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Seegrasdämmung: Alles übers Dämmen mit Seegras


Seegrasdämmung ist unter den ökologischen Dämmstoffen noch sehr jung und deshalb auch momentan noch nicht sehr weit verbreitet. Dabei bietet Seegras viele Eigenschaften, die es zu einem sehr guten Dämmstoff machen. Das Besondere: Durch die Salze des Meerwassers müssen dem Seegras zum Brandschutz keine Zusätze beigefügt werden.

  1. Seegras als Dämmstoff
  2. Herstellung von Seegrasdämmung
  3. Nachhaltigkeit von Seegrasdämmung
  4. Wo ihr Seegrasdämmung kaufen könnt
  5. Preis und Kosten von Seegrasdämmung
  6. Vorteile und Nachteile von Seegras als Dämmstoff
  7. Fazit zur Seegrasdämmung

Seegras ist als Dämmstoff noch sehr jung. Erst seit 2010 ist Seegras als Baustoff zugelassen. Entwickelt wurde der Dämmstoff in einem Forschungsprojekt vom Karlsruher Architekten Richard Meier. Dieser entdeckte durch Zufall, dass die sogenannten Neptunbälle, die an vielen Mittelmeerstränden herumtreiben, nicht brennen – und nahm das Material mit, um damit zu experimentieren. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelte er aus den Seegras-Bällen einen Dämmstoff und gründete das Start-up NeptuTherm.

Neben den Dämmstoffen aus Neptunbällen gibt es auch noch Dämmstoffe aus Ostsee-Seegras.

Die sogenannten Neptun- oder Meerbälle bestehen aus Blattrippen und Blattscheiden des Seegrases Posidonia oceanica. Die abgestorbenen Teile der Pflanze werden durch die Wellen zu einem Ball geformt, der dann an Stränden herumtreibt. An sich sind Neptunbälle Abfallprodukte.

Das Neptungras wächst in Tiefen von drei bis 40 Zentimetern in Salzwasser. Die Pflanze ist im Mittelmeer heimisch und schützt Strände vor Erosion.

Neptunbälle am Strand
Die getrockneten Neptunbälle treiben an Stränden des Mittelmeers umher. Das Seegras erhält durch die Wellen die Kugelform.

Kennzahl Seegrasdämmung
Wärmeleitfähigkeit in W/(mK) 0,039 bis 0,046
Wasserdampfdiffusionswiderstand 1 bis 2
Baustoffklasse (Brandschutz) nach DIN 4102-1 und EN 13501-1 B2 (DIN) und E (EN)
Rohdichte in kg/m3 65 bis 75
Spezifische Wärmekapazität in J/(kgK) 2.502
Kosten zwischen 27 und 57 Euro pro Quadratmeter

Seegras als Dämmstoff

Einsatzgebiete von Seegras als Dämmstoff

  • Seegras eignet sich für die Innen- und Außendämmung der Fassade, für die Zwischensparrendämmung des Dachs und auch für Holzbalkendämmung. Es kann entweder geschüttet, gestopft oder eingeblasen werden.
  • Seegras kann auch zur Dämmung der obersten Geschossdecke genutzt werden. Allerdings ist das Material nicht sehr druckbelastbar. Wenn die Decke also begehbar sein soll, muss zusätzlich eine Trägerkonstruktion und ein Boden, zum Beispiel aus Hobeldiele, angebracht werden.
  • Als Perimeterdämmung ist Seegras nicht einsetzbar.

Wärmeleitfähigkeit von Seegrasdämmung

Die Wärmeleitfähigkeit von Seegras-Dämmungen liegt zwischen 0,039 und 0,046 Watt pro Meter und Kelvin. Der Dämmstoff ist gut wärmedämmend und bietet außerdem einen sehr guten sommerlichen Hitzeschutz, da er eine hohe Wärmespeicherkapazität hat.

Schallschutz

Seegras bietet einen guten Schallschutz und eignet sich daher auch als Trittschalldämmung.

Feuchteschutz: Keine Schimmel-Gefahr

Seegras hat eine sehr hohe Feuchtigkeitsbeständigkeit und ist resistent gegenüber Schimmel. Das kommt daher, weil Seegras, wie auch viele andere pflanzliche Dämmstoffe, diffusionsoffen ist. Es nimmt Feuchtigkeit auf und gibt diese wieder an die Luft ab, was auch für ein gutes Raumklima sorgt.

Brandschutz: Von Natur aus gegen Feuer geschützt

Seegras ist ohne Zusatzstoffe als normal entflammbar einzustufen, weil die Pflanze einen hohen Silikat- und Salzgehalt hat. Dämmstoffe aus Seegras entsprechen der Baustoffklasse B2 nach der DIN 4102-1 und E nach EN 13501-1.

Seegras Posidonia Oceanica
Die Pflanze Posidonia Oceanica ist die Grundlage für Seegrasdämmungen. Sie wächst im Mittelmeer.

