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Grundsteuerbescheid prüfen: Wann lohnt sich ein Einspruch?

Wer seine Grundsteuererklärung abgegeben hat, wartet jetzt gespannt auf Rückmeldung vom Finanzamt. Sobald eure Daten geprüft wurden, bekommt ihr üblicherweise in einem Brief zwei Schreiben. Was genau drin steht, wie ihr die Grundsteuerbescheide richtig lest und wie ihr Einspruch einlegen könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel. 

Den tatsächlichen Grundsteuerbescheid über die neue Grundsteuer ab 2025 erhaltet ihr übrigens erst 2024 in einem dritten Schreiben vom Finanzamt. 

Achtung: Die Informationen in diesem Artikel beziehen sich auf alle Bundesländer, in denen das Bundesmodell gilt. In Baden- Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Hessen und Hamburg kann das Bescheidverfahren abweichen. 

Grundsteuerbescheid prüfen: Wann kommen die Briefe vom Finanzamt?

In den Bundesländern, in denen das Bundesmodell gilt, bekommt ihr insgesamt drei Schreiben zur Grundsteuer:

  1. Bescheid über den Grundsteuerwert: kommt in der Regel wenige Wochen nach Abgabe der Grundsteuererklärung vom Finanzamt
  2. Bescheid über den Grundsteuermessbetrag: kommt üblicherweise zusammen mit dem Grundsteuerwertbescheid vom Finanzamt
  3. Grundsteuerbescheid: kommt 2024 von der zuständigen Gemeinde oder Stadt

Erst im dritten Schreiben steht, wie viel Grundsteuer ihr ab 2025 tatsächlich zahlen müsst.

Ausnahmen: In Hessen erhaltet ihr nur zwei Schreiben, nämlich den Grundsteuermessbescheid und 2024 den Grundsteuerbescheid. In Bayern, Hamburg und Niedersachsen kommt anstelle des Grundsteuerwertbescheids ein Bescheid über die Grundsteueräquivalenzbeträge. Details zu den Grundsteuer-Regelungen in den einzelnen Bundesländern fassen wir euch hier zusammen.

Was bedeutet der Grundsteuerwertbescheid?

Der Grundsteuerwert ersetzt ab 2025 den aktuellen Einheitswert und ist somit die Basis für die neue Grundsteuer. Er bildet vereinfacht den Wert eures Grundstücks ab. Je höher dieser ist, desto höher ist eure künftige Steuerlast auf Haus und Grund. Deshalb solltet ihr diesen Bescheid genau prüfen und im Zweifelsfall Einspruch einlegen. 

Details zum Grundsteuerwert und wie die Grundsteuer damit ab 2025 berechnet wird, erklären wir hier. Steuerbeispiele für ein Einfamilienhaus in den verschiedenen Bundesländern gibt es in diesem Ratgeber: Grundsteuer fürs Einfamilienhaus: So viel müsst ihr zahlen

In drei Bundesländern, in denen der Grundsteuerwert keine Rolle spielt – Bayern, Hamburg und Niedersachsen – kommen stattdessen Grundsteueräquivalenzbeträge zum Tragen. Diese Äquivalenzzahlen sind reine Rechengrößen ohne Wertbezug. Auch hier solltet ihr genau hinschauen, die Überprüfung ist aber deutlich simpler als beim Grundsteuerwertbescheid.

Was sagt der Grundsteuermessbescheid aus? 

Der Grundsteuermessbescheid kommt in der Regel zusammen mit dem Grundsteuerwertbescheid von eurem Finanzamt. Der Grundsteuermessbetrag dient vereinfacht dazu, den Grundsteuerwert in eine sinnvolle Größe umzurechnen. So wird der Grundsteuerwert beispielsweise bei Wohngebäuden mit 0,31 Promille multipliziert. Daraus ergibt sich ein Grundsteuermessbetrag, der häufig zwischen 30 und 100 Euro liegt. 

Für die tatsächliche Grundsteuer ab 2025, über die ihr erst 2024 informiert werdet, wird der Steuermessbetrag dann noch mit dem Gemeinde-Hebesatz multipliziert. 

Alle Details zum Grundsteuermessbetrag könnt ihr hier nachlesen.

Wie lese ich die Grundsteuerbescheide vom Finanzamt richtig?

Sobald ihr eure Grundsteuererklärung eingereicht habt, erhaltet ihr vom Finanzamt vorerst zwei Bescheide. Diese Grundsteuerbescheide solltet ihr genau prüfen. Denn nur jetzt ist ein Einspruch möglich. Wir erklären euch, wie ihr den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid richtig lest.

