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Hinterlüftete Fassade: Welche Vorteile und Nachteile hat eine vorgehängte Fassade?

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Eva Dorothée Schmid

Eine hinterlüftete Fassade ist eine Alternative zum beliebten Wärmedämmverbundsystem, das unmittelbar auf die Wand geklebt und verputzt oder verkleidet wird. Die genaue Bezeichnung ist "vorgehängte hinterlüftete Fassade", abgekürzt auch VHF. Sie wird aber auch als hinterlüftete Fassade oder vorgehängte Fassade bezeichnet.

Warum eine hinterlüftete Fassade?

Die hinterlüftete Fassade ermöglicht eine Vielzahl von gestalterischen Möglichkeiten. Ihr könnt sie auch auf schon vorhandenem Mauerwerk montieren – wie, lest ihr weiter unten. Doch was macht diese spezielle Fassade eigentlich aus? Dank der Hinterlüftung gibt es eine klare Trennung zwischen der Fassade und der Wärmedämmung. So bleibt die Wärmedämmung trocken und damit dauerhaft funktionsfähig. Die verwendete Unterkonstruktion der vorgehängten hinterlüfteten Fassade ist quasi das direkte Bindeglied zur tragenden Wand.

Wie sehen Aufbau und Funktionsweise einer hinterlüfteten Fassade aus?

Bei einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade wird die Fassadenbekleidung nicht direkt auf das Mauerwerk aufgebracht, sondern auf eine Unterkonstruktion montiert. Dadurch sind Dämmung – und damit der Feuchte, Wärme-, Schall- und Brandschutz – und die Verkleidung, die Schutz vor der Witterung bietet, konstruktiv voneinander getrennt. Zwischen den beiden Komponenten entsteht auf diese Weise eine Luftschicht. Diese kann den Feuchtehaushalt im Baukörper regeln.

Ein klassischer Aufbau einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade von außen nach innen wäre beispielsweise:

  1. Fassadenverkleidung mit Lattung
  2. Luftschicht
  3. senkrechte Lattung in Luft- und Dämmebene
  4. Leichtbauwand

Eine VHF könnt ihr aber ebenso an massiven Wänden befestigen.

Vorgehängte Fassade

Welche Vorteile hat eine vorgehängte hinterlüftete Fassade?

Der größte Vorteil einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade ist ihre optische Gestaltungsmöglichkeit. Durch die Konstruktion könnt ihr für die Fassade die unterschiedlichsten Materialien einsetzen, wie beispielsweise Holzschindeln, Metallbleche, Naturstein oder Milchglas. Selbst ausgefallene Bekleidungen lassen sich dadurch umsetzen, die mit einer herkömmlichen Fassade nicht machbar wären. Zum Beispiel Photovoltaik-Elemente, eine Medienfassade oder eine Fassadenbegrünung.

Ihr wollt mehr erfahren zum Thema Fassadenverkleidung? Dann empfehlen wir euch unseren Ratgeber "Fassadenverkleidung: Welche Fassade ist die beste?"

Zudem kann eine VHF sehr gut für die energetische Sanierung eingesetzt werden. Sie ist auch für Bestandswände mit Feuchteproblematik geeignet. Ein weiterer großer Vorteil des Aufbaus liegt in seiner Nachhaltigkeit: Die Fassade lässt sich am Ende ihrer Lebensdauer geordnet zurückbauen und sortenrein trennen.

Durch die konstruktive Trennung von Wärme- und Witterungsschutz ist eine VHF deutlich weniger schadensanfällig als andere Fassadensysteme. Zudem können individuelle Anforderungen zum Beispiel an den Brand-, Schall- oder Blitzschutz problemlos umgesetzt werden, ohne die Gestaltung negativ zu beeinflussen.

Welche Nachteile hat eine vorgehängte hinterlüftete Fassade?

