Du planst eine Immobilienübertragung zu Lebzeiten? Vergiss nicht, dir ein lebenslanges Nießbrauchrecht zu sichern, um dein Nutzungsrecht zu erhalten. Wir erklären, warum der Nießbrauch besser als ein reines Wohnrecht ist und welche Vor- und Nachteile es sonst noch hat.
Für viele Familien ist die Immobilienübertragung zu Lebzeiten eine gewinnbringende Lösung. Damit deine Erben dich aber nach der Schenkung nicht auf die Straße setzen und du weiter von deiner Immobilie profitierst, ist ein lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht, den sogenannten Nießbrauch, wichtig.
Das Wichtigste in Kürze
Nach einer Schenkung oder einer Immobilienverrentung garantiert ein Nießbrauch dem ehemaligen Eigentümer das lebenslange Wohn- und Nutzungsrecht an der Immobilie.
Ein Nießbrauch ist mehr als ein reines Wohnrecht.
Ein Nießbrauch endet mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten.
Der neue Eigentümer ist für die „außergewöhnlichen Unterhaltungskosten“ des Hauses oder der Wohnung verantwortlich
Durch eine Schenkung mit eingetragenem Nießbrauch lassen sich viele Immobilien steuerfrei an die nächste Generation übertragen
Eine mit einem Nießbrauch belastete Immobilie sinkt im Wert
Das kannst du tun
Besprich dich mit deiner Familie, ob ein Nießbrauch in Zusammenhang mit einer Schenkung für euch eine gute Option ist
Wägt die Vor- und Nachteile gut ab. Ein im Grundbuch hinterlegter Nießbrauch lässt sich nicht mehr rückgängig machen.
Lasst euch von einem Anwalt beraten und regelt im Nießbrauchvertrag genau, wer nach der Schenkung für welche Instandhaltungsmaßnahmen verantwortlich ist.
Was bedeutet Nießbrauch?
Als Nießbraucher kannst du eine Immobilie nutzen, ohne länger der Eigentümer zu sein (§ 1068 BGB). Dabei ist es gleichgültig, ob du das Haus oder die Wohnung selbst bewohnst oder von den Mieteinnahmen profitierst (auch "Recht zur Fruchtziehung"). Das Nießbrauchrecht ist zeitlich beschränkt. Es endet nach einer vertraglich festgelegten Frist oder – wenn keine Frist festgeschrieben wurde – mit dem Tod des Nießbrauchers. Das Recht kann daher auch nicht vererbt, verkauft oder verpfändet werden. Ein Nießbrauch wird notariell beglaubigt und in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen.
Was ist der Unterschied zwischen Wohnrecht und Nießbrauch?
Bei einem eingetragenen Wohnrecht kannst du deine ehemalige Immobilie nicht vermieten. Du hast lediglich das Recht, sie zu bewohnen. Solange du das tust, machen Nießbrauch und Wohnrecht für dich keinen Unterschied. Musst du aber beispielsweise in ein Pflegeheim umziehen, garantiert nur der Nießbrauch, dass du weiterhin von der übertragenen Immobilie profitierst. Die Immobilie kannst du nur vermieten, wenn du ein Nießbrauchrecht hast. Ein Wohnrecht würde bei deinem Auszug hingegen erlöschen. Ein Nießbrauch ist damit die beste Möglichkeit, sich im Falle einer Schenkung rechtlich fürs Alter abzusichern.
Die Grundbucheintragung schafft klare Verhältnisse. Allen Beteiligten ist dann bewusst, dass der Nießbraucher (auch Nutznießer genannt) nicht auf das Wohlwollen des Beschenkten angewiesen ist, sondern ein verbrieftes (und gegebenenfalls einklagbares) Recht hat, die Immobilie weiter zu nutzen. Auch wenn die Eigentümer das Haus weiterverkaufen, bleibt das Nießbrauchrecht bestehen.
Welche Arten von Nießbrauch gibt es?
Vorbehaltsnießbrauch
Wenn Eltern oder Großeltern eine Immobilie im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge an die Kinder oder Enkel verschenken, sich dabei aber ein Nießbrauchrecht vorbehalten, spricht man von Vorbehaltsnießbrauch. Der Vorbesitzer hat dabei nicht nur das Recht, die Immobilie zu bewohnen, er kann sie auch vermieten und die Einnahmen für sich nutzen. Für die künftigen Erben ergeben sich in den meisten Fällen steuerliche Vorteile, wenn der Besitz ihnen als Schenkung und nicht als Erbschaft zufällt.
Zuwendungsnießbrauch
Bei einem Zuwendungsnießbrauch überträgt zum Beispiel der Eigentümer einer Mietwohnung den Ertrag derselben auf seine Tochter, die mit den Einnahmen ihr Studium finanzieren kann, während der Vater Steuern spart. Die Wohnung bleibt aber das Eigentum des Vaters. Beim Zuwendungsnießbrauch ist es möglich und üblich, das Nießbrauchrecht zeitlich zu befristen.
