Seit 2016 ist die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WoKri) in Kraft. Sie regelt, unter welchen Bedingungen Antragsteller einen Kredit erhalten und soll Darlehensnehmer vor einer zu hohen Verschuldung schützen. Alles, was ihr über die Wohnimmobilienkreditrichtlinie wissen müsst.
Wer sich den Traum vom Eigenheim erfüllen will, hat das notwendige Budget in der Regel nicht auf der hohen Kante und ist auf eine Baufinanzierung angewiesen. Doch seit Inkrafttreten der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist es für potenzielle Darlehensnehmer gar nicht mehr so einfach, einen Kredit zu erhalten. Besonders für junge Familien und Rentner haben sich die Chancen verringert. Wir klären die wichtigsten Fragen rund um die Wohnimmobilienkreditrichtlinie.
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Was ist die Wohnimmobilienkreditrichtlinie?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, kurz WoKri, ist eine EU-Richtlinie, die den Verbraucherschutz bei der Vergabe von Krediten stärken soll. Im März 2016 hat die Bundesregierung die Richtlinie mit dem "Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften" in Kraft gesetzt.
Die Richtlinie ist seither in verschiedenen Gesetzesbüchern und Verordnungen verankert, zum Beispiel im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Kreditwesengesetz (KWG), in der Gewerbeordnung (GewO) sowie in der Preisangabenverordnung (PAngV).
Ziel der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist es, Immobilienkäufer oder Bauherren davor zu schützen, sich mit einem Kredit zu übernehmen. Zentrale Bestimmungen sind daher eine strengere Kreditwürdigkeitsprüfung mit einer zuverlässigen Einkommensprognose und eine verschärfte Beratungspflicht durch die Banken.
Neue Leitlinien zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobiliendarlehen
Weil die Wohnimmobilienkreditrichtlinie vor allem jungen Familien und Rentnern die Darlehensaufnahme erschwert hat, wurde der Gesetzestext 2017 entschärft. Seit Juni 2018 gelten die neuen "Leitlinien zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobiliendarlehen". Sie sehen folgende Änderungen vor:
Anders als bislang gilt in bestimmten Konstellationen der Immobilienwert und nicht länger die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller als Hauptkriterium, um die Kreditwürdigkeit einzuschätzen.
Bei einer Anschlussfinanzierung bei der Hausbank muss die Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers nicht erneut geprüft werden.
Für wen gilt die Wohnimmobilienkreditrichtlinie?
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie gilt grundsätzlich für alle Immobilienkredite. Allerdings macht es einen Unterschied, ob ihr ein Haus kaufen oder nur sanieren wollt. Während die Prüfung der Kreditwürdigkeit bei hohen Darlehenssummen strengeren Auflagen unterliegt, ist der Anforderungskatalog bei Kleinkrediten kurz.
Relevant ist dabei in der Regel ausschließlich der Immobilienwert, vorausgesetzt, er übersteigt die Kosten der finanzierten Maßnahmen. Mit dieser Anpassung schützt das Gesetz insbesondere ältere Menschen, die zuvor aufgrund ihres Alters Schwierigkeiten hatten, Darlehen für eine altersgerechte Sanierung zu erhalten.
Eine Prolongation, also eine Anschlussfinanzierung bei der Hausbank nach Ablauf der Sollzinsbindung, fällt nicht unter die WoKri. Bei einer Umschuldung wiederum prüft die Bank die Schuldentragfähigkeit bei Neukunden.
Was bedeutet die Wohnimmobilienkreditrichtlinie für die Kreditvergabe?
Seit Inkrafttreten der Wohnimmobilienkreditrichtlinie müssen Banken ihre Kunden umfassender als zuvor über Darlehen und die damit verbundenen Risiken aufklären. Sämtliche Klauseln im Kreditvertrag gilt es zu erläutern.
Bei fehlerhafter oder unzureichender Beratung können Kreditinstitute haftbar gemacht werden. Unter anderem können Bankkunden im Fall einer Falschberatung vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Das heißt, sie können ihren Vertrag vorzeitig kündigen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen.
