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Homeschooling: Die 11 goldenen Regeln des Heimunterrichts

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Sandra Hermes

Einen guten Arbeitsplatz, tägliche Routinen und Eltern, die auch mal sagen, wenn es zu viel wird. Damit Homeschooling gelingt, braucht es eine ganze Reihe von Faktoren. Unsere elf goldenen Regeln sind natürlich nicht absolut. Dafür sind die Voraussetzungen in den Familien zwischen Home-Office, Schichtarbeit in systemrelevanten Berufen und drohenden Umsatzeinbußen viel zu groß. Ein Tipp passt aber in jedem Fall: die Kinder nicht überfordern.

1. Einen festen Arbeitsplatz fürs Homeschooling aussuchen

Wo die Schule zu Hause am besten stattfindet, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Für Grundschüler ist ein Arbeitsplatz in der Nähe der Eltern sicher die beste Lösung. Jugendliche arbeiten konzentrierter und ungestörter in ihrem eigenen Zimmer.

Unabhängig vom Alter sollte der Arbeitsplatz aber immer derselbe sein. Denn wo man lernt, ist Teil der Routine und die ist jetzt zu Hause noch wichtiger als in der Schule. Gerade die Älteren würden sich aber am liebsten mit ihrem Laptop aufs Bett fläzen. Das ist okay, wenn sie etwas lesen müssen. Aber schreiben und tippen sollten Homeschooler besser im Sitzen.

2. Für funktionierende Technik sorgen

Ob Kinder schon in der Grundschule Zugang zu einem Computer brauchen, ist von Schule zu Schule unterschiedlich. Müssen Aufgaben in Lern-Apps erledigt werden, ist es von natürlich von Vorteil, wenn ihr einen zweiten Computer oder ein Tablet zur Verfügung habt. Allerdings halten sich die Lernzeiten in den ersten Klassen ja noch so in Grenzen, dass ihr euer Gerät vielleicht mit eurem Kind teilen könnt.

Schwieriger wird es schon, wenn per Mail geschickte Arbeitsblätter ausgedruckt werden müssen. Nicht jede Familie hat einen eigenen Drucker zu Hause. Da heißt es dann nachrüsten oder mit den Lehrern gemeinsam nach Alternativen suchen.

Ist euer Kind schon in der weiterführenden Schule, wird vieles über E-Mail und digitale Lernplattformen laufen. Natürlich hat nicht jedes Kind schon ab der 5. Klasse einen eigenen Computer zur Verfügung. Blöd, wenn der heimische PC jetzt von Mama im Home-Office gebraucht wird. Was tun? Fragt in der Nachbarschaft oder Familie, ob es noch einen ausgemusterten Laptop gibt, den man reaktivieren könnte. Oder sprecht mit eurem Chef, ob euer Arbeitgeber euch einen Laptop zur Verfügung stellt.

Homeschooling funktioniert nicht ohne einen Computer oder Laptop. In diesen Tagen gibt es viele Kinder, die ihre Aufgaben auf dem Smartphone machen, weil es ihr einziger Zugang zu den digitalen Unterrichtsinhalten ist. Wenn ihr selbst noch einen Laptop übrig habt, freut sich vielleicht ein Schüler aus der Klasse eures Kindes darüber.

3. Den Tag strukturieren

Homeschooling braucht klare Zeitansagen. Auch wenn es selbst gerade nicht leichtfällt, hilft es euren Kindern, wenn ihr die normalen Routinen so weit wie möglich beibehaltet. Macht für jedes Kind gemeinsam einen Tagesplan.

Für die Kleineren am besten sichtbar auf einer Pappe oder einer Tafel. Hebt die Pausen und Essenszeiten optisch bunt hervor. Auch kleine Dienste, die eure Kinder in der Familie ohnehin erledigen, könnt ihr mit reinschreiben. So weiß jeder, was ihn an diesem Tag erwartet. Denn Überraschungen mögen gerade Grundschulkinder nicht besonders.

4. Verantwortung übernehmen

Dass die Schule jetzt zu Hause stattfindet, macht euch zwar inhaltlich zum Co-Lehrer, in erster Linie bleibt ihr aber Eltern. Das heißt auch, dass ihr euch schützend vor euer Kind stellt. Kommen Arbeitsaufträge erst am späten Nachmittag oder trudelt der Englisch-Plan für die kommende Woche bereits am Samstag ein, ist es eure Aufgabe auch mal nein zu sagen. Die Heimschule darf nicht die Freizeit eurer Kinder auffressen oder sie seelisch so belasten, dass sie am Wochenende nicht abschalten können.

5. Gesunde Pausen einlegen

Die Brotdosen bleiben in Homeschooling-Zeiten erstmal im Schrank. Ernährungstechnisch ein Plus für euch. Aufgeschnittenes Obst, Rohkost oder Mini-Sandwiches werden viel lieber gegessen, wenn Papa sie frisch an den Schreibtisch bringt. Wetten!?

6. Lüften nicht vergessen!

Gerade in kleinen Kinderzimmern ist der Sauerstoff schnell aufgebraucht. Auch wenn es den Nachwuchs nervt, steht jetzt regelmäßiges Lüften auf dem Stundenplan. Nennt es kleine Sauerstoffpause, das klingt etwas cooler.

