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Eingebedarfskündigung: Was Vermieter beachten müssen

Einer der häufigsten Kündigungsgründe für Mietwohnungen ist Eigenbedarf. Der liegt immer dann vor, wenn der Vermieter seine Immobilie für sich selbst, Familienangehörige oder eine zum Hausstand gehörende Person benötigt. Damit eine Kündigung wegen Eigenbedarf rechtens ist, muss sie gut vorbereitet sein. Wir erklären in diesem Artikel, was ihr als Vermieter unbedingt beachten müsst.

Wann darf man dem Mieter wegen Eigenbedarf kündigen?

Eigenbedarf bedeutet, dass ihr eine Mietwohnung für euch selbst, einen Haushaltsangehörigen oder ein nahes Familienmitglied beansprucht. Zulässig sind Eigenbedarfskündigungen grundsätzlich für folgende Personengruppen:

  • Immobilienbesitzer
  • Kinder, Stief­kinder, Enkel
  • Eltern, Schwiegereltern, Großeltern
  • Geschwister, Nichten, Neffen
  • Lebenspartner, Ehegatten
  • Haushaltshilfen, Pflegepersonal

Für eine Kündigung wegen Eigenbedarf muss es vernünftige, nachvollziehbare Gründe geben. Hegt ihr schlicht den Wunsch, künftig in den eigenen vier Wänden zu leben, reicht das nicht aus.

Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegen gültige Eigenbedarfsgründe vor, wenn:

  • Ihr als Vermieter näher am Arbeitsplatz wohnen wollt.
  • neue Lebensumstände einen Umzug ins Eigenheim rechtfertigen, zum Beispiel Heirat, Scheidung oder Trennung, Arbeitsplatzwechsel, Ruhestand, Pflegefall.
  • Ihr eine kleinere oder größere Wohnung benötigt, zum Beispiel wegen eines Todesfalls oder einer Trennung, dem Einzug einer Pflegekraft oder einem Kinderwunsch.
  • Euer aktueller Wohnsitz umgebaut wird und ihr für mindestens anderthalb bis zwei Jahre eine Ersatzwohnung benötigt.
  • nahe Verwandte eigenen Wohnraum brauchen.

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Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf unzulässig?

Eigenbedarfskündigungen sind gesetzlich streng geregelt, um Mieter vor Missbrauch zu schützen. Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen die Kündigung wegen Eigenbedarf rechtsmissbräuchlich ist. Die da wären:

  • Vorgeschobener Eigenbedarf: Der Vermieter will die Wohnung nicht ernsthaft nutzen und schiebt Gründe vor. Zum Beispiel, um eigentlich einen lästigen Mieter loszuwerden oder eine Mieterhöhung durchzusetzen.
  • Treuwidriger Eigenbedarf: Die Kündigung wegen Eigenbedarf ist bereits bei Vertragsschluss geplant, wird dem Mieter aber verschwiegen.
  • Überhöhter Wohnbedarf: Der Immobilienbesitzer will sich vergrößern, die Wohnfläche der Mietwohnung übersteigt den Eigenbedarf aber bei Weitem.
  • Befristeter Eigenbedarf: Der Vermieter will die Wohnung nur zeitweise, zum Beispiel für gelegentliche Übernachtungen, oder für ein paar Monate nutzen.
  • Zweckverfehlung: Die Wohnung kann gar nicht so genutzt werden, wie es gemäß Kündigung wegen Eigenbedarf angemeldet ist. Zum Beispiel wenn das Vermieterpaar ein Kind erwartet, die Wohnung aber deutlich zu klein für eine Familie ist.
  • Gewerbliche Nutzung: Der Eigentümer beabsichtigt, die Immobilie gewerblich zu nutzen. Dieser Fall ist meist nur zulässig, wenn andernfalls gewichtige, geschäftliche Nachteile entstehen.
  • Alternative Wohnung: Im Besitz des Vermieters ist eine andere, vergleichbare Wohnung, die leer steht.
  • Kündigung auf Vorrat: Der Immobilienbesitzer kündigt vorsorglich wegen Eigenbedarf, weil er die Wohnung eventuell in Zukunft nutzen will.

Ihr wollt euch als Vermieter sinnvoll schützen? Lest dazu mehr in diesem Artikel: Welche Versicherungen für Vermieter sinnvoll sind

Kündigungsfristen bei einer Eigenbedarfskündigung

Liegt Eigenbedarf vor, variiert die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 573 c BGB. Sie ist abhängig von der Dauer des bestehenden Mietverhältnisses.

Folgende Fristen gelten bei Kündigung wegen Eigenbedarf:

Mietdauer Kündigungsfrist
weniger als 5 Jahre 3 Monate
5 bis 8 Jahre 6 Monate
länger als 8 Jahre 9 Monate
Übersicht Kündigungsfristen bei Eigenbedarf

Die Kündigung muss jeweils bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats beim Mieter eingehen. Kündigt ihr eurem Mieter also beispielsweise zum 2. Juni, endet das Mietverhältnis zum 31. August, 30. November oder zum 31. März des Folgejahres.

Checkliste: Wie geht man bei einer Eigenbedarfskündigung vor?

Eine Eigenbedarfskündigungen hat in der Regel immer dann Erfolg, wenn die Fristen eingehalten werden, die Gründe zulässig sind und das Kündigungsschreiben ordentlich aufgesetzt ist. Um unnötige Streitigkeiten oder gar einen Gerichtsprozess zu vermeiden, geht ihr am besten wie folgt vor:

1. Mit dem Mieter sprechen

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf kommt für Mieter in der Regel unerwartet. Die Situation kann das gesamte Leben auf den Kopf stellen. Es empfiehlt sich daher, im ersten Schritt mit möglichst viel Vorlaufzeit das persönliche Gespräch zu suchen. Schildert dem Mieter eure Beweggründe transparent und einfühlsam. Das ist nur fair.

