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Strohdämmung: Alles übers Haus dämmen mit Stroh

Ein Strohhaus ist eine ökologische Variante, um Energie einzusparen. Aber wie genau funktioniert das Dämmen mit Stroh? Welche Kosten entstehen bei der Strohdämmung, wie steht es mit der Brandgefahr? Über diese und weitere Fragen haben wir mit einer Expertin für Strohballenbau gesprochen.

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Strohballenhaus und Stroh als Dämmstoff

Wenn man ein ganzes Haus aus Stroh baut, werden Großballen wie Mauersteine aufeinandergesetzt. Sie übernehmen dann die vertikalen Lasten von Dach und Decken, man spricht von einer "lasttragenden Konstruktionsart". Diese Bauweise wird in Deutschland von der Bauaufsicht aber nur in Einzelfällen zugelassen. Strohballenhäuser als Referenzgebäude stehen unter anderem in Rheinland-Pfalz, Thüringen und in Mecklenburg-Vorpommern.

Wesentlich häufiger findet sich bei einem Strohhaus dagegen Stroh als Dämmmaterial in den Wänden (das nennt sich dann "ausfachende Konstruktionsart"). Wie die Kombination aus Stroh als Dämmstoff mit einem Holzständerwerk genau funktioniert, was ihr dabei beachten müsst – dazu haben wir uns mit Adina Lange unterhalten. Sie ist Zimmerin und staatlich geprüfte Bautechnikerin. Darüber hinaus gehört sie zum Vorstand des Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V. (Fasba).

Adina Lange, Zimmerin und staatliche geprüfte Bautechnikerin sowie Vorstandsmitglied des Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V. (FASBA).
Adina Lange, Zimmerin und staatlich geprüfte Bautechnikerin, ist Vorstandsmitglied des Fachverband Strohballenbau Deutschland e. V. (Fasba).

Tipp 1: Der korrekte Aufbau einer Strohdämmung

"Hierzulande", erklärt uns Adina Lange, "kommt vor allem das Holzständerwerk mit Strohwand zum Einsatz. Dabei wird Stroh vor allem in der Außenwand verwendet. Eine Holzbohlenständerwand mit Strohballendämmung hat den Vorteil, dass man sie direkt verputzen kann." So eine Wand ist folgendermaßen aufgebaut:

  • Außen befindet sich ein dreilagiger Leichtkalkputz mit diffusionsoffenem und hydrophobem Anstrich. Alternativ ist auch eine Lage Lehmputz mit Gewebe über die gesamte Außenfläche möglich. Dabei muss aber eine hinterlüftete Holzschalung die Strohballenwände vor Nässe und Tieren schützt. Außerdem sind Lüftungsgitter an den Ein‐ und Ausgängen anzubringen.
  • Darunter befindet sich die Holzkonstruktion mit Putzträger und komprimierten Strohballen als Gefachdämmung.
  • Innen findet sich dann wieder ein dreilagiger Putz. Dieser kann aus Lehm sein und wird ebenfalls direkt auf das Stroh aufgebracht. Die Holzkonstruktion erhält wieder einen Putzträger.

"Bei korrekter Bauausführung", so die Strohbau-Expertin, "lässt sich so ein U‐Wert von 0,15 W/(m²K) erreichen." Das entspricht nahezu dem Passivhaus-Standard. "Der Passivhausstandard lässt sich leicht durch Überdämmung der Holzkonstruktion und eine detaillierte Wärmebrückenberechnung erzielen." Zusätzlich sorgt die Materialkombination Stroh, Lehm und Holz für eine optimale Feuchteregulierung und klimatisiert das Gebäude je nach Jahreszeit.

Tipp 2: Das richtige Material zur Strohdämmung

In der Strohbaurichtlinie sind zahlreiche Regeln und Vorgaben zum Bauen mit Stroh festgelegt. Darin werden unter anderem auch die Anforderungen an das Baustroh definiert.

"Allerdings darf man nicht vergessen: Stroh ist kein industrieller Baustoff von immer gleicher Qualität. Deshalb liegt ein besonderes Augenmerk auf den Eigenschaften des Strohs", sagt Adina Lange. Die wichtigsten sind:

  • Die Getreidesorte: Weizen und Roggen eignen sich besonders gut zur Strohdämmung. Hafer dagegen wird nicht empfohlen.
  • Die Rohdichte der Ballen: Sie sollte zwischen von 90 bis 110 Kilogramm pro Kubikmeter liegen. Bedeutet in der Praxis: Man darf die senkrecht gestreckte Hand nicht oder nur schwer zwischen die Strohschichten schieben können.
  • Die Geometrie der Ballen: Die Quader müssen nach Möglichkeit gerade Kanten und ebene Oberflächen haben und zueinander rechtwinklig sein. Die gängigsten Formate bei Bau-Strohballen sind Kleinballen mit einer Breite von circa 50 Zentimetern und einer Höhe von rund 36 Zentimeter.
  • Die Trockenheit des Strohs. Die relative Feuchte darf nur maximal 15 Prozent betragen.
  • Die Beschaffenheit des Strohs. Möglichst langhalmig sollte es sein, also unbeschädigt und keinesfalls gehäckselt. "Das ist heute immer schwieriger zu finden", weiß die Expertin. Außerdem muss das Stroh natürlich komplett schimmelfrei und frei von Beikraut sein.