Eine weitere Konsequenz der WoKri für die Kreditvergabe: Banken nehmen die finanzielle Situation der Kreditnehmer genau unter die Lupe. Dabei prüfen Banken nicht nur das aktuelle Vermögen und Einkommen, sondern auch die mögliche Entwicklung der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Das heißt, bei der Kreditvergabe wird auch berücksichtigt, ob ein Darlehensnehmer seine Raten auch dann weiterzahlen kann, wenn sich die Lebensumstände ändern. Zum Beispiel im Fall einer Scheidung, bei Renteneintritt oder einem Jobwechsel. Lest dazu auch diesen Artikel: Bonitätsprüfung: Wie Banken vor der Baufinanzierung eure Bonität prüfen
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Worauf achten Banken bei der Kreditvergabe?
Eine eingehende Kreditwürdigkeitsprüfung gehört zum klassischen Prozedere, wenn man ein Darlehen aufnehmen will. Auch schon vor Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie war eine Bonitätsklärung üblich. Schließlich soll sichergestellt sein, dass der Darlehensnehmer seine Raten über die vorgesehene Laufzeit zurückzahlen kann.
Dafür fordern Banken zunächst eine Reihe von Unterlagen an, die unter anderem das Einkommen und die aktuelle finanzielle Situation widerspiegeln. Dazu gehören:
Selbstauskunft
Gehaltsnachweise
letzter Einkommensteuerbescheid
aktueller Rentenbescheid
Nachweise über weitere Kredite
Nachweise zu Unterhaltsleistungen
Informationen zur Immobilie
Darüber hinaus prüfen Kreditinstitute die Lebenssituation: Kann der Antragsteller den Kredit auch unter erschwerten Bedingungen zurückzahlen? Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
Familienplanung: Plant der Antragsteller, eine Familie zu gründen, so dass mit Verdienstausfällen zu rechnen ist?
Alter: Ist der Kreditnehmer in der Lage, den Kredit bis Laufzeitende zurückzuzahlen?
Beruf: In welcher Branche ist der Antragsteller tätig? Ist mit Einkommensschwankungen zu rechnen?
Immobilienwert: Wie ist der aktuelle Immobilienwert und wie entwickelt dieser sich voraussichtlich?
Absicherung: Wie hoch fällt die Rente des Antragstellers aus? Gibt es eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
In der ersten Fassung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie standen besonders die Entscheidungsfaktoren "Familienplanung" und "Alter" in der Kritik. Seit den Änderungen im Jahr 2017 wird der Immobilienwert als Hauptkriterium herangezogen.
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Wer hat durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie weniger Chancen auf einen Kredit?
Besonders drei Bevölkerungsgruppen haben es seit Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie tendenziell schwerer, einen Kredit zu erhalten:
Paare, deren Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist
Rentner oder ältere Menschen
EU-Bürger, die ihr Gehalt nicht in Euro erhalten
Banken prüfen neben dem finanziellen Ist-Zustand sehr genau, wie sich die Bonität des Antragstellers verändern könnte. Mögliche Szenarien wären, dass ein Verdienst durch Elternzeit wegfällt oder der Kreditnehmer vor der vollständigen Tilgung in Rente geht oder verstirbt. Grundsätzlich hat sich die Situation für junge Paare und Rentner seit 2017 insofern entschärft, als dass der Immobilienwert seitdem wichtiger ist als die genannten Faktoren.
Übrigens: De facto gibt es keine Altersgrenze für Kredite. Die Praxis zeigt aber, dass die meisten Banken ungern Darlehen an Personen vergeben, die älter als 75 Jahre sind.
Kritisch ist die Kreditvergabe nach wie vor für alle, die ihr Gehalt nicht in Euro erhalten. In diesem Fall tragen die Banken nämlich ein Wechselkursrisiko. Verschiebt sich der Wechselkurs von Euro in die Heimatwährung um mehr als 20 Prozent, würde das Darlehen zum Fremdwährungskredit. Das heißt, der Kreditnehmer hat das Recht, sein Darlehen in die Heimatwährung umzuwandeln.