Mehr zum Thema: Mieter-Vermieter-Verhältnis ist in Deutschland erstaunlich gut

2. Ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarf aufsetzen

Damit das Kündigungsschreiben rechtmäßig ist, muss es folgende Punkte beinhalten:

  • Angabe der Person, die den Wohnraum benötigt
  • Darlegung des Verhältnisses zu dieser Person
  • Nachweis über zulässige Gründe für die Kündigung wegen Eigenbedarf
  • Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters nach § 574 BGB
  • Gegebenenfalls Hinweis auf eine Alternativwohnung, die dem Mieter angeboten werden kann sowie eine Erklärung, warum diese nicht für den Eigenbedarf passt

3. Kündigung per Einschreiben übergeben

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf sollte immer persönlich in Anwesenheit von Zeugen oder per Einschreiben übergeben werden. Nur so habt ihr einen Nachweis. Das kann spätestens bei Streitigkeiten vor Gericht von hoher Relevanz sein.

4. Besichtigung vereinbaren

Als Vermieter habt ihr das Recht auf eine Besichtigung der Wohnung, noch bevor das Mietverhältnis endet. So könnt ihr beispielsweise Renovierungsmaßnahmen besser planen. Um Konflikte zu vermeiden, geht auch an dieser Stelle fair und verständnisvoll mit eurem Mieter um. Sucht das persönliche Gespräch und vereinbart einen Termin, der für beide Parteien passt.

Sozialklausel und Härtefall bei Kündigung wegen Eigenbedarf

Mieter haben das Recht, spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich Widerspruch einzulegen. Eine Möglichkeit ist, sich auf die sogenannte Sozialklausel zu beziehen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 574 BGB) verankert ist. Sie besagt, dass der Mieter dem Eigenbedarf widersprechen kann, wenn der Auszug eine besondere Härte darstellt.

Ein Härtefall kann zum Beispiel vorliegen, wenn der Mieter bereits ein hohes Alter erreicht hat, krank ist oder die Beschaffung von neuem Wohnraum aus anderen Gründen unzumutbar ist. Etwa wegen einer Schwangerschaft, einem Schulwechsel oder aus beruflichen Gründen.

Grundsätzlich wird immer im Einzelfall entschieden. Die Rechtsprechung kann entsprechend sehr unterschiedlich ausfallen.

Grundsätzlich ist die Sozialklausel nicht anwendbar, wenn

  • der Mietvertrag befristet ist.
  • das Objekt gewerblich genutzt wird.
  • eine fristlose außerordentliche Kündigung vom Mietvertrag vorliegt.
  • das Objekt ein möbliertes Zimmer in der Wohnung des Vermieter ist.
  • der Mieter selbst gekündigt hat.

Ein Widerspruch wegen Härtefall ist auch nur dann gültig, wenn dieser schriftlich erfolgt und ausdrücklich auf die Sozialklausel verwiesen wird.

Mieter zieht nicht aus oder findet keine Wohnung – was tun?

Kündigt der Vermieter rechtmäßig und ordnungsgemäß wegen Eigenbedarf, muss der Mieter die Wohnung fristgerecht räumen. Euer Mieter kann Widerspruch einlegen und sich auf die Sozialklausel berufen. Ob ein Härtefall vorliegt, muss dann ein Gericht klären.

Hat der Widerspruch keinen Erfolg, kann der Mieter noch eine Räumungsfrist von bis zu einem Jahr beantragen. In diesem Fall muss geprüft werden, ob das Interesse des Eigentümers oder das des Mieters überwiegt.

Letzter Ausweg Räumungsklage?

Weigert sich der Mieter partout auszuziehen, müsst ihr rasch aktiv werden. Der erste Schritt: Lasst dem Mieter innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Kündigungsfrist einen schriftlichen Widerspruch zukommen. Darin untersagt ihr die weitere Nutzung der Immobilie. Tut ihr dies nicht, kann sich das Mietverhältnis per Gesetz auf unbestimmte Zeit verlängern.

Schritt zwei: Fordert euren Mieter ebenfalls schriftlich zur Räumung der Wohnung auf. Wird auch dem nicht nachgegeben, könnt ihr als letzten Ausweg eine Räumungsklage einreichen.

Die Bearbeitung dauert in der Regel rund sechs Wochen, kann sich in Extremfällen aber bis zu zwei Jahre ziehen. Neben der Wartezeit müsst ihr mit hohen Kosten von mehreren Tausend Euro für das Gerichtsverfahren rechnen. Dazu kommen finanzielle Ausfälle, da Mieter bis zum Urteil üblicherweise keine Miete zahlen.

Hat eure Räumungsklage Erfolg, setzt der Gerichtsvollzieher einen Vollstreckungstermin fest. Im Einzelfall können Mieter einen Vollstreckungsschutz beantragen und die Räumung erneut umgehen.

Unterm Strich lohnt es sich meist vor allem finanziell nicht, die Eigenbedarfskündigung durch eine Räumungsklage zu erzwingen. Sinnvoller ist es, frühzeitig das Gespräch mit dem Mieter zu suchen und im Zweifelsfall einen Mediator einzusetzen, um sich gütlich zu einigen.

Kennt ihr schon das neue Vermieter-Siegel? Alles dazu in diesem Artikel: "MeinFairMieter": Neues Gütesiegel für faire Vermieter

Außerdem gut zu wissen für alle Vermieter: "Grundsteuer auf Mieter umlegen: Voraussetzungen und Berechnung".

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