemusterung".

Info: In den Bemusterungszentren ist es üblich, dass mit jeder Entscheidung für ein Ausstattungsdetail die Bausumme aktualisiert wird. Alle Entscheidungen, die ihr trefft, werden dann im sogenannten Bemusterungsprotokoll festgehalten, welches später auch Teil der Bauleistungsbeschreibung sein wird und somit rechtsbindend ist.

Das ist natürlich vor allem bei Details oberhalb des Standards von Bedeutung. Entscheidet ihr euch hier mal für die teurere Variante und an anderer Stelle für die günstigere, könnt ihr im Protokoll auf einen Blick sehen, ob ihr Geld spart oder ob Mehrkosten für euch entstehen. Hier hat man immer noch einmal die Gelegenheit innezuhalten und zu überlegen: "Wollen wir diesen Aufpreis tatsächlich zahlen?"

Unser Lesetipp: Was ist gerade Trend in der Fertighaus-Welt? Mehr dazu lest ihr in unserem Artikel: Fertighaus-Trends: So sehen moderne Häuser aus

Wann findet die Bemusterung fürs Haus statt?

Der Tag für die Bemusterung wird in der Regel mit der zuständigen Baufirma festlegt. Es gibt jedoch keinen fixen Zeitpunkt, wann die Bemusterung fürs Haus stattfinden muss. Normalerweise findet sie aber vor Beginn der eigentlich Bauphase und vor der Bauvertragsunterzeichnung statt, spätestens aber kurz vor Abschluss der Rohbauphase.

Bemusterungspuffer: Wie viel Puffer bei der Hausbemusterung einplanen?

Habt ihr den Bemusterungstermin erst nach der Bauvertragsunterzeichnung, dann solltet ihr unbedingt einen finanziellen Puffer (etwa zehn Prozent der Gesamtsumme) einplanen, den ihr für mögliche Aufbemusterungen zur Verfügung habt. Sonst müsst ihr euch am Ende mit der Standardausführung zufrieden geben, auch wenn ihr euch vielleicht etwas anderes gewünscht habt.

Lest auch: Ausbauhaus, Bausatzhaus oder schlüsselfertiges Haus? Lest hier alles zu den Unterschieden, zu Herstellern und Kosten.

Wie lange dauert die Bemusterung?

Die Bemusterung wird meistens auf zwei Tage aufgeteilt. Kosten für eine damit verbundene Hotelübernachtung und Verpflegung vor Ort werden für gewöhnlich vom Fertighausanbieter übernommen.

Reist ihr mit Kindern an, könnt ihr dazu auch meistens eine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, damit ihr euch entspannt und in Ruhe der Bemusterung widmen könnt.

Ist eine Vorbemusterung sinnvoll?

Im Idealfall habt ihr die wichtigsten Entscheidungen für das, was später dem Haus Charakter und Atmosphäre verleihen soll, schon gefällt, wenn ihr zur Bemusterung kommt. Bei einer Vorbemusterung, also einem Termin vor der eigentlichen Bemusterung, könnt ihr euch in Ruhe Zeit nehmen und euch schon einmal umgucken.

Und die Vorbemusterung hat weitere Vorteile:

  • Bei der Vorbemusterung könnt ihr dann schauen, ob euch die vordefinierten Materialien und Ausführungen gefallen oder ob ihr vielleicht doch vom Standard abweichen wollt. So kommt es am Bemusterungstag zu keinen bösen Überraschungen. So gut wie alle Hersteller haben einen oder mehrere Musterhausparks, in denen ihr euch Fertighäuser auch von innen anschauen könnt. Auch so könnt ihr euch schon mal einen ersten Eindruck von möglicher Innenausstattung machen und euch vielleicht sogar inspirieren lassen.
  • Ihr habt im Anschluss genug Zeit, um kritische Punkte zu klären und zu schauen, ob Abweichungen vom Standard wirklich in euer Budget passen. Wählt ihr die roten Dachziegel aus dem Standard oder für einen Aufpreis doch die anthrazitfarbenen Ziegel? Eine gute Frage auf dem Weg zur Einigung: "Wenn nicht jeder seine Idealvorstellung durchsetzen kann – was ist für uns beide ein guter Kompromiss?"

Es ist zwar ziemlich aufwändig, aber eine Vorbemusterung mit zwei verschiedenen Fertighaus-Anbietern kann dann den Ausschlag geben, mit welchem ihr am Ende bauen möchtet.

Werft außerdem unbedingt einen Blick in die Bauleistungsbeschreibung. Hier könnt ihr als Bauherren vor Vertragsabschluss prüfen, ob die im Preis enthaltene Ausstattung euch tatsächlich gefällt oder ob nachgebessert und draufgezahlt werden muss.

Noch ein Tipp: Macht bei der Vorbemusterung ganz viele Fotos. Die große Auswahlmöglichkeit kann einen schon mal erschlagen. So könnt ihr euch zuhause in Ruhe noch einmal mit euren gesammelten Eindrücken auseinandersetzen und euch besprechen.

Muss ich etwas zur Haus-Bemusterung mitbringen?

