Michaela Keitel lebt ganz legal in einem Tiny-House-Dorf. Die 48-Jährige ist Bewohnerin des "Tiny House Village" im bayerischen Mehlmeisel. In unserer Serie "Tiny Wohnglück" erzählt sie vom Leben dort und wie sie ihr eigenes Minihaus gestaltet hat.
Das größte und bekannteste ist das Tiny House Village in Mehlmeisel in der Nähe von Bayreuth. Dort lebt die 48-jährige Michaela Keitel seit September 2018 in einem knapp 14 Quadratmeter großen Tiny House. Ihre Tochter wohnt gleich nebenan, in einem acht Quadratmeter großen Tiny, das ein Jahr nach dem Einzug ins Dorf entstand. Küche, Dusche und Toilette nutzen die beiden Frauen in Michaelas Tiny House gemeinsam.
Die 48-jährige Erzieherin bezeichnet das Tiny House Village im Fichtelgebirge als "eine lockere Wohngemeinschaft mit vielen liebenswerten, interessanten und verschiedenen Charakteren, mitten in einem landschaftlichen Paradies". Der Skihang, ein Naturpark, Wander- und Radwege beginnen direkt neben dem Grundstück, das zu einem kleinen Ort gehört, der weitestgehend alles bietet, was man zum Leben benötigt. Und: Im Tiny House Village ist es möglich, seinen Erstwohnsitz anzumelden.
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Ein Bauwagen aus ökologischen Materialien
Michaela Keitel hat vor gut vier Jahren einen neu aufgebauten Bauwagen von privat gekauft. Gefunden hatte sie ihn über Ebay-Kleinanzeigen. Grundgestell war ein alter Ladewagen, sechs mal 2,30 Meter groß. Innen ist das Tiny mit Fichte verkleidet, die Fassade besteht aus sibirischer Lärche, das Dach aus Aluminium. In der Wand befinden sich sechs Zentimeter Hanfdämmung, während die Dämmschicht im Boden sowie der Decke zehn Zentimeter beträgt. Auch sonst hat der Bauwagen eine gute Ökobilanz: Der Vorbesitzer hat alte, intakte Fenster aus Abbruchhäusern verwendet.
Das Häuschen wird mit einer elektrischen Fußbodenheizung (die Michaela allerdings fast nie benutzt, weil sie zu unverhältnismäßig hohen Stromkosten führt) sowie mit einem Holzofen beheizt.
Den Innenausbau hat Michaela selbst gemacht
Den Innenausbau hat die Mutter dreier erwachsener Kinder selbst geplant und teilweise mit Hilfe ihres Sohnes und Freunden umgesetzt. Die Ideen dazu entstanden während der Bauphase. Die notwendigen Werkzeuge, wie etwa eine Kappsäge oder Handkreissäge, konnte sie sich im Tiny House Village ausleihen.
Michaela hat sich eine einfache Ikea-Küche mit Gas eingebaut, darin integriert ein alter Ikea-Kleiderschrank als Klokabine. In dieser befindet sich neben einer Trobolo-Trockentrenntoilette auch der 15-Liter-Boiler für die Dusche und die Spüle.
Für eine Trockentrenntoilette aus Holz hatte sich Michaela entschieden, da sie anfangs keinen eigenen Wasser- und Abwasserzugang besaß. Erst im Nachhinein stattete sie diese Konstruktion mit einem Siphon sowie einem Abfluss aus, der direkt in einen Kanal führt. "Ich würde auf jeden Fall wieder eine Toilette aus Holz kaufen. Die Handhabung und Ästhetik sind in meinen Augen unschlagbar", sagt Michaela.
Die Dusche steht frei im Wohnraum und dient gleichzeitig als Kleiderstange sowie beispielsweise zum Abtropfen von nasser Kleidung. Auf der gegenüberliegenden Seite hat sich Michaela aus Konstruktionsholz ein Bett gebaut, darunter und darüber befindet sich Stauraum. Das Bett nutzt sie tagsüber als Sitzgelegenheit, wenn sie ihren Klapptisch zur Essecke aufbaut.
Im Endpreis hat sich Michaelas handwerkliches Geschick auf jeden Fall niedergeschlagen: Der leere Bauwagen und der Innenausbau haben jeweils etwa 10.000 Euro gekostet.
5 Fragen an Tiny-House-Bewohnerin Michaela Keitel
1. Warum bist du in ein Tiny House gezogen?
Im August 2018 war ich zusammen mit meiner Tochter auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Dabei haben wir etliche Wohnungen in verschiedenen Städten angeschaut. Der Plan war eine Zweizimmerwohnung in einer Großstadt zu mieten, damit sie ihr Abitur absolvieren kann und ich mir eine Stelle als Erzieherin suche.
Wir fanden keinen Vermieter, der uns genommen hat, da mein Einkommen zu dieser Zeit nicht gesichert war. Das "Risiko", dass ich als Erzieherin keine Stelle finden würde, erschien den Vermietern zu hoch.
Neugierde und Zufall führten uns während der Suche zu diesem Tiny-House-Projekt und die Besitzer des Tiny House Village Mehlmeisel empfingen uns mit offenen Armen. Die Idee, für die nächsten zwei Jahre (länger wollte ich damals nicht planen) in einen Bauwagen zu ziehen, war geboren.