Tipp 3: So schätzt ihr die Kosten einer Strohdämmung richtig ein

"Den Kostenvergleich von einer Strohdämmung zu einer herkömmlichen Dämmung", erklärt Adina Lange, "muss man im Hinblick auf die gesamte Außenwand betrachten." Die reinen Materialkosten belaufen sich nach ihrer Aussage auf rund 30 bis 50 Euro pro Quadratmeter für die Außenwandfläche – je nachdem, wo und wie die Strohballen beschafft werden.

Die Lohnkosten liegen bei einer Strohballenwand etwas höher, da hier allein schon durch einen dreilagigen Innen‐ und Außenputz viel Arbeitskraft eingesetzt wird.

"In der Gesamtheit eines Gebäudes betrachtet", so Langes Fazit, "belaufen sich die reinen Baukosten je nach Größe, Region und Ausstattung auf rund 2.200 bis 2.600 Euro pro Quadratmeter – ohne Planungskosten."

Ein Dachelement im Holzständerbau wird mit Stroh gedämmt.
Selbst Dachelemente können im Holzständerbau mit Stroh gedämmt werden.

Tipp 4: Keine Angst vor Brand, Schimmel und Ungeziefer

Brandgefahr, Schimmelbefall und Ungeziefer – das sind die drei größten Ängste, mit denen Adina Lange von interessierten Bauherren beim Thema Strohdämmung immer wieder konfrontiert wird. Bei allen drei Punkten gibt die Fachfrau Entwarnung:

Brennt ein "Strohhaus" schneller?

Bei Strohballen sind durch die Pressung die Halme im Strohballen von der Sauerstoffzufuhr abgeschlossen. Dadurch gilt das Material als normalentflammbar und erfüllt damit die Mindestanforderung an Baustoffe. Verkleidet mit geeigneten Bauprodukten können strohgedämmte Bauteile die Feuerwiderstandsklasse F 30-B (feuerhemmend) beziehungsweise F 90-B (feuerbeständig) gemäß DIN 4102-2 erreichen.

Schimmelt Strohdämmung?

Bei einer lückenlosen Dämmung ohne Hohlräume, bei der auch die Bekleidung dicht anliegt, kann sich kein Tauwasser bilden. Wichtig ist auch, dass die außenseitige Strohfläche nicht direkt mit einer Folie bekleidet ist. Hier empfiehlt sich ein saugfähiger Baustoff, zum Beispiel Putz oder Holzfaserdämmplatten. Ist das gewährleistet, bildet sich auch kein Schimmel.

Lockt Strohdämmung Ungeziefer an?

"Durch den lückenlosen Verschluss der Strohwand durch Putz oder andere Bekleidungen", sagt Adina Lange, "können Ungeziefer oder gar Mäuse nicht eindringen. Nach unserer Erfahrung gibt es auch kein strohbauspezifisches Mäuseproblem."

Allerdings räumt die Expertin auch ein, dass diese Punkte beim Errichten einer Strohdämmung nicht zu unterschätzen sind: "Feuchtigkeit, Nässe und Brandgefahr während der Bauphase sind sensible Themen. Direkt auf der Strohbaustelle gilt Rauchverbot und auch Schweißarbeiten sollten vor dem Stroheinbau oder erst nach dem Auftragen der ersten Putzschicht stattfinden. Ein wettersicheres Dach und ein mit Planen versehenes Gerüst bieten Schutz vor Regen und Sonne, denn auch der Putz darf nicht zu schnell austrocknen, damit er komplett abbinden kann."

Tipp 5: Nachhaltigkeit spricht klar für Strohdämmung

In einer Broschüre der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. wird eine interessante Rechnung aufgestellt. Darin heißt es, das strohgedämmte Gebäude zu ihrer Herstellung nur rund die Hälfte der nicht erneuerbaren Primärenergie im Vergleich zum herkömmlichen Massivbau benötigen. Anders gesagt: Für den Primärenergiebedarf, den ein Massivbau allein für die Errichtung braucht, kann ein strohgedämmtes Gebäude rund 69 Jahre mit Wärme versorgt werden.

Dazu kommt noch die gute CO2-Bilanz einer Strohdämmung. Beim Wachstum wird es gespeichert, bei der Verarbeitung zum Dämmmaterial nur unwesentlich freigesetzt. Und die Strohdämmung an sich verringert durch die Einsparung von Heizenergie ebenfalls CO2-Emissionen. Durch die (meist) regionale Gewinnung – quasi als Abfallprodukt bei Getreideanbau – kann Stroh ebenfalls punkten und zählt so zu den nachhaltigsten Dämmstoffen.

Quellen: Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V., Strohbaurichtlinie SBR-2019, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.

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