Weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt in der eigenen Immobilie. Zuletzt ging die Wohneigentumsquote in Deutschland sogar zurück. Warum das so ist und was dagegen getan werden könnte, lest ihr hier.
In keinem Land der Europäischen Union leben so wenig Menschen in den eigenen vier Wänden wie in der Bundesrepublik. Und die Entwicklung der Wohneigentumsquote in Deutschland zeigt: Die Anzahl der Eigenheime sinkt.
Als "Alarmzeichen, das die Politik ernst nehmen muss", bezeichnet Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren (VPB), die Entwicklung der Eigentumsquote in Deutschland.
Wie hoch ist die Eigentumsquote in Deutschland?
Seit 2018 liegt die Eigentumsquote in Deutschland bei rund 42 Prozent. Das heißt, weniger als die Hälfte der Deutschen lebt in einer eigenen Immobilie. Das geht unter anderem aus einer Analyse des Berliner Forschungsinstituts Empirica hervor. 2013 habe der Anteil der Menschen, die in Deutschland ein Eigenheim bewohnen, noch 43 Prozent betragen. Dabei liegt in den ostdeutschen Bundesländern die Eigentumsquote mit 36 Prozent deutlich hinter der Eigentumsquote in den westdeutschen Bundesländern (45 Prozent).
Die Entwicklung der Wohneigentumsquote in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zeigt folgende Grafik:
Eigenheimquote in Deutschland nach Bundesländern
Laut dem Statistischen Bundesamt betrug die Wohneigentumsquote in Deutschland im Jahr 2022 42 Prozent. Im Vergleich zwischen den Bundesländern weist das Saarland mit circa 60 Prozent die höchste Eigenheimquote auf. Auf Platz zwei liegt mit knapp 51 Prozent Rheinland-Pfalz, gefolgt von Niedersachsen (49,1 Prozent). Die geringsten Eigentumsquoten in Deutschland haben Bremen, Hamburg und Berlin.
Folgende Tabelle zeigt die Eigenheimquoten in Deutschland nach Bundesländern im Jahr 2022. Die Zahlen beziehen sich auf selbst genutztes Eigentum.
Zahlen von Eurostat zu den Wohneigentumsquoten in Europa aus den Jahren 2020 und 2021 zeigen: Albanien ist das Land mit der höchsten Eigenheimquote im europäischen Vergleich. 96,3 Prozent der albanischen Bevölkerung sind Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung. Schlusslicht bilden Deutschland (49,5 Prozent) und die Schweiz (42,3 Prozent). Insgesamt ist die Eigentumsquote in den osteuropäischen Ländern in der Regel höher als in den übrigen Regionen Europas.
Wohneigentumsquote hängt mit Vermögensungleichheit zusammen
Eine mögliche Erklärung für die Unterschiede liefern Analysen der Bundesbank. Sie zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Anteil der Immobilieneigennutzer und der Vermögensungleichheit in europäischen Ländern gibt. Demnach weisen Länder wie Österreich und Deutschland, wo verhältnismäßig wenig Menschen in eigenen Immobilien leben, auch eine hohe Vermögensungleichheit auf. In südeuropäischen Ländern, wo die Wohneigentumsquote höher ist, sei auch die Ungleichheit geringer.
Die Eigentumsquoten ausgewählter europäischer Länder im Überblick:
Wohneigentumsquote in ausgewählten europäischen Ländern 2020-2021 (Quelle: Statista / Eurostat)
Land
Wohneigentumsquote
Albanien
96,3 Prozent
Rumänien
95,3 Prozent
Ungarn
90,5 Prozent
Polen
86,8 Prozent
Estland
81,6 Prozent
Norwegen
80,8 Prozent
Spanien
75,8 Prozent
Italien
73,7 Prozent
Griechenland
73,3 Prozent
Niederlande
70,1 Prozent
Schweden
64,9 Prozent
Frankreich
64,7 Prozent
Dänemark
59,2 Prozent
Österreich
54,2 Prozent
Deutschland
49,5 Prozent
Schweiz
42,3 Prozent
Hinweis: Die von Eurostat veröffentlichte Wohneigentumsquote bildet nicht das selbst genutzte Wohneigentum ab, sondern das Verhältnis der Haushalte, die Wohneigentum haben, zur Anzahl der betrachteten Gesamthaushalte.
Warum sinkt die Eigentumsquote in Deutschland?
Vor allem jüngere Menschen können sich das Eigenheim in Deutschland oft nicht mehr leisten. Laut Empirica ist der Anteil der 70- bis 79-Jährigen unter den Immobilieneigentümern in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen. Verantwortlich dafür soll der Generationeneffekt sein. Denn die heute älteren Menschen im Westen Deutschlands hatten einen Wohlstandsvorsprung und konnten so leichter als die Kriegsgenerationen an Wohneigentum kommen. So ist die Wohneigentumsquote in Deutschland unter den 70- bis 79-Jährigen im Jahr 2018 laut Empirica auch bei 58 Prozent – der höchste Anteil aller Altersgruppen.
