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Stimmt es, dass es 2023 schwieriger wird, einen Baukredit zu bekommen?

Eine Baufinanzierung zu erhalten wird 2023 schwieriger als in der Vergangenheit. Welche Faktoren die Vergabe eines Baukredites beeinflussen und wie diese zu beurteilen sind, darüber sprachen wir mit einem Experten.

Ob es die Inflation ist, die gestiegenen Bauzinsen oder auch die Explosion bei den Baupreisen – es gibt viele Faktoren, die neben der eigenen Bonität noch die Vergabe eines Baukredites beeinflussen.

Doch während in der Vergangenheit diese Kriterien kaum eine Rolle spielten, ist ihr Einfluss 2023 bei der Baufinanzierung viel, viel größer.

Mann hält im Vordergrund einen Energieausweis in der Hand, im Hintergrund ein Haus.
Der energetische Zustand eines Hauses wird künftig ein wichtiges Kriterium bei der Baufinanzierung sein.

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Baukredit 2023: Kritische Betrachtung der Energiekennzahlen

Kai-Uwe Kochalski ist Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Vertrieb Kredite bei der PSD Bank Rhein-Ruhr eG in Düsseldorf. Er kennt den Baufinanzierungs-Markt ganz genau und weiß, wie sich 2023 die Kriterien für eine Baufinanzierung verändert haben. "Das gilt ganz besonders in Bezug auf den energetischen Zustand einer Immobilie", so Kochalski.

Der Experte weiß, dass Banken den Energieverbrauch eines Hauses oder einer Wohnung noch genauer als sonst unter die Lupe nehmen. Und die Immobilie dann entsprechend bewerten. Für den Kauf eines Hauses mit guten Energie-Kennzahlen kann es dann unter Umständen bessere Darlehenskonditionen geben als für einen Energiefresser. Der Banker weist in diesem Zusammenhang auch auf die Nachrüstpflichten hin, die so mancher Käufer gar nicht kennt, die eine Bank aber schon in ihre Bewertung einfließen lässt.

Gesetzliche Vorgaben als Einflussfaktor bei der Baufinanzierung 2023

Auch andere gesetzliche Vorgaben wie zum Beispiel die Solarpflicht oder das Gebäudeenergiegesetz beeinflussen die Bautätigkeit – und damit auch die Vergabe von Baukrediten. "Auch andere politische Vorgaben wie zum Beispiel die Förderung des Geschosswohnungsbaus haben direkte Auswirkungen, zum Beispiel auf die Grundstückspreise", erklärt Kochalski.

Banken stellt das bei der Vergabe von Baukrediten vor eine große Herausforderung. Denn sie müssen die Umsetzung dieser Vorgaben vor dem Hintergrund steigender Energie- und Baupreise, den unterbrochenen Lieferketten und dem Fachkräftemangel beurteilen – und gegebenenfalls auch einpreisen. Kochalski: "Diese Dynamik auf alle Bereiche des Immobilienmarktes zu übertragen ist so gut wie unmöglich. Das zeigt allein schon das Hin und Her bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude".

Kai-Uwe Kochalski ist Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Vertrieb Kredite bei der PSD Bank Rhein-Ruhr eG. Kochalski war auch viele Jahre als Dozent und Trainer für Baufinanzierungen, Kredite, Verkauf und Vertrieb an der Akademie Rheinischer Genossenschaften tätig. Foto: privat

Immobilienfinanzierungen 2023: Dramatischer Rückgang

Steigende Bauzinsen und Baupreise, gleichzeitig ein Stillstand der Immobilienpreise auf hohem Niveau – das hat gleich zwei Effekte. Zum einen überlegen sich Kreditnehmer sehr genau, ob sie zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt bauen oder kaufen. Zum anderen müssen die Banken allein schon aufgrund der Wohnimmobilienkreditrichtline ihre Kunden noch genauer unter die Lupe nehmen.

Die Folge: Ein dramatischer Einbruch bei den Hypothekendarlehen. So hat sich nach einer Untersuchung der Firma Barkow Consulting das Volumen der neuen deutschen Hypothekenkredite im Februar 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat mehr als halbiert. 