Für den Tag der Bemusterung müsst ihr manchmal schon etwas mitbringen. Informiert euch am besten direkt beim Fertighaus-Hersteller eurer Wahl. Manchmal ist es für die Planung zum Beispiel erforderlich, die Wasserqualität in den Leitungen auf dem Baugrundstück zu kennen. Also Wasserdruck, Wasserhärte und pH-Wert und manchmal auch der toc-Wert (total organic carbonic).

Falls ihr eine andere Firma mit den Elektroinstallationen im Haus beauftragt, solltet ihr spätestens zur Bemusterung die Installationspläne mit den geplanten Anschlüssen von zum Beispiel Steckdosen, Lichtschaltern, TV, Telefon oder Computer mitbringen.

Habt ihr euch bereits im Vorfeld für einen Kamin entschieden, solltet ihr für die Bemusterung die Maße und den Durchmesser von Anschlussrohren kennen und mitbringen.

Außerdem für euch wichtig: Bringt eure Notizen von der Vorbemusterung mit, inklusive aller Fragen die ihr noch habt. Je besser ihr vorbereitet seid, umso einfacher geht die Bemusterung vonstatten.

Sieben Tipps für die Bemusterung: So könnt ihr euch vorbereiten

Je besser ihr euch auf die Bemusterung vorbereitet, umso leichter wird es euch fallen, gut durchdachte Entscheidungen für euer zukünftiges Zuhause zu treffen. Florian Becker, Geschäftsführer des Bauherren-Schutzbundes und Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren haben deshalb ein paar weitere Tipps für alle, denen der große Tag der Bemusterung noch bevorsteht:

1. Bei der Bemusterung cool bleiben

"Wenn man vorher über die Ausstattung diskutiert hat, dann ist man sich einig, mit einer Standardausstattung zufrieden zu sein. Aber wenn man im Bemusterungszentrum steht und den Vergleich hat, erliegt man oft doch der Marketingstrategie des Anbieters", so Florian Becker. Deswegen: Cool bleiben, sich diszipliniert an die Planung halten und sich angesichts der vielen schönen Dinge nicht in eine Euphorie treiben lassen. Die würde womöglich eine Nachfinanzierung nötig machen.

Mann sitzt bei der Bemusterung in Badewanne
Reicht die Wanne oder soll es gleich ein Whirlpool sein? Bleibt bei der Bemusterung diszipliniert.

2. Finanzrahmen vorher abstecken

Jeder Baupartner, ob Architekt, Bauträger oder Hausanbieter, hat eine andere Strategie für die Kalkulation. Manche setzen einen besonders niedrigen Standard an, um mit Kampfpreisen zu locken, andere werben mit In­klusiv-Leistungen. Deswegen sollten Bauherren frühzeitig auf die gewünschten Baupartner zugehen und einen Vergleich machen, welche Ausstattung im Preis inbegriffen ist. Erst dann ist auch klar, wie viel das Haus tatsächlich kosten wird.

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Mann und Frau stehen vor einer Bemusterungs-Wand mit Schubladen
Die Qual der Wahl: Um im Bemusterungszentrum nicht die Übersicht zu verlieren, sollten sich Baupaare vorher über ihre Vorstellungen und den Finanzrahmen verständigen.

3. Budget für Sonderwünsche einplanen

Wenn Sonderwünsche drin sein müssen, ist es gut, dafür eine entsprechende Reserve einzuplanen. Wer zum Beispiel 4.000 Euro als frei verfügbare Summe vorgesehen hat, kann sich ohne schlechtes Gewissen ein schönes Highlight fürs neue Zuhause gönnen.

Und denkt dran: Alles, was nicht einfach abmontiert werden kann, wird euch die nächsten 20 oder 30 Jahre erhalten bleiben. Da lohnt es sich, zehn Minuten länger darüber nachzudenken, welcher Klinker, welcher Bodenbelag, welches Türmodell es sein soll.

Der Fokus der Beratung sollte deswegen auch auf den Produktvorteilen wie Haltbarkeit oder Pflegeintensität liegen, weniger auf dem Stil. Ein guter Rat von Eva Reinhold-Postina: "Was gerade aktuell und meist teuer ist, wird meist auch als erstes wieder unmodern."

4. Nicht nur auf Schönheit achten

Auf diesen Tipp legt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren außerdem großen Wert: "Achtet nicht nur aufs Design, sondern probiert Dinge aus! Bei manchen modernen Waschbecken fragt man sich, wie sich dort ein normaler Mensch die Achseln waschen soll, ohne das Bad unter Wasser zu setzen. Stellt euch vors Waschbecken und simuliert den Waschvorgang. Ein anderes Beispiel: WCs. Die sind heute oft sehr schmal. Setzt euch mal drauf und bleibt ein paar Minuten sitzen. Und legt euch in die Badewanne."

