Auf dem Amazon-Rücksendeschein muss man nur Kästchen ankreuzen – aber wie funktioniert eine Mängelanzeige beim Hausbau? Wir geben euch eine Übersicht über Baumängel, Gewährleistungsfristen und Anforderungen an eine korrekte Mängelrüge. Zudem stellen wir Infos zu euren Rechten als Bauherren, die 2018 mit dem neuen Bauvertragsrecht gestärkt wurden, zur Verfügung.

Was gilt als Baumangel?

Wenn das Ergebnis einer Arbeit an einem Bauwerk nicht richtig, nicht funktionstüchtig oder nicht vollständig ist, liegt ein Baumangel vor. Welches Ergebnis der Bauherr hätte erwarten können, steht in der Baubeschreibung, sie ist das zentrale Dokument. Wurden Dielen aus Fichte verlegt, obwohl vertraglich Eichenparkett festgelegt war, ist der Fall klar.

Darüber hinaus gibt es auch handwerkliche Selbstverständlichkeiten, die nicht explizit im Vertrag erwähnt werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel, dass die Wände gerade und die Fußböden eben sind. Sind sie es nicht, liegt ein Baumangel vor.

Tipp: Ihr sucht einen Experten, der Baumängel entdeckt und dokumentiert? Dann nutzt den professionellen Baumängel-Check von Wohnglück.

Grafik zu Festgestellten Baumängeln nach Bereichen

Gewährleistungsfrist: Wie lange kann ich Baumängel anzeigen?

Ist die Bauabnahme bereits erfolgt, verjähren die Mängelansprüche fünf Jahre nach Abnahme der Bauleistung (§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB). "Bis dahin müssen Baumängel bei der Baufirma angezeigt werden", erklärt Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund.

Die Herausforderung besteht für Bauherren in der umgekehrten Beweislast: Nach der Bauabnahme sind sie es, die beweisen müssen, dass der entdeckte Mangel tatsächlich von der Baufirma verursacht wurde und nicht von ihnen selbst.

Und die Rechnung können sie dann auch nicht mehr mindern oder die Schlusszahlung zurückhalten. Das Geld ist schließlich längst überwiesen.

Um dieses Dilemma zu vermeiden, gibt es aber eine Lösung. Der Verband Privater Bauherren (VPB) schreibt in seinen empfehlenswerten Informationen zum neuen Bauvertragsrecht (PDF-Datei):

"Um die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten abzusichern, sollte der Verbraucher das Recht vereinbaren, 5 Prozent der Netto-Schlussrechnungssumme als Sicherheitseinbehalt zurückzuhalten. Der Bauunternehmer kann eine Auszahlung dieses Sicherheitseinbehalts dadurch erreichen, dass er dem Verbraucher stattdessen eine Gewährleistungssicherheit stellt. Auch das sollte vertraglich vereinbart werden."

Mängelanzeige: Wie zeigt man einen Baumangel an?

Habt ihr während des Baus oder vor der Bauabnahme einen Mangel festgestellt, müsst ihr diesen dem verantwortlichen Handwerker oder Bauunternehmen möglichst umgehend mitteilen. Man spricht synonym von einer Mängelanzeige oder von einer Mängelrüge. Wichtig ist, dass sie schriftlich und am besten als Einschreiben mit Rückschein erfolgt.

Vorsicht: Versucht nicht, den Mangel kurzerhand selbst zu beheben! Denn dann kann der Bauunternehmer im Streitfall behaupten, der Mangel sei erst durch euer unsachgemäßes Eingreifen entstanden.

Was sollte eine Mängelrüge enthalten?

Die Mängelrüge wird üblicherweise wie ein geschäftlicher Brief mit Absender, Adressat, Ort, Datum, Betreff und am Ende mit Grußformel und Unterschrift formuliert.

Nach der Anrede ("Sehr geehrte ...") nennt ihr am besten den Grund eures Schreibens, also um welches Bauprojekt es geht und dass ihr auf Baumängel hinweisen wollt. Nun folgt eine Tabelle, in der die jeweiligen Baumängel genau beschrieben sind. Hier bietet es sich an, den Soll-Zustand (laut Baubeschreibung) mit dem Ist-Zustand zu vergleichen.

Auch aussagekräftige Fotos (Details und Übersichten) des vorliegenden Baumangels solltet ihr beilegen. So werde die Nachweisbarkeit gesichert, betont Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund e.V. Die Bilder könnt ihr selbst machen oder von einem Sachverständigen aufnehmen lassen. Um eine aussagekräftige Mängelanzeige zu erstellen, ist es oft sinnvoll, einen Zollstock anzuhalten und ins Foto zu integrieren.

Nach der Dokumentation der Baumängel folgen in einer gut formulierten Mängelanzeige eure Forderungen. Also dass die Firma die aufgeführten Mängel innerhalb eines von euch gesetzten Zeitraums zu beseitigen habe. Fordert die Firma unbedingt auf, sich zwecks Terminvereinbarung bei euch zu melden und gebt eine Telefonnummer an.

Wie viel Zeit muss ich dem Auftragnehmer geben, um einen Mangel zu beseitigen?

