Nach Gas und Öl ist Fernwärme die meist genutzte Heizart in Deutschland. In diesem Ratgeber klären wir die wichtigsten Fragen: was Fernwärme ist, wie sie funktioniert und was die Vor- und Nachteile sind.
Eure neue Wohnung wird mit Fernwärme beheizt und ihr fragt euch, was genau das bedeutet? Oder ihr überlegt, ob Fernwärme beim Neubau Sinn macht? Wir klären in diesem Ratgeber die wichtigsten Fragen rund um Fernwärme und Fernheizung.
Jetzt Maßnahmen checken!
Erhalte jetzt einen Überblick über energetische Maßnahmen für dein Objekt, deren Kosten & Fördermöglichkeiten.
Was ist Fernwärme?
Fernwärme ist simpel ausgedrückt die Belieferung mit Wärme aus der Ferne. Ihr habt keine eigene Heizungsanlage im Haus stehen. Stattdessen strömt die Heizenergie von einem Kraftwerk über Leitungen direkt zu euch.
Als Brennstoff kommen vor allem Erdgas, Braunkohle und Steinkohle zum Einsatz, zum Teil auch Öl, Erdwärme und Solarthermie. Eine zentrale Quelle ist zudem die Abwärme von industriellen Prozessen und der Müllverbrennung. Üblicherweise handelt es sich bei Fernwärme um einen Energiemix.
Wie funktioniert Fernwärme?
Fernwärmelieferanten sind Heizkraftwerke und Blockheizkraftwerke, die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung aus einem Primärenergieträger Energie und Wärme produzieren. Das geschieht durch einen thermodynamischen Prozess. Die Energie wird üblicherweise direkt in Strom umgewandelt, während die Wärme ins Fernwärmenetz eingespeist wird und von dort über ein unterirdisches Rohrleitungssystem zu den Haushalten fließt.
Wärmeträger ist Heißwasser. Dieses gelangt über eine Hausanschlussleitung direkt zum Endabnehmer und kann sofort zum Heizen und zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Das abgekühlte Wasser fließt anschließend zurück ins Fernwärmenetz. Die Fernwärmeversorgung ist somit ein geschlossener Kreislauf mit Vor- und Rücklauf.
Was sind die Vorteile von Fernwärme?
Fernwärme hat viele Vorteile. Nicht ohne Grund nutzen mehr als fünf Millionen Haushalte diese Heizart, davon sind etwa 80 Prozent Mieterhaushalte.
Kein Heizkessel: Für Fernwärme braucht ihr weder einen Heizkessel noch ein Lager, etwa für Pellets oder Holz. Entsprechend gibt es auch weniger Technik, die unter Umständen erneuert werden muss.
Platzsparende Technik: Die Technik für Fernwärme nimmt kaum Raum ein und ist deshalb auch in kleinen Objekten gut umsetzbar.
Bequeme Nutzung: Fernwärme wird ganzjährig geliefert und kann im Haus sofort genutzt werden.
Keine Kosten für Wartung und Schornsteinfeger: Weil im Haus selbst keine Verbrennung stattfindet, fallen dafür auch keine Wartungs- oder Reinigungsarbeiten an.
Keine Beschaffung von Brennstoffen: Anders als Nutzer von Pelletheizungen oder anderen Holzheizungen müsst ihr euch bei Fernwärme keine Gedanken um die Brennstoffbeschaffung und -lagerung machen.
Simple Handhabung: Wer Fernwärme nutzt, kann seine Heizung wie eine herkömmliche Gasheizung bedienen. Die Wartungsarbeiten finden regelmäßig automatisch über den Anbieter statt.
Keine Abgase und Gerüche: Die Wärme kommt verbrauchsfertig beim Abnehmer an. Dadurch entstehen im Haus auch weder Abgase noch Ruß, Rauch oder andere Gerüche.
Effiziente Energiegewinnung: Durch Kraft-Wärme-Kopplung ist die Energieausbeute mit 80 bis 90 Prozent bei den Kraftwerken sehr hoch.