Neben diesen Vorteilen hat die vorgehängte hinterlüftete Fassade aber auch Nachteile:

  • Sie ist teurer als beispielsweise ein Wärmeverbundsystem. Dieser Nachteil wird allerdings dadurch ausgeglichen, dass die Lebensdauer hoch und der Wartungs- und Instandhaltungsaufwand gering sind.
  • Sie benötigt mehr Platz.
  • Sie kann nur an einer tragfähigen Wand angebracht werden, was aber in der Regel kein Problem ist.

Welche Dämmung gibt es für eine vorgehängte Fassade?

Die Dämmschicht sollte bei einer energetischen Sanierung nach der Empfehlung des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) 12 bis 16 Zentimeter dick sein. Bei einem Neubau sind es in der Regel mindestens 20 Zentimeter. Grundsätzlich habt ihr bei einer vorgehängten Fassade die Auswahl zwischen verschiedenen Dämmstoffen.

Am häufigsten wird Mineralwolle verwendet, gleich gefolgt von Holzfaser. Auch günstige Zellulose kann genutzt werden.

Hier eine kurze Übersicht über die verschiedenen Dämmstoffe:

  • Mineralwolle (Glaswolle oder Steinwolle): Ist gegen Schimmel und Ungeziefer resistent und bietet im Sommer einen sehr guten Wärmeschutz.
  • Holzfaser: Bietet neben dem Wärme- auch einen guten Schallschutz. Zudem handelt es sich dabei um einen ökologischen Dämmstoff. Allerdings ist Holzfaser teuer.
  • Zellulose: Hat eine etwas schlechtere Dämmwirkung als Holzfaser und Mineralwolle, ist dafür aber sehr günstig. Zellulose wird mit einer Einblasdämmung genutzt und ist ebenfalls ein ökologischer Dämmstoff.

Welche Fassadenverkleidungen gibt es für die hinterlüftete vorgehängte Fassade?

Bei einer vorgehängten Fassade könnt ihr zahlreiche verschiedene Materialien für die Fassadenverkleidung wählen, die sich natürlich auch im Preis ganz erheblich unterscheiden. Hier ein kleiner Überblick über die Möglichkeiten:

  • Holzverkleidung als Schalung
  • Holzschindeln
  • Schieferplatten
  • Steinplatten (Marmor etc.)
  • asbestfreie Faserzementplatten (Hersteller zum Beispiel Eternit, James Hardie)
  • Kupfer
  • keramische Platten
  • Zinktafeln
  • Aluminiumplatten
  • Kunststoffe und Polymere (zum Beispiel Fiberyl, Hersteller Keralit oder Polymerverkleidung von Novik)

Was kostet eine hinterlüftete Fassade?

Die Kosten für eine hinterlüftete, vorgehängte Fassade sind natürlich davon abhängig, welches Material ihr wählt. So ist eine Unterkonstruktion aus Edelstahl beispielsweise teurer als eine Konstruktion aus Holz oder Aluminium. Genauso gestaltet es sich mit dem Material für die vorgehängte Fassade.

Auch die Wahl des Dämmstoffes beeinflusst die Kosten für eine hinterlüftete Fassade. Allgemein lässt sich aber sagen, dass der Quadratmeterpreis für die hinterlüftete Fassade bei etwa 175 Euro pro Quadratmeter beginnt und auf bis zu 400 Euro steigen kann. Auf die Dämmung entfallen dabei nur 15 bis 20 Prozent der Kosten.

Die Kosten amortisieren sich allerdings durch niedrigere Heizkosten. Zudem ist eine vorgehängte Fassade besonders witterungsbeständig, wartungsarm und lange haltbar.

Übrigens könnt ihr für die nachträgliche Anbringung einer hinterlüfteten Fassade auch Fördermittel vom Staat bekommen. Auch ein Steuerbonus ist möglich.