Zudem sollte man bei Produkten auch die Pflege beachten. Ein Beispiel: Die Bodenabläufe für ebene Duschen, die heutzutage fast zum Standard gehören, lassen sich oft nur säubern, indem man mit Wattestäbchen am Boden hantiert. Auch Kieselsteinböden sind zwar attraktiv, aber schwer zu reinigen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium: die Reparaturmöglichkeit. Bei Spiegelschränken mit LED-Leuchten etwa lassen sich LEDs manchmal nicht auswechseln. Geht die Lampe kaputt, muss der ganze Spiegel ausgetauscht werden.

5. Experten konsultieren

"Jeder möchte gesund wohnen", weiß Eva Reinhold-Postina. "Ob Baustoffe aber gesund sind, ist ohne Beratung kaum zu erkennen, insbesondere wenn sie aus mehreren Komponenten bestehen. Ist jemand in der Familie allergisch oder empfindlich gegen bestimmte Materialien? Dann vor der Bemusterung erst zum Arzt."

6. Bedürfnisse klären

Je früher Bauherren beginnen, sich darüber Klarheit zu verschaffen, was wirklich ihren Bedürfnissen entspricht, desto besser gelingt das Ergebnis. So kann es auch hilfreich sein, Ausschnitte aus Zeitschriften zu sammeln und Musterhauszentren, Bau- und Einrichtungsmärkte sowie Großhändler für Elektro- und Sanitärprodukte zu besuchen. Hier merken Partner auch schnell, ob sie sich einig sind oder nicht, und können Kompromisse finden.

Tipp: Konkrete Einrichtungsideen findet ihr zum Beispiel auch bei Pinterest. Legt euch dort einfach für jeden Raum – sei es Bad, Küche oder Wohnzimmer – eine Pinnwand an, wo ihr all eure Ideen und Vorlieben sammelt. So kristallisiert sich schnell heraus, wonach ihr schon bei der Vorbemusterung Ausschau halten könnt. Achtet dabei aber natürlich immer auch auf euren Budgetrahmen!

Frau schaut auf Tablet mit inspirativen Fotos
Wie sollen Küche, Schlafzimmer und Bad aussehen? Bringt eure Ideen in Form von Fotos zum Bemusterungstag mit.

7. Vorbemusterung bei verschiedenen Anbietern machen

Es ist völlig legitim, wenn ihr einen Vorbemusterungstermin bei zwei oder drei unterschiedlichen Herstellern wahrnehmt. So könnt ihr selbst Vergleiche bezüglich Auswahlmöglichkeiten und Kosten anstellen und bekommt auch schon einen ersten Eindruck vom Fertighaus-Hersteller.

Die Risiken bei der Bemusterung eines Hauses

Mal eben so die komplette Inneneinrichtung durchplanen, das dürfte den wenigsten von uns ohne Probleme gelingen. Zumal es bei der Bemusterung doch einige Fallstricke gibt.

Risiko Nr. 1: Der Überblick geht verloren

Bis zu 300 Details müsst ihr als Bauherren bei der Ausstattung eines Hauses entscheiden, von der Dachpfanne bis zur Küchenarmatur. Wer das ad hoc erledigen will, trifft selten die besten Entscheidungen.

Risiko Nr. 2: Der Finanzrahmen wird gesprengt

Die Verlockung, doch teurere Materialien als geplant auszuwählen, ist sehr groß. Wer ihr zu oft folgt, kann die Baukosten um mehrere Zehntausend Euro nach oben treiben.

Risiko Nr. 3: Die Partner streiten sich

Bei einem Hausbau wollen natürlich beide Partner das für sie Optimale planen – haben aber nicht unbedingt identische Wünsche. Hier geht es um tragfähige Kompromisse.

Unser Tipp: Ihr habt euch noch nicht für ein Haus entschieden und interessiert euch für ein schlüsselfertiges Haus? Dann schaut doch mal in unseren Artikel "Fertighaus bauen unter 150.000 Euro: Geht das auch schlüsselfertig?". Dort findet ihr tolle Beispielhäuser!

Bemusterung beim Architektenhaus

Bauherren, die mit einem Architekten bauen, haben es oft schwerer mit der Bemusterung, vor allem mit der Kostenkontrolle. Der Architekt legt bei der Ermittlung der Kosten zumeist Erfahrungswerte aus seinen bisherigen Bauvorhaben zugrunde. Die stimmen mit den Erwartungen und dem Geschmack der Bauherren nicht zwangsläufig überein. Beginnt dann die Bemusterungstour durch die verschiedenen Großhändler, treten diese Differenzen Stück für Stück zutage, was mehrere Wochen dauern kann.

Florian Becker vom Bauherren-Schutzbund: "Das Architektenhaus muss nicht automatisch teurer werden. Weil man aber viel mehr individuelle Möglichkeiten hat als beim schlüsselfertigen Bauen, besteht hier die erhöhte Gefahr, die Kontrolle über die Kosten zu verlieren." Wichtig also: Gleich zu Beginn der Planung detailliert besprechen, mit welchen Ziegeln, Fliesen, Schaltern oder Armaturen gerechnet wurde, und die Kalkulation bei abweichenden Vorstellungen entsprechend anpassen. Die Kosten für den Architekten richten sich übrigens nach der HOAI, der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.

Quellen: Verband privater Bauherren, Bauherren Schutzbund

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