1. Grundsteuerwertbescheid prüfen

Der Grundsteuerwertbescheid hat zwei Abschnitte. In Abschnitt A stehen alle für die Grundsteuer relevanten Grundstücksdaten und am Ende das Ergebnis: euer Grundsteuerwert. Diese Zahl ist häufig sehr hoch, deutlich höher als ihr es vom bisherigen Einheitswert gewohnt seid. Aber keine Bange: Das ist noch nicht eure Grundsteuer, die ihr ab 2025 zahlen müsst. Deren Berechnung erfolgt erst noch. Prüft in Abschnitt A, ob die Daten zu eurem Grundstück korrekt sind. 

In Abschnitt B geht es ans Eingemachte. Hier wird genau aufgeschlüsselt, wie euer Grundsteuerwert berechnet wird. Prüft zunächst, ob eure Daten aus der Grundsteuererklärung richtig übernommen wurden und korrekt sind. Konkret sind das:

Alles korrekt? Dann seid ihr schon mal auf der sicheren Seite. Wer es ganz genau wissen will, kann im Anschluss noch die ausführliche Berechnung nachvollziehen und checken. Das ist allerdings etwas komplexer. Als Hilfestellung geben wir euch im Folgenden Hinweise zu den wichtigsten Faktoren:

  • Liegenschaftszinssatz für das Grundstück: Die korrekte Höhe könnt ihr in § 256 Bewertungsgesetz (BewG) nachlesen 
  • Restnutzungsdauer des Gebäudes: Sie errechnet sich aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (in der Regel 80 Jahre) minus dem Gebäudealter. Die Restnutzungsdauer beträgt mindestens 24 Jahre.
  • Roherträge: Der Rohertrag für eine Wohnung entspricht zwölf statistischen Nettokaltmieten. Eine entsprechende Tabelle hierfür findet ihr in Anlage 39 BewG. Auch für Garagen werden Roherträge berechnet. Hierfür werden 35 Euro pro Garage und Monat herangezogen und diese mit der Mietnieveaustufe (s. Tabelle in Anlage 39 BewG) verrechnet. Alle Roherträge für Wohnung und Garagen zusammen ergeben den Rohertrag für das Grundstück.
  • Reinertrag des Grundstücks: Hierfür werden vom Rohertrag für das Grundstück die Bewirtschaftungskosten abgezogen. Wie hoch diese ausfallen, könnt ihr in Anlage 40 BewG nachlesen.
  • Kapitalisierter Reinertrag des Grundstücks: Dieser Wert ergibt sich aus dem Reinertrag des Grundstücks multipliziert mit dem Vervielfältiger (aus Anlage 37 BewG).
  • Umrechnungskoeffizient: Dieser Wert hängt von der Grundstücksgröße ab und ist in Anlage 36 BewG zu finden.
  • Abzinsungsfaktor: Diesen Faktor könnt ihr mithilfe der Tabelle in Anlage 41 BewG überprüfen.
  • Abgezinster Bodenwert: Dieser Wert berechnet sich aus der Grundstücksfläche x Bodenrichtwert x Umrechnungskoeffizient x Abzinsungsfaktor. 
  • Grundsteuerwert: Der Grundsteuerwert ist die Summe aus dem kapitalisierten Reinertrag des Grundstücks und dem abgezinsten Bodenwert.

2. Grundsteuermessbescheid prüfen

Der Grundsteuermessbescheid kommt in den meisten Bundesländern zusammen mit dem Grundsteuerwertbescheid und ist vergleichsweise einfach zu überprüfen. Hier wird der Grundsteuerwert, also das Ergebnis aus dem ersten Schreiben, mit der Steuermesszahl multipliziert – heraus kommt der Grundsteuermessbetrag (auch Steuermessbetrag). Checkt hier, ob beide Zahlen korrekt sind. 

Die Steuermesszahl beträgt im Bundesmodell 0,31 Promille für bebaute Wohngrundstücke und 0,34 Promille für unbebaute Grundstücke. Bei staatlich gefördertem Wohnraum oder Denkmalschutz kommen Abzüge zum Tragen. 

Ausnahmen: In Sachsen gelten 0,36 Promille für unbebaute und bebaute Wohngrundstücke, in Saarland 0,34 Promille für bebaute Grundstücke zu Wohnzwecken sowie 0,64 Promille für unbebaute Grundstücke. 

In Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen, wo Ländermodelle umgesetzt wurden, gibt es Sonderregelungen.  

Wann sollte ich Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid einlegen?

Grundsätzlich gilt: Sobald ihr einen Fehler in einem der Bescheide findet, solltet ihr Einspruch einlegen – egal, ob das Finanzamt gepfuscht oder ihr euch schon bei der Erstellung eurer Grundsteuererklärung vertan habt. Ungenauigkeiten, zum Beispiel bei der Wohnfläche, können im Zweifelsfall teuer werden.  

Achtet also beim Prüfen der Grundsteuerbescheide besonders auf falsche Grundstücksdaten, ebenso wie auf Rechenfehler. Auch wichtig: Ist die Steuermesszahl korrekt? Wurden Abzüge berücksichtigt, weil es sich beispielsweise um einen sozialen Wohnbau handelt? Kommt euch der Bodenrichtwert merkwürdig vor? Nehmt alle Werte genau unter die Lupe.