Die Frist zur Beseitigung eines Mangels "muss angemessen sein". Aber was bedeutet das? Es kommt ganz auf den Baumangel an: Eine schiefe Wand neu zu mauern ist aufwendiger als eine falsche Badarmatur auszuwechseln. Wenn ihr selbst nicht vom Fach seid, kann euch ein unabhängiger Sachverständiger helfen, eine sinnvolle Frist zu setzen.

Wichtig sei, so Erik Stange, dass ein konkretes Datum genannt wird. Nur so könne der Bauunternehmer oder Handwerker wirksam unter Verzug gesetzt werden. Hält das Unternehmen die Frist nicht ein, kann noch eine Nachfrist gesetzt werden.

Was bewirkt die Mängelanzeige?

Für den Fall, dass ihr die Mängelanzeige vor der Bauabnahme stellt: "Wenn ein Mangel festgestellt und schriftlich mit Datum bis zur Beseitigung angezeigt wurde, können Bauherren von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen", sagt Erik Stange. Das heißt, ihr könnt das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten von der nächsten Abschlagsrate abziehen. Ihr müsst den Restbetrag also erst dann zahlen, wenn der Baumangel beseitigt ist.

Nach der Mängelanzeige hat der Auftragnehmer immer die Chance auf Nacherfüllung. Er muss also die Möglichkeit bekommen, seinen Fehler zu beseitigen. Dabei müsse der Auftragnehmer den Baumangel nach den geltenden Ausführungsbestimmungen und anerkannten Regeln der Technik beheben, so Stange.

Frau guckt in die Baupläne
Baubeschreibung und Baupläne sind die Grundlage, um später zu entscheiden, ob ein Baumangel vorliegt oder nicht.

Welche Kosten können mit der Mängelanzeige entstehen?

Keine. Die Kosten für die Mängelbeseitigung trägt grundsätzlich der Bauunternehmer (§ 635 Abs. 2 BGB), euch entstehen hingegen keine Kosten.

Was passiert, wenn die Firma nicht auf die Mängelanzeige reagiert?

In den VPB-Informationen heißt es hierzu: "Verweigert der Bauunternehmer die Nacherfüllung zu Unrecht oder gelingt diese nicht oder ist diese für den Verbraucher unzumutbar, so kann der Verbraucher den Mangel selbst beseitigen beziehungsweise beseitigen lassen und Ersatz für die dafür erforderlichen Aufwendungen verlangen." Ihr habt also die Möglichkeit, den Schaden von einer anderen Firma beseitigen zu lassen.

Tipp: Bevor ihr kurzerhand eine andere Firma mit der Mangelbeseitigung beauftragt, holt euch unbedingt professionelle Hilfe in Form eines Bausachverständigen oder eines auf Baurecht spezialisierten Anwalts.

Was passiert, wenn der Bauherr mit der Behebung des Mangels unzufrieden ist?

Die neue Mauer steht, ist aber wieder schief? Dann beginnt das ganze Spiel von vorne, denn "ein Baumangel muss so behoben werden, dass kein neuer Mangel – auch kein optischer – entsteht. Andernfalls ergeben sich neue Mängelansprüche für den Bauherren", erklärt Stange.

Bedeutet: Hat der Handwerker also wieder gepatzt oder – wie oben beschrieben die Nachfrist verstreichen lassen –, dürft ihr einen anderen beauftragen, die Rechnung mindern oder – bei schwerwiegenden Mängeln – auch ganz vom Vertrag zurücktreten. Kommt es durch den Baumangel zu einer verspäteten Fertigstellung und dadurch wiederum zu finanziellen Verlusten, könnt ihr auch Schadensersatz geltend machen.

Auch hier gilt: Lasst euch unbedingt von einem Experten beraten.

Dokumentation auf einer Baustelle

Wie kann man Mängeln am Bau vorbeugen?

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Ganz verhindern kann man Baumängel nur selten. Aber es gibt kleine und große. Damit ihr gerade die großen Baumängel möglichst schon vor der Bauabnahme oder während des Baus entdeckt, ist es am besten, ihr vertraut einem Experten.

Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund empfiehlt eine unabhängige Baubegleitung. Sie kann durch regelmäßige Baustellenbesuche und die Dokumentation des Baufortschritts (zum Beispiel in einem Bautagebuch) schon im laufenden Prozess die Reißleine ziehen. Denn ein Baumangel kann eine ganze Reihe von Folgeschäden (zum Beispiel Feuchtigkeitsschäden durch eine fehlerhafte Dämmung) nach sich ziehen.

Und spätestens zur Bauabnahme solltet ihr euch Verstärkung mitbringen, wenn ihr selbst nicht vom Fach seid. Ein unabhängiger Gutachter findet mit seinem professionellen Blick ganz andere Mängel als ihr. Wendet euch bei der Expertensuche am besten an eine Verbraucherschutz-Organisation wie den Bauherren-Schutzbund e.V. oder den Verband Privater Bauherren e.V..

Abschließend ist es uns wichtig, euch darauf hinzuweisen, dass Baurecht ein weites Feld ist und viele Antworten letztlich vom Einzelfall abhängen. Wenn Fragen offen sein sollten, wendet euch am besten an eine der genannten Verbraucherschutz-Organisationen.

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