Ein weiterer Grund für die niedrige Quote gerade unter Jüngeren sei eine spätere Familienplanung. Denn die Wohneigentumsquote sei umso höher, je früher Familien gegründet würden, heißt es von Empirica. Da sich das Alter für die Familiengründung immer weiter nach hinten verschiebt, verlängere sich auch das Mieterdasein.
Das seien auch die Gründe für die mit 25 bis 30 Prozent sehr geringe Wohneigentumsquote unter den 30- bis 39-Jährigen in Deutschland. Die Mehrheit der heute 30- bis 45-Jährigen schaffe es nicht, ohne Unterstützung der Familie das nötige Kapital für den Wohnungs- oder Hauskauf aufzubringen, kritisiert auch der VPB. "Das ist nicht nur frustrierend für alle, die nicht aus wohlhabenden Elternhäusern kommen. Es zementiert auch Vermögensungleichheit und birgt erheblichen sozialen Sprengstoff", sagt Corinna Merzyn vom VPB.
Wie könnte die Wohneigentumsquote in Deutschland steigen?
Auch für die Bundesbank ist die Wohnungspolitik entscheidend für die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland. Im Januar 2020 hat sie in einer Studie gezeigt, wie sich die Wohneigentumsquote in Deutschland verbessern könnte. Und damit, so die Autoren, ließe sich auch die immer größer werdende Vermögensungleichheit verringern.
Als Grund dafür, wieso hier so wenige Menschen im Eigenheim leben, führen die Wissenschaftler drei verschiedene Gründe an:
Die hohen Grunderwerbsteuern, die Immobilien zu einem teuren und weniger liquiden Vermögenswert machen.
Hypothekenzinsen können für Eigennutzer nicht steuerlich geltend gemacht werden. Das sei zwar "steuersystematisch schlüssig", verteuere aber die Finanzierungskosten für Immobilien.
Den sozialen Wohnungsbau, der häufig einen Anreiz zum Mieten und eine günstigere Alternative zum Wohneigentum biete.
Drei Maßnahmen zur Verbesserung der Eigentumsquote aus den USA
In der Studie ahmen die Wissenschaftler drei Maßnahmen aus der US-amerikanischen Wohnungspolitik nach. Dort wohnen 65 Prozent der Menschen in einer eigenen Immobilie.
Die Reduzierung der Grunderwerbssteuer für Eigennutzer von aktuell durchschnittlich fünf Prozent auf das Niveau der USA von im Schnitt 0,33 Prozent.
Eigennutzer bekommen die Möglichkeit, Hypothekenzinsen von der Steuer abzuziehen.
Der soziale Wohnungsbau wird beendet. Der so eingesparte Betrag soll zu einer Reduzierung der Einkommenssteuer führen und somit allen Haushalten zugute kommen.
Alle drei Experimente, heißt es in der Bundesbank-Studie, hätten eine positive Auswirkung auf die Wohneigentumsquote in Deutschland. Besonders im mittleren Einkommensbereich wachse der Anteil der Eigennutzer. Der kombinierte Effekt der drei Maßnahmen würde zu einer Wohneigentumsquote von 58 Prozent führen, so die Wissenschaftler.
Eine veränderte Wohnungspolitik würde mehr Haushalten Anreize bieten, ein Eigenheim zu erwerben. Gleichzeitig hätte sie aber auch Verteilungseffekte, weil Mieter und Eigentümer unterschiedlich betroffen wären.
Bei niedrigerer Grunderwerbsteuer sinkt zwar der Preis inklusive Nebenkosten, den Eigennutzer zahlen müssen, jedoch steigt der Preis ohne Steuer, den Immobilienunternehmen als Vermieter bezahlen. Dadurch würden die Mieten steigen. Außerdem würden zwar besonders weniger wohlhabende Haushalte durch niedrigere Erwerbsnebenkosten profitieren. Doch sie müssten auch den Ausgleich durch eine höhere Einkommenssteuer mittragen.
Die steuerliche Abzugsmöglichkeit von Hypothekenzinsen hätte wiederum leichte Wohlfahrtsgewinne, sagen die Forscher. Denn so könnten sich mehr Menschen aus den unteren Einkommensschichten ein Eigenheim leisten.
Wohneigentums-Vorbilder aus Europa
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und die Friedrich-Naumann-Stiftung sind der Frage nachgegangen, warum die Wohneigentumsquote in Deutschland so niedrig ist – und was andere Länder in Europa besser machen, um ihre Bürger effektiver zu Wohneigentum zu verhelfen.