Herstellung von Seegrasdämmung

Neptunbälle werden am Strand eingesammelt. Getrocknet hat sie davor schon – ganz natürlich – die Sonne. Anschließend werden die Bälle mechanisch zerkleinert und der Sand ausgesiebt. So erhält man eine möglichst homogene Wolle, die als Dämmwolle Verwendung findet. Die Fasern werden ganz ohne weitere Zusätze verarbeitet und sind frei von Schadstoffen oder Schädlingen. Die Wolle könnt ihr als Schüttung, als Stopfwolle oder als Einblasdämmung verwenden.

Die Herstellung von Seegradämmungen aus Ostsee-Seegras ist sehr ähnlich. Es muss allerdings vor dem Trocknen aus dem Meer gefischt werden, da eine Reinigung der langen Fasern sonst zu aufwendig wäre. Anschließend wird es auf Wiesen zum Trocknen ausgelegt.

Seegras in Kisten
Das langfaserige Seegras der Ostsee wird direkt aus dem Meer gefischt.

Nachhaltigkeit von Seegrasdämmung

Seegras als Dämmstoff hat eine sehr gute Öko-Bilanz. Zwar müssen die Neptunbälle aus dem gesamten Mittelmeerraum beschafft werden. Allerdings macht die sehr energiearme Herstellung der Dämmstoffe die weiten Transportwege wieder wett. Die Neptunkugeln werden von Sonne und Meer produziert, lediglich für das Säubern und Zerkleinern muss Primärenergie aufgewendet werden. Bei den Dämmstoffen aus Ostsee-Seegras fallen die langen Transportwege weg.

Seegras ist außerdem frei von gesundheitsschädlichen Stoffen. Auch entsorgen lassen sich Dämmungen aus Seegras problemlos. Da sie keine Zusatzstoffe enthalten, könnt ihr sie kompostieren. Allerdings lassen sich die Dämmstoffe auch mehrmals wiederverwenden oder auch als Pflanzsubstrat unter die Gartenerde mischen.

Wo ihr Seegrasdämmung kaufen könnt

Seegrasdämmung ist noch nicht sehr weit verbreitet. Am besten könnt ihr die Produkte direkt bei den Herstellern beziehen.

Dämmstoffe aus Neptunbällen bekommt ihr direkt von NeptuTherm. Wenn euch die heimischen Seegräser der Ostsee lieber sind, dann könnt ihr über den Seegrashandel Ostsee Informationen und Proben beziehen.

Preis und Kosten von Seegrasdämmung

Seegrasdämmungen kosten zwischen 27 und 57 Euro pro Quadratmeter ohne Einbau. Damit liegen sie im oberen Preissegment bei den pflanzlichen Dämmstoffen.

Um den Anforderungen der Energieeinsparverordnung gerecht zu werden, müsst ihr bei einer Fassadendämmung ein U-Wert von 0,24 Watt pro Quadratmeter und Kelvin erreichen. Das heißt, dass eine Dämmung mit Seegras 19 Zentimeter dick sein muss.

Vorteile und Nachteile von Seegras als Dämmstoff

Die Seegrasdämmung bietet viele Vorteile:

  • sehr gute Dämmeigenschaften
  • sehr guter sommerlicher Hitzeschutz
  • gutes Raumklima dank Feuchtebeständigkeit und Diffusionsoffenheit
  • gute Ökobilanz wegen energiearmer Herstellung und problemloser Entsorgung
  • von Natur aus gegen Brand, Schimmel und Schädlinge geschützt

Einige Nachteile müsst ihr aber in Kauf nehmen:

  • Baustoffklasse B2, also normal entflammbar
  • nicht unbegrenzt einsetzbar
  • geringe Druckbelastbarkeit
  • vergleichsweise hoher Preis

Fazit zur Seegrasdämmung

Seegras eignet sich sehr gut für viele Dämmprojekte. Besonders hervorzuheben sind die guten Wärmedämmeigenschaften. Außerdem bietet Seegrasdämmung einen guten sommerlichen Hitzeschutz. Wie jeder Dämmstoff auf pflanzlicher Basis sorgt auch Seegras für ein gutes Raumklima und reguliert die Feuchtigkeit im Gebäude.

Aus ökologischer Sicht ist ein großer Vorteil der Dämmstoffe, dass sie nicht zusätzlich mit Boraten oder anderen Salzen für den Brandschutz behandelt werden müssen. "Bei Seegras braucht es für den Brandschutz keine zusätzliche chemische Behandlung, denn die Salze sind schon drin", sagt René Görnhardt von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe.

Allerdings sind die Dämmstoffe sehr teuer – was auch daran liegt, dass es sehr wenige Hersteller gibt. Außerdem ist das Material in Deutschland derzeit nur zum Stopfen, Einblasen oder Schütten erhältlich. "Ein dänisches Unternehmen stellt Matten aus Seegras zwar schon her, allerdings haben die noch keine Zertifizierung", sagt Görnhardt. Deshalb sind sie in Deutschland noch nicht erhältlich.

Ist Seegras für euer Dämmprojekt nicht das richtige Dämmmaterial? Dann informiert euch hier über ökologische Alternativen wie Hanf, Flachs, Stroh oder Holzwolle. Oder schaut in unsere große Übersicht zu ökologischen Dämmstoffen – dort werdet ihr sicherlich fündig.

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