Die Firma ist nach eigener Aussage Deutschlands führender Full-Service Research-Dienstleister für den Finanzsektor. Der Rückgang um über 54 % ist demnach der höchste seit Beginn der Aufzeichnungen. Für März erwarten die Experten sogar ein noch höheres Defizit.

Kreditvergabe 2023: So prüfen die Banken

Ob Bau- oder Finanzpolitik, ob Energiepreise, Inflation oder Ukraine-Krieg – Kochalski und seine Kollegen setzen sich mit all diesen Themen auseinander, sind sie doch relevant für die Kreditvergabe. "Wir als Bank", weiß Kochalski, "müssen uns natürlich auch refinanzieren." Deshalb erheben die Banker auch mehr Daten als früher, "wie gesagt, vor allem im energetischen Bereich".

Neben solchen, noch eher "weichen" Kriterien gibt es aber auch konkrete aufsichtsrechtliche Vorgaben. Da wären zum einen die EBA-Guidelines, die Leitlinien für Kreditvergabe und -überwachung durch die European Bank Authority und die MARisk, die Mindestanforderungen für das Risikomanagement der Banken. Kochalski: "Diese Richtlinien stehen zur Umsetzung an und werden den Banken mehr Vorgaben machen, die Risiken reduzieren und eine Risikofrüherkennung verbessern sollen. Zudem sollen Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden."

Im Rahmen der Bonitätsprüfung schmälert das das zur Verfügung stehende Einkommen. Und auch Finanzierungen ohne Eigenkapital oder gar 110-Prozent-Finanzierungen werden 2023 deutlich kritischer gesehen und seltener bewilligt. Wer diesen Weg trotzdem gehen will, muss mit einem höheren Darlehenszins rechnen, zumindest aber die Tilgung höher als üblich ansetzen. Und auch die eigene Immobilie als Sicherheit zu hinterlegen ist nicht mehr das Pfund, das es einmal war.

Baukredit 2023: Die ersten Banken steigen aus

Nach Kochalskis Beobachtung haben sich die ersten Banken bereits aus dem Geschäft mit der Baufinanzierung verabschiedet. Das geht zum einen über brutal schlechte Konditionen und über knallharte Vorgaben beim Haushaltseinkommen. Oder aber auch durch ganz bewussten Rückzug aus dem Markt. "Es ist festzustellen", bilanziert Kochalski, "dass sich der Markt verengt." Weniger Baufinanzierungs-Anbieter bedeutet für die Kreditnehmer weniger Auswahl und damit auch eine Verschärfung der Konditionen.

Gleichzeitig bemerkt der Experte auch einen Wandel der Käufermentalität. "Längst nicht mehr jede Immobilie wird derzeit gekauft." Die Käufer gehen selektiver vor und reagieren damit auf die Veränderungen. Und das ändert wiederum die Art der Finanzierung. "Das Geschäft mit Neubau- und Kauffinanzierungen wird zurückgehen, der Modernisierungskredit dagegen ist stark im Kommen", konstatiert Kochalski.

Fazit: Lohnt sich ein Immobilienkredit 2023?

Die eigene Immobilie ist immer noch ein Traum, der sich verwirklichen lässt – wenn auch in einem schwierigeren Umfeld. Wohnraum ist nach wie vor gefragt und wird dringend benötigt, die Baugenehmigungen sind dagegen rückläufig.

Wer sein Traumhaus gefunden hat, muss mehr denn je seine finanziellen Möglichkeiten gründlich prüfen. Wir helfen euch hier mit der Checkliste für die Immobilienfinanzierung. Ein entscheidender Punkt, den auch die Banken zunehmend kritischer bewerten, ist dabei die Frage nach dem Eigenkapital.

Zinschart: Entwicklung der Bauzinsen von 2003 bis Februar 2023.

Ganz wichtig ist auch, die Entwicklung der Bauzinsen genauestens zu beobachten. Nach dem rasanten Anstieg seit 2022 gab es im Februar 2022 eine erste kleine Delle. Die einen sehen darin eine Stabilisierung, andere gehen weiterhin von moderaten Zinssteigerungen aus. Wie sich das Zinsumfeld entwickelt, erfährst du ständig aktualisiert über unsere Bauzins-Ticker: Aktuelle Preise und Prognosen.

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