Holzhochhäuser sind ein Wohnkonzept der Zukunft. Aber ist das Leben dort überhaupt sicher? Und was, wenn es brennt? Diese Vorteile und Nachteile hat das Wohnen im Holzhochhaus.
Ob in Vancouver, Wien oder Tokio – in Metropolen auf der ganzen Welt liegt das Holzhochhaus im Trend. Der Naturstoff ist das Baumaterial der Stunde. Manche Architekten sehen ihn sogar als Baustoff des 21. Jahrhunderts. Einige Gründe dafür sind naheliegend: Holz ist natürlich, umweltfreundlich, nachwachsend.
Das hört sich erstmal gut an. Trotzdem kommen vielen, wenn sie an Wohnen im Holzhochhaus denken, erst einmal Zweifel: Was passiert, wenn es brennt? Ist das Haus auch wirklich stabil genug? Und was, wenn die Erde beben sollte?
Soviel vorweg: Moderne hohe Gebäude aus Holz sind absolut sicher. Trotzdem hat es natürlich auch Nachteile, in einem Holzhochhaus zu leben. Wir haben für euch die Pros und Contras gesammelt.
Der Hauptgrund, wieso Holz als Baustoff momentan eine solche Renaissance erlebt, ist der Umweltschutz. Denn Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, er braucht nur die Sonne und Wasser, um zu wachsen. Auch die Herstellung von Bauprodukten aus Holz benötigt weit weniger Energie als die Produktion von Stahl und Beton. Diese Materialien sind sehr energieaufwendig. So sehr, dass die Baubranche aktuell für 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs und für 30 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist.
Doch Holz ist nicht nur so gut für die Umwelt, weil es eine nachwachsende Ressource ist. Holz speichert auch CO2, nachdem der Baum schon gefällt worden ist. Zwischen 40 und 100 Jahren kann der Kohlenstoff im Inneren des Materials gebunden werden. Somit leisten Holzhäuser – besonders in Städten – einen Beitrag für ein besseres Klima.
2. Gesundes Raumklima
Holz erzeugt ein angenehmes Raumklima. Nicht nur optisch wirken Wände, Decken und Böden aus Holz angenehm und gemütlich und erzeugen eine Wohlfühlatmosphäre. Auch die Luft im Raum wird durch Holz besser. Denn Holz nimmt auch nach der Verarbeitung Feuchtigkeit aus der Luft auf und gibt sie bei Bedarf wieder ab. Holz gleicht so Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit aus und hält sie in einem gesunden Bereich konstant bei 45 bis 55 Prozent. Diese Materialeigenschaft macht das Wohnen im Holzhochhaus besonders für Asthmatiker und Allergiker sogar gesundheitsfördernd. Durch die feuchtigkeitsbindende Eigenschaft von Holz wird auch Schimmelbildung verhindert.
3. Nicht leicht brennbar
So komisch sich das zuerst einmal anhört: Häuser aus Holz sind bei einem Feuer nicht weniger sicher als solche aus Stahl oder Beton. Sie sind nach Meinung mancher Experten sogar sicherer. Das liegt zum einen an den Materialen, die in der modernen Holzbauweise verwendet werden. Cross Laminated Timber, kurz CLT oder auf Deutsch Brettsperrholz, gilt als Stoff der Zukunft. Es wird aus mindestens drei kreuzweise verleimten Einschichtplatten hergestellt, ist sehr stabil und weist mit 0,7 Millimeter pro Minute eine langsame Abbrandgeschwindigkeit auf.
Zwar kann Holz oberflächlich in Brand geraten, aber das Material bildet schnell eine Verkohlungsschicht, die das Abbrennen stark verzögert. Ein weiterer Vorteil: Es ist leichter vorherzusagen, wie Holz abbrennt als das bei anderen Materialien wie Stahl der Fall ist. Bei Stahl besteht außerdem immer das Risiko, dass das Material schnell schmilzt. Besonders bei Hochhäusern kann das verheerende Folgen haben. Da es weitaus herausfordernder ist, ein Feuer in einem Hochhaus zu bekämpfen als in einem niedrigeren Haus, kann der Baustoff Holz hier sogar als Vorteil gesehen werden.
4. Sicher bei Erdbeben
Holzhäuser bieten aufgrund ihres geringen Gewichts einen sehr guten Schutz bei Erdbeben. In Ländern, in denen die Erdbebengefahr hoch ist, wie Neuseeland, wird daher traditionell viel mit Holz gebaut. Dass dieser Schutz nicht nur bei kleinen niedrigen Häusern funktioniert, beweist die Sakyamuni-Pagode des Fogong-Tempels im chinesischen Shuozhou. Die Pagode zählt mit 67 Metern Höhe zu den höchsten Holzbauten der Welt. Gebaut wurde sie im Jahr 1056 und hat in ihrem mehr als 900 Jahre langen Leben schon viele starke Erdbeben überstanden. Sie ist noch weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand.