Preisträger des Deutschen Fassadenpreises 2020 in der Kategorie Nachhaltigkeit: Cityförster Architekten aus Hannover mit dem Recylinghaus.
Preisträger beim Deutschen Fassadenpreis 2020 für VHF: 90 Prozent der Fassade beim Recyclinghaus Hannover besteht aus gebrauchten Bauteilen.

Wie bringe ich eine hinterlüftete Fassade an?

Die Konstruktion einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade könnt ihr bei entsprechender handwerklicher Begabung selbst vornehmen. Mehr Informationen dazu, was ihr dabei beachten müsst, gibt es in einer Leitlinie vom Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden e. V. (FVHF)

Allerdings kann eine unsachgemäß installierte vorgehängte Fassade sehr viel Schaden anrichten. Wer sich also unsicher ist, ob er das Anbringen der vorgehängten hinterlüfteten Fassade in jedem Detail selber machen kann, sollte besser auf die Unterstützung von professionellen Handwerkern zurückgreifen. Ein möglicher Schaden durch eine unsachgemäße Ausführung kann schnell teurer werden als der eingesparte Betrag.

Insbesondere der Aufbau der Unterkonstruktion kann die vorgehängte hinterlüftete Fassade im Detail anspruchsvoll machen. Auch kann es schwieriger werden, wenn eine neue oder zusätzliche Dämmschicht aufgebracht werden soll. Habt ihr hier keine professionellen Kenntnisse, dann zieht lieber einen Fachmann hinzu.

Wenn ihr selbst zur Tat schreiten wollt, sind folgende Schritte notwendig:

1. Traglattung anbringen

Zuerst dübelt und schraubt ihr senkrecht Kanthölzer hochkant auf die Fassade. Wenn ihr diese Traglattung direkt an unebenen Flächen montiert, könnt ihr das Ausfluchten am einfachsten dadurch bewerkstelligen, dass ihr Holz -oder Sperrholzscheiben hinterlegt. Die Kantenhöhe muss der Dicke des Dämmmaterials entsprechen.

Der Abstand der Kanthölzer sollte einen halben Zentimeter geringer gewählt werden, als die Dämmplatten breit sind. Auf diese Weise könnt ihr die Dämmplatten stramm, lückenlos und ohne Fugen zwischen die Kanthölzer klemmen.

2. Dämmmaterial befestigen

Sollte es sich nicht vermeiden lassen, dass an Dachüberständen oder Fensterbänken offene Lücken bleiben, müsst ihr diese mit Montageschaum schließen. Das Dämmmaterial muss an allen Stellen vollflächigen Kontakt mit dem Untergrund haben. Es dürfen keine Hohlräume zwischen Dämmmaterial und Fassadenoberfläche entstehen. Schon allein aus diesem Grund ist es ratsam, die Dämmplatten in einem Abstand von jeweils 40 Zentimetern seitlich, sowie nach oben und unten zusätzlich mit Tellerdübeln zu befestigen. Abschließend überspannt ihr die gesamte Fläche mit einer wasserabweisenden, dampfdiffusionsoffenen Folie.

3. Fassadenverkleidung anbringen

Zur Herstellung eines Luftzwischenraums zur "Hinterlüftung" der Fassadenverkleidung werden auf die Kanthölzer der Traglattung senkrecht zwei Zentimeter dicke Latten genagelt. Anschließend werden darauf waagerecht die Latten befestigt, welche die abschließende Fassadenverkleidung halten. Der Abstand und die Abmessung dieser Lattung richten sich nach dem verwendeten Material: Holz, Schindeln oder Fassadenplatten, von denen es eine sehr große Auswahl gibt. Ganz besonders wichtig ist, dass die offenen Kanten dieses Systems oben und unten mit einem feinen Drahtgitter sorgfältig verschlossen werden, damit kein Ungeziefer in die Wärmedämmung einwandern kann.

Übrigens: Zur Reinigung und Pflege eurer Fassade haben wir euch in unserem Ratgeber "Fassadenreinigung: So reinigt ihr eure Fassade richtig" ein paar Tipps zusammengestellt.

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