Klimafreundliche Wärmeerzeugung: Nutzt der Versorger vor allem regenerative Primärenergieträger, so ist Fernwärme eine klimafreundliche Art zu heizen.
Welche Nachteile hat Fernwärme?
Um abzuwägen, ob Fernwärme sinnvoll ist, solltet ihr auch die Nachteile kennen.
Fossile Brennstoffe: In der Theorie ist Fernwärme klimafreundlich. Doch in der Praxis nutzen die meisten Kraftwerke vor allem fossile Brennstoffe wie Steinkohle und Gas zur Wärmeerzeugung.
Wärmeverluste: Die Effizienz wird durch die langen Transportwege vom Kraftwerk zum Verbraucher vermindert. Ein Teil der Wärme geht verloren.
Langfristige Bindung: Bei Fernwärme seid ihr langfristig an einen Versorger und an dessen Preisstruktur gebunden. Ihr habt von Anfang an keine Wahl und könnt den Anbieter auch nicht wechseln.
Intransparenz: Bei den Versorgern herrscht trotz entsprechender Vorschriften oft nicht genügend Transparenz über Preise und Preiszusammensetzungen, Netzverluste und Energieträger.
Hohe Verbrauchskosten: Die Fernwärmepreise liegen oft über den Verbrauchskosten für eine konventionelle Gasheizung. Zudem gibt es starke regionale Schwankungen.
Eingeschränkte Verfügbarkeit: Vor allem in ländlichen Gebieten, die weniger dicht besiedelt sind, ist Fernwärme oft gar nicht verfügbar.
Keine Flexibilität bei der Heizart: Die Entscheidung für Fernwärme ist eine langfristige. Ihr habt keine Möglichkeit, die Heizart kurzfristig zu wechseln.
Wie viel kostet Fernwärme?
Die Preise für Fernwärme orientieren sich in der Regel an den Energiekosten für Gas und andere Heizarten. Wird die Beschaffung von Erdgas, Holz und Co. teurer, steigen auch die Fernwärme-Kosten. Pro Kilowattstunde kostet Fernwärme im Schnitt zwischen 9 und 12 Cent. Hinzu kommen ein fixer Grundpreis pro Jahr sowie Dienstleistungsgebühren.
Laut dem Heizspiegel für Deutschland liegen die Heizkosten mit Fernwärme für eine 70-Quadratmeter-Wohnung zwischen 650 bis 1.500 Euro pro Jahr und für ein Einfamilienhaus zwischen rund 1.100 und 2.800 Euro jährlich.
Obendrauf kommen bei einem Neubau oder beim Umstieg auf Fernwärme die Kosten für die Fernheizung mit Fernwärmeübergabestation, Fernwärmeleitungen und Hausanschluss.
Ob Fernwärme umweltfreundlich ist, hängt vom Energieträger und der Effizienz des Kraftwerks ab. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung sorgt für eine hohe Energieeffizienz. Gut fürs Klima ist außerdem die Nutzung von regenerativen Wärmequellen wie Solar- oder Geothermie. Ob eure Fernwärme umweltfreundlich ist, könnt ihr nur beurteilen, wenn euer Versorger euch diese Informationen zur Verfügung stellt.
Generell stehen bei der Fernwärme alle Zeichen auf grün: Im September 2022 ist das Förderprogramm BEW zur Umstellung der Fernwärme auf erneuerbare Energien in Kraft getreten. Bis 2026 stehen dafür rund 3 Milliarden Euro zur Verfügung.
Für wen lohnt sich Fernwärme?
Bei Fernwärme ist ein gewisser Energieverbrauch Grundvoraussetzung. Fernwärme lohnt sich meist dann, wenn viele Nutzer an das Wärmenetz angeschlossen sind. Das hat zwei Gründe: Die Verlegung der Versorgungsleitungen und Erzeugungsanlagen ist teuer, zudem gibt es in der Regel eine Mindestabnahmemenge pro Meter Netz.
Fernwärme kommt deshalb vor allem in dicht besiedelten Gegenden wie Neubaugebieten zum Einsatz. Im Idealfall haben auch noch industrielle oder gewerbliche Betriebe einen Standort in der Nähe.