Mehr zum Bodenrichtwert und wie er ermittelt wird, lest ihr hier.

Vorsicht: Ein Einspruch birgt immer das Risiko einer Verböserung. Das Finanzamt wird eure Daten noch einmal auf Herz und Nieren prüfen und möglicherweise müsst ihr dann mehr zahlen. Grundsätzlich dürft ihr in einem solchen Fall den Einspruch zurückziehen. Unnötigen Ärger habt ihr damit trotzdem.

Neue Grundsteuer verfassungswidrig: Verbände raten zum Einspruch

Der Steuerzahlerbund und der Eigentümerverband Haus & Grund raten Eigentümern in allen Bundesländern, wo das Bundesmodell angewendet wird, zu einem Einspruch. In fünf Bundesländern wollen sie mit Musterklagen vor Gericht ziehen. Der Grund: Das Bundesmodell ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten von Steuerrechtler Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Die Verfassungsmäßigkeit zweifelt er aus fünf Gründen an:

  1. Die Bewertung orientiert sich zu stark an der Einkommensteuer.

  2. Die Bodenrichtwerte sind nicht vergleichbar.

  3. Einige Parameter zur Berechnung der Grundsteuer sind nicht folgerichtig und verletzen das Grundgesetz.

  4. Individuelle Umstände finden keine Berücksichtigung.

  5. Die tatsächliche Steuerlast steht noch gar nicht fest.

Unterm Strich sei das Bundesmodell zu intransparent, kompliziert und ungerecht. Der Appell des Gutachters und der Verbände: Das Grundsteuersystem sollte durch klare und einfach anwendbare Landesgesetze wie in Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen ersetzt werden.

Wie lege ich Einspruch gegen die Grundsteuerbescheide ein?

Ihr könnt grundsätzlich gegen beide Grundsteuerbescheide – Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheid – Einspruch einlegen. Dafür habt ihr einen Monat Zeit. Die Frist beginnt drei Tage nach dem Datum, das auf dem Schreiben vom Finanzamt steht. Der Einspruch muss schriftlich erfolgen, üblicherweise per Brief oder Fax. Hat das Finanzamt auf dem Steuerbescheid eine Email-Adresse angegeben, könnt ihr in der Regel auch per Mail Widerspruch einlegen. 

Folgende Angaben sind dabei obligatorisch:

  • Name und Anschrift des Steuerzahlers
  • Steuernummer 
  • Aktenzeichen
  • Name und Anschrift des Finanzamtes
  • Betreff: Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid vom (Datum des Bescheides)
  • Angabe der betreffenden Immobilie oder des Grundstücks
  • Gründe für den Einspruch
  • Unterschrift

Achtung: Gegen den eigentlichen Grundsteuerbescheid, der euch 2024 zukommt, könnt ihr keinen Einspruch einlegen. 

Wie geht es nach dem Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid weiter?

Wenn ihr Einspruch eingelegt habt, prüft das Finanzamt euren Grundsteuerbescheid erneut. Anschließend gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Das Finanzamt fordert für die Prüfung weitere Angaben oder Unterlagen von euch.
  • Das Finanzamt stimmt eurem Einspruch zu und stellt einen neuen Grundsteuerbescheid aus.
  • Euer Einspruch wird abgelehnt, weil das Finanzamt keinen Fehler findet. Ihr werdet aufgefordert, den Einspruch zurückzunehmen. Wenn ihr damit nicht einverstanden seid, prüft die Rechtsbehelfsstelle den Vorgang erneut. Kommt es zu keiner Einigung, ergeht eine Einspruchsentscheidung. Im Extremfall geht das Ganze vor Gericht. 
  • Das Finanzamt stellt einen neuen Grundsteuerbescheid aus, der belastender für euch ausfällt als der ursprüngliche. Im Falle einer solchen Verböserung könnt ihr den Einspruch zurücknehmen. 

Was passiert, wenn ich gegen die Grundsteuerbescheide keinen Einspruch einlege?

Wenn ihr gegen den Grundsteuerwert- oder Grundsteuermessbescheid keinen Einspruch einlegt beziehungsweise die Frist verpasst, werden sie bestandskräftig. Das bedeutet, ihr müsst die neue Grundsteuer, die sich daraus ergibt, ab 2025 zahlen – auch wenn der Wert auf falschen Daten basiert. Anfechten könnt ihr die Grundsteuer dann nicht mehr. 

Hinweis: Die Ausführungen in diesem Artikel stellen keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Für die Richtigkeit können wir keine rechtliche Gewähr übernehmen.

Ihr seid Vermieter? Dann lest hier, wie ihr die Grundsteuer auf eure Mieter umgelegen könnt

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