Wohnen | Statement

Tiny Wohnglück: Jens Conrad und sein rollstuhlgerechtes Tiny House


Mit Rollstuhl ins Tiny House? Für viele scheint das unmöglich. Doch Jens Conrad hat sich mit dem "Tiny Rolli Haus" ein mobiles Minihaus bauen lassen, das er als Rollstuhlfahrer bequem nutzen kann. In unserer Serie "Tiny Wohnglück" erzählt er davon.

  1. Rollstuhlgerechte zwölf Quadratmeter
  2. Mobiles Wohnglück
  3. 5 Fragen an Tiny-House-Bewohner Jens Conrad

Ein Tiny House erregte beim Tiny-House-Festival in Karlsruhe besonders viel Aufmerksamkeit: Das von Jens Conrad. Der 51-jährige Unternehmer sitzt seit 2016 im Rollstuhl und hat sich von der Tischlerei Bock ein Tiny House auf Rädern anfertigen lassen, das rollstuhlgerecht ist. Ein Unterfangen, das gar nicht so einfach war.

Jens Conrad musste bei mehreren Herstellern anfragen. Die meisten winkten ab: Tiny House und Rollstuhl? Das passe einfach nicht zusammen. Doch Jens Conrad ist einer, der nicht so schnell aufgibt. Und zusammen mit Tischler Christian Bock hat er mit seinem auf der Messe gezeigten "Tiny Rolli Haus" das Gegenteil bewiesen.

Jetzt Tiny House-Kredit anfragen!

Wir vermitteln dir ganz unkompliziert den Kredit, der am besten zu dir und deinem Tiny House passt.

Rollstuhlgerechte zwölf Quadratmeter

Sein Tiny House auf Rädern hat eine Grundfläche von zwölf Quadratmetern und bietet eine Küche, einen Arbeits- beziehungsweise Essplatz, zwei ausklappbare Betten sowie ein rollstuhlgerechtes Badezimmer mit Dusche.

"Das untere Bett ist so gebaut, dass ich von dort problemlos alleine ins Badezimmer gelange. Eine Schlaufe hilft mir dabei", erklärt Conrad, der in dritter Generation ein Unternehmen führt, das Zulieferer für die Möbelindustrie ist. Er hat außerdem die proVice GmbH gegründet, die Produkte anbietet, die Rollstuhlfahrern das Leben erleichtern. "Das obere Bett ist für meine Frau gedacht, die kann gut klettern."

  • Innenansicht vom Tiny Rolli Haus
  • Innenansicht vom Tiny Rolli Haus

Die Küchenarbeitsplatte ist unterfahrbar, der Kühlschrank ausziehbar, außerdem lässt sich das Aufbewahrungssystem an der Wand per Seilzug runterfahren, so dass Jens Conrad problemlos an die Sachen darin herankommt. Außerdem verfügt das Tiny Rolli Haus über eine Rampe und eine Terrasse.

Das Tiny House ist gedämmt, hat dreifach verglaste Fenster und eine Aluminiumfassade, die auf einer Lärchenholz-Konstruktion aufgebracht ist. Gekostet hat das Haus knapp 100.000 Euro, dazu kamen für den Tiny-House-Anhänger und die Terrasse mit Rampe noch einmal 30.000 Euro.

  • Rückseite des Tiny Rolli Haus mit schwarzer Aluminiumfassade
  • Eine Rollstuhlrampe führt zum Tiny House von Jens Conrad.

Mobiles Wohnglück

Das Tiny Rolli Haus wiegt exakt 3,5 Tonnen und kann somit auf der Straße fahren. Das war für Conrad entscheidend: Er ist im Jahr sechs bis acht Wochen unterwegs, beispielsweise weil er oft für mehrere Tage bei Kunden vor Ort sein muss. Doch selten fand er dort eine rollstuhltaugliche Unterkunft. Künftig bringt er die mit seinem Tiny House einfach mit.

Seine Mitarbeiter transportieren das Haus dann mit einem firmeneigenen Sprinter an Ort und Stelle und bauen es dort auf. Außerdem möchte Jens Conrad seine Urlaube zusammen mit seiner Frau und seiner Assistenzhündin dort verbringen.