Danach ging alles ganz schnell. Innerhalb einer Woche kaufte ich einen passenden Bauwagen, ließ ihn hierher transportieren und begann mit dem Ausbau. Meine Tochter zog für das kommende Jahr in einen Wohnwagen, bis wir auch für sie ein kleines Häuschen bauen konnten. Inzwischen kann ich mir ein anderes Leben nicht mehr vorstellen, sowohl was das Wohnen in meinem Bauwagen betrifft als auch die Wahl meiner neuen Heimat und der Menschen hier im Village, die inzwischen wie eine Familie für mich geworden sind.
2. Welche Hürden musstest du nehmen, um in das Tiny ziehen zu können?
Ich musste den Kamin zur Holzofennutzung vom Kaminkehrer abnehmen lassen. Das war aber die einzige Hürde. Der Rest wurde bereits von den Village-Besitzern vorgearbeitet.
3. Was sind die größten Herausforderungen beim Leben in deinem Tiny House?
Der Zugang zum Kühlschrank ist mir nur eingeschränkt möglich, denn aus Platzgründen steht er im Haus meiner Tochter. Es ist auch nicht so einfach, immer genügend trockenes Holz zum Heizen bereitzuhalten.
Und dann ist da die Feuchtigkeitsregulierung im Raum. Feuchtigkeit ist in jedem Tiny House aufgrund des geringen Raumvolumens ein Problem, besonders unter der Küchenzeile und in schlecht belüfteten Ecken.
Ich habe das inzwischen aber relativ gut in den Griff bekommen, indem ich einen 12-Volt-Lüfter zwischen zwei Flexirohre eingebaut habe, der die warme Luft vom Ofenrohr unter die Küchenzeile transportiert. In den restlichen Ecken arbeite ich mit selbstgenähten Salzsäckchen, die ich regelmäßig auf dem Ofen trockne. Vergangenes Jahr habe ich mir zusätzlich einen elektrischen Raumluftentfeuchter angeschafft, der die Raumluft insgesamt reinigt und entwässert. Seitdem habe ich keine Feuchtigkeitsprobleme mehr.
4. Was gefällt dir am besten daran, in einem Tiny House zu leben?
Ein Aspekt ist sicherlich die Zeit, die mir nun zur Verfügung steht, da das Putzen und Instandhalten meines Häuschens nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was ich in meiner vorigen Wohnung investieren musste.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Gemeinschaftsleben, das um mich herum entsteht. Die gegenseitige Hilfsbereitschaft, das Teilen von Autos, Gegenständen und Lebensmitteln. Dadurch kann Sozialkultur, Minimalismus und Umweltschutz ganz neu gedacht und intensiver gelebt werden.
Das Schönste ist jedoch die Nähe zur Natur, das Gefühl draußen zu sein, auch wenn man drinnen ist. Sturm, Regen und Schnee hautnah mitzuerleben. Tieren wie Vögeln, Grillen und Wild zu lauschen, die man auch durch die Wände des Bauwagens fast ungefiltert hört.
5. Was würdest du heute anders machen, wenn du dir nochmal ein Tiny House bauen oder kaufen würdest?
Wenn ich selber bauen würde, würde ich auf eine dickere Wärmedämmung achten, um den Raum mit einer Elektroheizung konstant temperieren zu können.
Ich würde auch auf ein massiveres Fahrgestell bauen, um den Bauwagen beweglich zu halten oder alternativ ohne Fahrgestell konzipieren – zum Beispiel eine Wechselbrücke oder einen Stahlrahmen auf Schraubfundamenten verwenden.
Das Grundgestell meines Tiny Houses (ein alter Ladewagen) ist definitiv nicht für das Gewicht eines Holzbauwagens ausgelegt. Nachdem ich ihn aufgebockt hatte, hat er sich in der Mitte deutlich durchgebogen. Ich habe das System durch acht zusätzliche Drei-Tonnen-Stützen stabilisiert, so dass er jetzt sicher steht und dem Gewicht gewachsen ist. Bewegen würde ich ihn allerdings nicht mehr, bevor nicht der Rahmen mit weiteren Stahlträgern verstärkt wäre.
Statt einer billigen Komplettdusche aus Plastik würde ich eine hochwertige und ästhetische Duschkabine aus Holz wählen, oder die Dusche selbst bauen mit langlebigen Seiten und Rückwänden. Ich habe eine Schulte-Komplettdusche gekauft, diese ist jedoch auch nach zweimaligem Neuaufbau ein Provisorium, da sie nur durch die acht Flaschen Silikon notdürftig dicht hält. Deswegen habe ich auch eine Notfallklappe in die Toilettenkabine eingebaut, damit ich den Bereich hinter der Dusche regelmäßig auf Feuchtigkeit kontrollieren kann.
Michaela Keitels Tipp für alle, die auch in einem Tiny House leben wollen:
Je einfacher ihr euer Häuschen plant, umso weniger müsst ihr später reparieren. Steckt euer Geld lieber in hochwertige Materialien statt in komplizierte Raumsparsysteme, wenn ihr lange daran Freude haben wollt. Glücklich und zufrieden sein ist eine Entscheidung, die ihr selber trefft, jeden Tag aufs Neue.
Ihr wollt noch von anderen Tiny House-Bewohnern lesen? Auf unserer großen Übersichtsseite findet ihr alle Teile unserer Serie "Tiny Wohnglück".