Hersteller von Smart-Home-Technik werben damit, dass ihre Produkte Energie sparen und dabei helfen, Ressourcen zu schonen. Aber werden sie diesem Anspruch auch in der Praxis gerecht? Wir haben Pro- und Contra-Argumente gesammelt.
In einem Smart Home sind Anlagen und Geräte miteinander vernetzt und können zentral gesteuert werden, zum Beispiel die Heizung, der Sonnenschutz und die Haushaltsgeräte. Immer mehr setzt sich die Steuerung per App sowie mit dem Sprachassistenten durch. Viele Geräte sind daher permanent mit dem Internet verbunden. Ob die vernetzte Technik tatsächlich Energie spart oder im Gegenteil den Strom- und Ressourcenverbrauch in die Höhe treibt, ist umstritten. Wir haben Pro- und Contra-Argumente gesammelt.
Fünf Vorteile: Wo smarte Technik tatsächlich ökologischer ist
Ökologie bedeutet längst nicht mehr "zurück zur Natur". Im Gegenteil, manche Öko-Technik funktioniert sogar nur mit Hilfe smarter Vernetzung.
1. Smart heizt effizienter
Smarte Thermostate senken automatisch die Raumtemperatur, wenn alle außer Haus sind, und die Wärmepumpe passt ihre Leistung gleitend dem Heizbedarf an. Im Bereich Heizung sind dank einer intelligenten Regelung Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent durch smarte Technik nachgewiesen.
2.Energie sparen mit automatisiertem Sonnenschutz
Rollläden und Jalousien, die sich nach Uhrzeit oder Sonnenstand öffnen, sind nicht nur komfortabel, sondern auch energetisch sinnvoll. Im Sommer werden die Räume vor Überhitzung geschützt, ein Kühlgerät braucht ihr dann nicht mehr. Im Winter bleibt die Kälte bei nachts geschlossenen Rollläden draußen, die Heizwärme drinnen.
3.Selbst erzeugte Energie besser nutzen
Mit einem Energiemanager – einem smarten Regler, der den Strom aus der Solaranlage auf dem Dach zu den Haushaltsgeräten dirigiert, die ihn gerade brauchen – könnt ihr den Eigenverbrauch eures Photovoltaikstroms erhöhen. Für PV-Anlagen mit Stromspeicher ist der Energiemanager ein Muss.
4. Nachhaltiger konsumieren und die Umwelt schonen
Manche Smart-Home-Neuheit klingt wie Spielerei. Aber ein Kühlschrank, der das Verfallsdatum von Produkten erkennt und per App "meldet“, kann Lebensmittelverschwendung verhindern. Eine smarte Waschmaschine, die per Sensor erkennt, wie viel Waschmittel wirklich benötigt wird, erspart dem Abwasser Chemikalien.
5. Wasser sparen im Garten
In sommerlichen Dürreperioden wird Wasser zur knappen Ressource. Euren Garten solltet ihr dennoch nicht vertrocknen lassen, denn auch Pflanzenbewuchs schützt das Klima. Ein smartes Bewässerungssystem, das per Sensor feststellt, wann die Pflanzen wirklich Wasser brauchen, ermöglicht mehr Nachhaltigkeit.
Fünf Nachteile: Was am Smart-Home-Trend gar nicht nachhaltig ist
In manchen Punkten allerdings ist der ökologische Nutzen von Smart Home zweifelhaft oder nachweislich nicht vorhanden.
1. Smart Home treibt den Stromverbrauch in die Höhe
Eine vom Bundesumweltministerium unterstützte Studie im Auftrag des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) rechnet für Deutschland mit einem Zuwachs des Stromverbrauchs in Höhe von 15 Terrawattstunden pro Jahr. Als Ursachen sehen die Forscher die permanente Verbindung mit dem Internet und den Standby-Betrieb der Geräte, die energieintensive Nutzung von Cloud-Diensten für Smart-Home-Anwendungen wie Sprachassistenten sowie die Nutzung von Streaming-Diensten.
2. Auf indirekten Stromverbrauch haben Nutzer keinen Einfluss
Ihr bezieht sauberen Ökostrom? Prima, aber damit habt ihr nur euren persönlichen CO2-Ausstoß im Griff. Wenn ihr Online-Dienste eures Smart-Home-Anbieters nutzt, dann zählt aber vor allem, mit welchem Strom das Rechenzentrum gespeist wird. Und darauf habt ihr nur bedingt Einfluss.
3. Mehr "Graue Energie" bei immer mehr Geräten
Hier ein Router, da ein Adapter oder Controller – im Smart Home wächst der Gerätepark schnell. Selbst wenn sie im Betrieb Energie sparen, sind sie mit Emissionen aus dem Produktionsprozess und nicht selten auch mit umweltschädlichen Stoffen belastet, die bei der Entsorgung Probleme bereiten können.
4. Mehr Leistung frisst den Effizienzfortschritt auf
Man nennt es den Rebound-Effekt, das Phänomen ist von TV-Geräten bekannt: Die nutzen heute den Strom zwar effizienter, aber weil die Bildschirme immer größer werden, verbrauchen sie trotzdem mehr Energie. Weil die Vernetzung im Bereich der Unterhaltungselektronik viele tolle Möglichkeiten bietet, fördert sie den Trend zu mehr Leistung.
5. Schneller Geräteaustausch, mehr Ressourcenverbrauch
Der alte Bewegungsmelder ist nicht mit dem neuen Smart-Home-System kompatibel, und die neueste App des Herstellers läuft nicht auf dem älteren Smartphone: Schnell ist dann ein neues Gerät bestellt, obwohl das alte noch funktionstüchtig war. So werden zusätzliche Ressourcen verbraucht.
Fazit: Besser mitdenken!
So intelligent das Haus sein mag – Entscheidungen in Sachen Nachhaltigkeit müsst ihr selber treffen. Mehr Nützliches, weniger Gadgets: Das wäre dabei ein gutes Motto. Braucht ihr wirklich eine Kaffeemaschine mit Internetanschluss und ein intelligentes WC, oder sind smarte Heizungsthermostate nicht wichtiger?
Ihr könnt auch euch einen Hersteller suchen, dessen Überwachungskamera die Aufnahmen bei euch lokal anstatt in einer Cloud speichert –auch aus Datenschutzgründen ist das keine schlechte Idee.