Inhalt von Youtube

Beim Anzeigen dieses Inhalts werden Ihre IP-Adresse, Geräteinformationen, Referrer und Zeitstempel an Youtube übermittelt und Cookies gesetzt. Diese Daten können Youtube auch zu eigenen Zwecken, insbesondere zur Analyse des Nutzungsverhaltens zu Marktforschungs- und Marketing-Zwecken, dienen. Ein Zugriff auf diese Daten aus oder eine Speicherung in Staaten mit einem im Vergleich zur EU abweichenden Datenschutzniveau ist nicht ausgeschlossen.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Consent Banner

5 Fragen an Tiny-House-Bewohner Jens Conrad

1. Warum bist du in ein Tiny House gezogen?

Ich bin als Unternehmer viel unterwegs. Und ich wurde schon so oft von Hotelanbietern oder Pensionsanbietern enttäuscht. Da wurde behauptet, die Unterkunft sei rollstuhlgerecht, aber vor Ort war dem nicht so. Teilweise musste ich sogar auf der Toilette schlafen, weil ich nicht in mein Bett kam. Und dann muss man immer froh sein, wenn es vor Ort überhaupt ein rollstuhltaugliches Angebot gibt.

Da dachte ich mir: Das muss auch anders gehen. Ich war früher Wohnmobilist und Wohnmobilfahrer, da lag die Idee mit einem Tiny House relativ nahe. Ich habe mich dann auf die Suche gemacht nach jemanden, der meine Idee eines rollstuhlgerechten Hotels – oder besser gesagt: Eigenheims auf Rädern – umsetzen kann. Damit möchte ich künftig unterwegs sein und dort meine Ferien verbringen.

2. Welche Hürden musstest du nehmen, um in das Tiny ziehen zu können?

Die Suche nach einem Hersteller war nicht ganz einfach. Viele winkten da gleich ab und sagten, ein Tiny House und ein Rollstuhl, das geht nicht zusammen. Die hatten da keine Lust drauf.

Was die rechtliche Lage betrifft, da kümmere ich mich gerade nicht so drum. Ich stelle mein Tiny House mal da und mal dort auf und lasse das Thema auf mich zukommen. Alle reden von Inklusion und Barrierefreiheit, mal sehen, ob der Amtsschimmel einem Rollstuhlfahrer die Freiheit nehmen will und mir Knüppel zwischen die Beine wirft oder Lösungen findet. Ich hoffe auf Letzteres.

3. Was sind die größten Herausforderungen beim Leben in deinem Tiny House?

Mein Tiny House schöpft die Maximalmaße für die Straßenzulassung voll aus. Ich glaube, schmale Hofzufahrten, herabhängende Äste und die Positionierung vor Ort, das alles kann durchaus mal zur Herausforderung werden. Zudem darf das Gefälle nicht zu stark sein und ich brauche auch hinter der Rampe einen befestigten Weg, auf einer Wiese ist das schwierig mit dem Rollstuhl.

Und mal sehen, wie gut das im Tiny House zu zweit, zusammen mit meiner Frau, funktioniert.

4. Was gefällt dir am besten daran, in einem Tiny House zu leben?

Die beheizte Tischplatte! Wenn man dauerhaft im Rollstuhl sitzt, dann hat man starke Durchblutungsprobleme und dadurch immer kalte Beine. Das ist ziemlich ätzend, wenn man viel am Tisch sitzt wie ich. Und dass ich dann einfach die Infrarotheizung unter der Tischplatte anschalten kann, das ist megagenial.

In meinem Tiny House habe ich als Rollstuhlfahrer mehr Komfort als in meinem Haupthaus, das nicht komplett rollstuhlgerecht ist, schließlich lebe ich dort mit drei Fußgängern zusammen.

5. Was würdest du heute anders machen, wenn du dir nochmal ein Tiny House kaufen würdest und was hättest du gerne vorher gewusst?

Leider musste ich eine Chemietoilette einbauen, bei meinen Einschränkungen ging das nicht anders. Aber jetzt habe ich davon gehört, dass eine norwegische Firma wohl eine Verbrennungs-Toilette herstellt. So was zu haben, das wäre klasse, dann muss man sich um die Entsorgung des Schwarzwassers nicht mehr kümmern.

Jens' Tipp für alle Rollstuhlfahrer, die auch in einem Tiny House leben wollen:

Meldet euch bei mir und holt euch Tipps ab, damit ihr meine Fehler nicht auch noch macht. In Sachen Tiny House ist mehr möglich als man denkt.

Ihr wollt noch von anderen Tiny House-Bewohnern lesen? Auf unserer großen Übersichtsseite findet ihr alle Teile unserer Serie "Tiny Wohnglück":

Das wird dich auch interessieren