Nachrangiger Nießbrauch
Beim nachrangigen Nießbrauch wird bereits im Nießbrauchsvertrag festgehalten, dass nach dem Tod des ursprünglichen Nießbrauchers ein weiterer Nießbrauchberechtigter folgt. Auf diese Weise kann sich z.B. eine Frau, die ihr Haus an ihre Tochter weitergegeben hat, sicherstellen, dass auch ihr nicht als Eigentümer eingetragener Lebenspartner bis zu seinem Tod in seinem Zuhause wohnen bleiben kann.
Nießbrauch: Welche Vorteile gibt es?
Vorteile für den Nießbraucher
Eine Immobilie unter Vorbehalt eines Nießbrauchs zu verschenken, gibt dem Schenkenden die Sicherheit, dass er sein Zuhause bis zu seinem Tod nicht verliert.
Alternativ kann er auch die Mieteinnahmen aus einer Immobilie nutzen. Das ist besonders bei einem Umzug in eine Pflegeeinrichtung von Bedeutung.
Auch bei einer Immobilienverrentung und einem Teilverkauf der Immobilie kann sich der ehemalige Eigentümer über ein Nießbrauch sein Wohn- und Nutzungsrecht sichern.
Der Nuzunießer trägt keine außergewöhnlichen Unterhaltungskosten (z.B. ein neues Dach) - das liegt in der Verantwortung des Eigentümers
Vorteile für den Nießbrauchgeber
Bis zu den jeweiligen Freibetraägen können die betreffenden Generationen an der Erbschaftssteuer sparen.
Auch eine Zusicherung des Wohn- und Nutzungsrechts an einen Lebenspartner ist durch Nießbrauch möglich.
Der Verkehrswert der Immobilie sinkt. Dadurch fällt er unter Umständen unter den Freibetrag für eine Schenkung und der Beschenkte muss möglicherweise keine Schenkungssteuern zahlen.
Nießbrauch: Welche Nachteile gibt es?
Nachteile für den Nießbraucher
Der Schenkende ist nicht mehr der Eigentümer und kann die Immobilie nicht mehr verkaufen oder verrenten.
Wenn Modernisierungsmaßnahmen notwendig werden, ist die Beleihung der Immobilie schwierig oder sehr teuer. Da der Nießbraucher nur der Nutzer und nicht mehr der Eigentümer ist, kann er der Bank die Immobilie nicht mehr als Sicherheit anbieten.
Für bauliche Veränderungen braucht er die Zustimmung des Nießbrauchgebers.
Nachteile für den Nießbrauchgeber
Der Nießbrauch mindert den Verkehrswert der Immobilie. Ein Verkauf geht mit Verlusten einher.
Je nach Zeitpunkt der Schenkung und Lebenserwartung des Nutznießers, können die notwendigen Investitionen in die Immobilie den erwarteten Zugewinn durch die Schenkung und durch die Ersparnis der Erbschaftssteuer erheblich schmälern. Ein Aspekt, den man gerade bei der Übertragung älterer Immobilien bedenken sollte.
Fallen bei einer wirtschaftlich genutzten Immobilie (zum Beispiel ein landwirtschaftlicher Betrieb oder eine Mietwohnung), größere Modernisierungsmaßnahmen an, sind dafür nun die neuen Eigentümer, zum Beispiel deine Kinder, verantwortlich. Allerdings erwirtschaftet du als Nutznießer weiterhin den Ertrag. Die Folge: Die Kinder können die Investitionen nicht als Werbungskosten absetzen. Um diese Steuerfalle zu umgehen, ist es sinnvoll, im Übertragungsvertrag genau festzulegen, wer für welche Investitionen in die Immobilie zuständig ist. Auf dieser Grundlage ist es dann auch möglich, dass auch der Schenker sie steuerlich geltend machen kann.
Welche Rechte und Pflichten haben Nießbrauchgeber und Nießbrauchnehmer?
Als neuer Eigentümer fallen dem Nießbrauchgeber alle Rechte und Pflichten zu, die andere Hausbesitzer auch haben. Dazu zählen außergewöhnliche Unterhaltungskosten. Diese sind zum Beispiel eine neue Heizung oder andere aufwendige Modernisierungsmaßnahmen.
Die Kosten für Schornsteinfeger, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Grundsteuern und gewöhnliche Unterhaltungskosten tragen dagegen die Nießbrauchnehmer. Etwa das Streichen der Wände und kleinere Reparaturen.
Die Rechte und Pflichten können im Nießbrauchvertrag jedoch auch einvernehmlich anders geregelt werden.