Außerdem kann sich Fernwärme in ländlichen Regionen lohnen, woWärme lokal zu einem günstigen Preis bereitgestellt werden kann, zum Beispiel über die Verwertung von Biogas oder Hackschnitzen.
Heizen ohne Fernwärme: Was sind Alternativen?
In manchen Regionen besteht ein Anschlusszwang an das Fernwärmenetz. Andernorts könnt ihr euch als Hauseigentümer hingegen frei entscheiden, ob Fernwärme für euch sinnvoll ist. Bedenkt in diesem Fall: Bei Fernwärme bindet ihr euch langfristig an einen Wärmelieferanten. Deshalb solltet ihr die Vor- und Nachteile genau abwägen.
Unser Tipp: Holt euch rund um die optimale Heizungsanlage – egal, ob beim Neubau oder im Rahmen einer Sanierung – Unterstützung von einem Energieexperten beziehungsweise nutzt den Sanierungsrechner von Wohnglück.
FAQs Fernwärme
Unter Fernwärme oder Fernheizung versteht man die Wärmeversorgung von Gebäuden durch ein Kraftwerk über ein unterirdisches Rohrleitungsnetz.
Fernwärme wird mithilfe einer Primärenergiequelle – zum Beispiel Erdgas, Steinkohle, Abwärme aus Industrieprozessen, Solarthermie – in Kraftwerken erzeugt. Sie wird dann über den Wärmeträger Wasser durch unterirdische Rohrleitungen zum Nutzer geleitet und kann hier sofort für Heizung und Warmwasser verbraucht werden.
Fernwärme kommt aus Kraftwerken wie Blockheizkraftwerken. Als Primärenergieträger kommt eine Vielzahl an zentralen und dezentralen Wärmequellen in Frage. Eure Fernwärme kann somit aus Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Biogas, Öl und Holz stammen. Ebenso aus regenerativen Quellen wie Solarthermie und Geothermie. Auch Abwärme aus Industrieprozessen, Müllverwertung oder Abwasserreinigung kommt mancherorts zum Einsatz.
Bei Fernwärme erzeugt ein externes Kraftwerk Wärme, die dann über ein Rohrsystem an alle Gebäude verteilt wird, welche beheizt oder mit Warmwasser versorgt werden sollen. Ihr erhaltet also das fertige Produkt "Wärme" und braucht keine eigene Heizungsanlage im Haus.
Anders bei einer Gasheizung: Mit dem Brennstoff Gas beheizte Häuser haben üblicherweise Brennwertkessel im Keller, die Wasser erhitzen. Dieses Heizwasser wird dann über Hausleitungen im Gebäude verteilt. Das Endprodukt Wärme wird bei einer Gasheizung im Gegensatz zu Fernwärme also erst vor Ort erzeugt.
Bei Fernwärme ist es nicht möglich, den Anbieter zu wechseln. Für euren Standort gibt es genau ein Unternehmen, das euch über sein Wärmenetz versorgen kann. Das heißt, wenn ihr euch für Fernwärme entscheidet oder als Mieter Fernwärme bezieht, habt ihr keine Wahl: Ihr seid an die Preisstruktur eures zuständigen Wärmelieferanten gebunden.
Ein Fernwärme-Vertrag darf maximal zehn Jahre Laufzeit haben (§ 32 AVBFernwärmeV) und sich anschließend um höchstens fünf Jahre verlängern. Mit Ablauf dieser Vertragslaufzeit könnt ihr euren Fernwärme-Vertrag wie jeden anderen Vertrag fristgerecht kündigen.
Wohnt ihr zur Miete, könnt ihr euren Vertrag bei Auszug mit einer Frist von zwei Monaten kündigen. Gleiches gilt, wenn ihr euer Haus komplett auf erneuerbare Energien umstellt (§3 Abs. 2 AVBFernwärmeV). Erhöht euer Versorger die Preise kurzfristig aufgrund gestiegener Gaskosten, habt ihr das Recht, euren Vertrag außerordentlich zu kündigen.