Holz hat nicht nur einen regulierenden Einfluss auf das Raumklima, sondern auch auf die Raumtemperatur. Denn Holz hat schlechte Wärmeleit- und gute Wärmespeichereigenschaften. Es nimmt Wärme auf, wenn es warm ist und gibt sie ab, wenn es abkühlt. So wird es in reinen Holzhäusern weder extrem heiß noch extrem kalt.
Dieser Effekt bedeutet auch: Wenn ihr in einem Hochhaus aus Holz lebt, könnt ihr euch Kosten für die Heizung sparen. Dieser Effekt lässt sich zwar auch mit modernen Dämm-Materialien erzielen, aber der Aufwand ist oft höher und die Wände dementsprechend dicker. Bei Holz reichen dünne Wände für eine gute Isolierung, was wiederum mehr Platz bedeutet.
So positiv die physikalischen Eigenschaften von Holz für Raumklima und Temperatur sind, so negativ wirken sie sich auf die Schallisolierung aus. Das ist auch ein Grund, wieso Holzhäuser oft nicht an stark befahrenen Straßen stehen.
Im Holzhochhaus wird wohl mehr von den Nachbarn zu hören sein als in einem Hochhaus aus Stahl und Beton. Der Lärm von außen spielt in einem Hochhaus eine geringere Rolle – zumindest für die Bewohner, die weit genug oben leben. Denn je höher die Wohnung, desto weniger Straßenlärm ist zu hören – auch im Holzhochhaus.
Ein weiterer Nachteil vom Wohnen im Holzhochhaus sind – zumindest momentan noch – die Kosten. Denn auch wenn durch vorgefertigte Bauteile und eine verkürzte Bauzeit bei Holzhäusern eigentlich Geld gespart werden kann, ist die Entwicklung bei Hochhäusern aus dem Naturmaterial noch nicht so weit. Auch gibt es aktuell, wo die Baugeschichte von Holzhochhäusern noch am Anfang steht, noch keine einheitlichen Teile oder Modelle. Jeder Architekt oder Schreiner muss diese jedes Mal neu anfertigen. Das kostet Geld.
Außerdem gibt es in vielen Ländern, darunter in Deutschland, noch keine Bauvorschriften und Gesetze speziell zum Holzhochhausbau. Oft sind daher Einzel-Genehmigungen nötig. Diese dauern lange und kosten viel.
Kein Wunder, dass die Planer des Hybridholzhauses "Wildspitze", das in der Hamburger Hafencity entstehen soll, bei den Kosten mit acht bis elf Prozent mehr rechnen, als es bei einem herkömmlichen Hochhaus dieser Größe der Fall wäre. Dieser Aufschlag wird sich auch in Mieten oder Wohnungskosten bemerkbar machen.
3. Starke Schwankungen bei Wind
Die größte Herausforderung beim Holzhochhausbau ist nicht, das Gebäude nach oben zu ziehen, sondern es auf dem Boden zu halten. Denn je höher man sich befindet, umso stärker und schneller wird auch der Wind. Windgeschwindigkeiten bis zu 150 Kilometer pro Stunde sind keine Seltenheit.
Dadurch bewegen sich Hochhäuser – in der Regel zwischen 30 Zentimeter und über einem Meter. Das kann sogar Menschen in Hochhäusern aus Beton und Stahl seekrank machen, wie einige Mediziner festgestellt haben.
Im Holzhochhaus macht nicht nur die Höhe Probleme, sondern vor allem die Leichtigkeit des Materials. Denn durch sein geringes Eigengewicht ist Holz viel leichter durch den Wind bewegbar als schwerer Stahlbeton. Denn es gilt: Je schwerer das Gebäude, desto besser ist es vor starken Schwankungen durch Windböen und Stürme geschützt.
In vielen hohen Holzgebäuden befindet sich deshalb ein Kern aus Beton, der das Haus schwerer macht. Teilweise sind auch nur die Decken in den oberen Stockwerken zusätzlich mit Beton beschwert, um das Gebäude besonders im oberen Drittel zu stabilisieren. Auch die Hochhäuser breiter zu bauen, kann sie besser vor Schwingungen schützen.
Solltet ihr allerdings einen empfindlichen Magen haben, besonders wenn der Boden schwankt, dann ist ein Leben in einer oberen Etage in einem Holzhochhaus wohl eher nicht das Richtige für euch.