7. Dem Chaos keine Chance lassen

Kinderzimmer sehen um einiges ordentlicher aus, wenn keine Kinder drin sind ;-) Sind die Bewohner jetzt aber 24/7 zu Hause, machen sich schnell chaotische Zustände breit.

Neue Regel: Bevor es zu Hause zur ersten Stunde klingelt, muss der Schreibtisch aufgeräumt sein. Kompromiss: Dafür überseht ihr bis zum Ende der Woche gebrauchte Unterhosen, Stolperfallen aus Lego-Raumschiffen und die Reste der letzten Bügelperlen-Bastelaktion. Einmal in der Woche ist Aufräumen angesagt. Alle helfen mit. Dann sind Haus und Wohnung bereit fürs Wochenende!

8. Auch mal danke sagen

Auch Lehrer sind Menschen. Menschen, die jetzt gestresst sind, weiterarbeiten und sich mit den Untiefen des digitalen Lernens anfreunden müssen, wenn sie nicht vorher schon fit in neuen Lernmethoden waren. Habt also etwas Geduld und gebt ihnen Feedback. Vielleicht habt ihr Ideen, wie manche Sachen noch besser klappen könnten. Freundlich formuliert, finden die sicher offene Ohren. Und wenn alles eigentlich reibungslos klappt? Auch das ist eine Mail wert. Ein ehrliches Dankeschön können wir doch gerade alle gut gebrauchen.

8. Die Kinder zum Heimuntericht motivieren

Auf einmal fühlt sich Schule ganz anders an. Nicht alles läuft rund im Homeschooling. Die Lernplattform ist überlastet, die Geschwister sind zu laut, das versprochene Lehrer-Feedback lässt auf sich warten und die Kinder vermissen ihre Freunde. Nicht so einfach, hier den Motivator zu spielen.

Bei jüngeren Schulkindern helfen Belohnungssysteme mit Aufklebern oder Stempeln. Bei Oberschülern funktioniert das nicht mehr. Mit Jugendlichen sprecht ihr das Problem am besten ganz offen an und fragt sie, was ihnen in dieser Lage helfen würde am Ball zu bleiben. Oft sind die Antworten nicht gerade das, was ihr gerne hören wollt. "Am besten kann ich lernen, wenn ihr mich in Ruhe lasst!" oder "Ich lerne leichter, wenn ich Musik dabei hören kann". Sie machen zu lassen und Vertrauen in ihre eigenen Lernstrategien zu setzen, motiviert Teenager oft mehr als süße Belohnungen.

9. Freiräume schaffen

Die Situationen sind ganz unterschiedlich. Aber auch wenn Eltern in Kurzarbeit sind, ihren Job verloren haben oder keine Aufträge da sind, haben die wenigsten Zeit, als Vollzeit-Lehrer einzuspringen. Anträge müssen ausgefüllt, alternative Einkommensquellen erdacht werden. Das heißt für die Kinder: Mami und Papi haben nicht den ganzen Schultag Zeit. Je älter die Kinder desto besser können sie das verstehen. Ihr müsst es ihnen aber auch altersgerecht erklären.

Und dann? Vereinbarungen treffen. Ich helfe dir von zehn bis elf bei Mathe und Deutsch, dafür lernst du die Englisch-Vokabeln erstmal alleine. Ich beantworte deine Fragen bis 13 Uhr. Dafür lässt du mich nach dem Mittagessen zwei Stunden arbeiten, ohne zu stören.

10. Den Sportunterricht beim Homeschooling nicht vergessen

Mathe, Deutsch, Englisch. Alles wichtig, aber Bewegung sollte jetzt mindestens die gleiche Bedeutung haben. Denn gerade für die Kleinen fällt nicht nur der reguläre Sportunterricht weg, sondern auch die Pausen. Dort bewegen sich die meisten Grundschüler sogar noch mehr als in der Turnhalle.

Fitness-Apps, Wettlauf mit Papa um den Block oder eine Radtour zu zweit. Das gute an Sport in Corona-Zeiten ist, dass die Eltern entweder gleich mitgezogen werden oder als gutes Vorbild vorangehen müssen.

11. Mal Fünfe gerade sein lassen

Mit jeder weiteren Woche wird es für uns alle schwerer. Keine Treffen mit Freunden und Großeltern, Geschwister und Eltern nerven, zu viel Medienkonsum und Haus und Wohnung fühlen sich immer kleiner an. Wer kann es den Kindern verübeln, dass es im Homeschooling an einigen Tagen so gar nicht klappt. Macht einen Haken dran und macht euren Kindern nicht noch mehr Druck. Lasst sie wissen, dass euch klar ist, wie anstrengend das alles auch für sie ist.

Wenn es gerade passt, die Schulbücher für heute mal früher schließen und stattdessen was Nettes machen. Pudding kochen und warm essen, zusammen ein Spiel spielen oder ein heißes Bad nehmen. Mit ganz viel Schaum und einem Hörspiel. Es hat eben auch Vorteile, wenn die Lehrer nicht sehen, was die Kinder so in der Schulzeit machen.

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