Tipp: Überlegt euch gut, was der Nießbrauch in eurem Fall bedeutet und ob er sich finanziell lohnt. Ist er einmal im Grundbuch eingetragen, lässt er sich nicht mehr einseitig löschen.
Kann ein Nießbrauch vererbt werden?
Ein Nießbrauch kann nicht vererbt werden. Das Nießbrauchrecht erlischt in der Regel mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten. Ein Nießbrauch kann aber auch vertraglich für eine bestimmte Zeitspanne festgeschrieben werden. Eine solche Vereinbarung ist im Rahmen eines Zuwendungsnießbrauchs üblich, um z.B. seinen Kindern die Mieteinnahmen an einer Eigentumswohnung nur für eine befristete Zeit (z.B. die Dauer eines Studiums) zur Verfügung zu stellen.
Welche Steuern fallen bei Nießbrauch an?
Bei einer Schenkung zwischen Ehegatten und von Eltern an ihre Kinder fallen keine Grunderwerbsteuern an. Allerdings sind die Begünstigten schenkungssteuerpflichtig. Dabei gelten hohe Freibeträge. Pro Elternteil und Kind dürfen 400.000 Euro steuerfrei verschenkt werden. Diese Regelung greift alle zehn Jahre erneut (10-Jahresfrist). Gut durchdachte, regelmäßige Schenkungen mindern auf lange Sicht die künftige Erbschaftsteuer.
Dabei ist wichtig, den Wert der Schenkung zu ermitteln. Dabei zieht ihr den Wert des Nießbrauchrechts vom ursprünglichen Verkehrswert ab. Die Grundlage dazu ist die voraussichtliche Lebenserwartung des Nutznießers und die fiktive Miete der Immobilie.
Alternativ kann auch ein vereidigter Gutachter einen Wert feststellen. Dieser ist auch dann die Grundlage der Steuerberechnung, wenn der Schenkende kurz nach der Schenkung stirbt. Wurde allerdings nur der Nießbrauchwert vom Verkehrswert abgezogen, würde der Wert der Schenkung nach dem Todesfall neu berechnet und am Ende unter Umständen wieder oberhalb des Freibetrags landen.
Wenn der Nutznießer seine ehemalige Immobilie vermietet und so Mieteinnahmen generiert, fällt außerdem eine Einkommensteuer an. Aufwendungen für die Instandhaltung lassen sich dabei gegenrechnen. Außerdem gelten die jeweiligen Freibeträge.
Nießbrauch eintragen – wie funktioniert das?
Ein Nießbrauch an einer Immobilie muss notariell beglaubigt werden. In einem Nießbrauchvertrag werden die Details der Vereinbarung sowie die künftigen Rechte und Pflichten der Parteien festgehalten. Der Nießbrauch wird im Anschluss an die Unterzeichnung im Grundbuch eingetragen.
Die Höhe der Notarkosten richten sich, ebenso wie die Gebühren des Grundbuchamts, nach dem Wert der Immobilie.
Achtung: Lass das Nießbrauchrecht an erster Stelle im Grundbuch eintragen. Im Falle einer Zwangsversteigerung bleibt es nur bestehen, wenn es vor der Grundschuld der Gläubiger steht, sonst erlischt es.
Was passiert mit dem Nießbrauch bei Tod oder Heimaufenthalt?
Stirbt der Nießbrauchnehmer, endet sein Wohn- und Nutzungsrecht. Es geht nun an den Nießbrauchgeber über. Ein Umzug in ein Pflegeheim oder an einen anderen Wohnort hat keinen Einfluss auf den Nießbrauch. Auch wenn der Nießbrauchnehmer sein Wohnrecht nicht mehr ausübt oder ausüben kann, bleibt das Nutzungsrecht an seiner Immobilie erhalten. Kann das Haus oder die Wohnung vermietet werden, hat er Anspruch auf die Mietzahlung.
Fazit: Für wen lohnt sich das Nießbrauchrecht?
Bei der Frage, ob im Zuge einer Schenkung innerhalb der Familie die Eintragung eines Nießbrauchrechts sinnvoll ist oder nicht, stehen sich besonders die Argumente Wertverlust und Sicherheit des Schenkenden gegenüber.
Ist der Wertverlust von Vorteil, da er dafür sorgt, dass die Schenkung den Freibetrag nicht überschreitet, spricht viel für den Nießbrauch. Im Erbfall erlischt er und der Wert der bereits übertragenen Immobilie steigt wieder. Kommt also der Verkauf ohnehin erst nach dem Tod des Schenkenden infrage, hat der Nießbrauch in dieser Hinsicht auch für den Beschenkten keine negativen Auswirkungen.
Wenn die Immobilie jedoch stark sanierungsbedürftig ist, kann die Schenkung zu einem Verlustgeschäft führen. Auf der sicheren Seite bist du, wenn du dich in den oft sehr komplexen Fragen im Einzelfall von einem Anwalt beraten lässt.