Steigen die Immobilienpreise immer weiter? Nein, sagt die Kaufpreisprognose 2035 des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts. In knapp der Hälfte aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte liegen die Preise für Immobilien bis 2035 um mehr als zwei Prozent unter dem derzeitigen Niveau. Wir zeigen euch, wo der Preistrend positiv ist und in welchen Regionen zum Teil deutliche Rückgänge erwartet werden.
In fast der Hälfte aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte können Haus- und Wohnungsbesitzer davon ausgehen, dass ihre Immobilie bis mindestens 2035 real an Wert verliert. Das geht aus der Studie "Postbank Wohnatlas 2023" hervor.
Dies bedeutet eine grundlegende Kursveränderung im Gegensatz zu Prognosen aus der jüngsten Vergangenheit. Für diese hat das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) eine Kaufpreisprognose 2035 erstellt. In vielen Regionen hat der Preisboom somit ein Ende.
Die Gründe: Gestiegene Zinsen, eine stark steigende Inflationsrate und eine auf hohem Niveau stagnierende Nachfrage bestimmten 2022 den Immobilienmarkt in Deutschland. Zwar steigen die Preise für Eigentumswohnungen in Deutschland nominal weiterhin leicht. Real, also unter Berücksichtigung der Inflationsrate, sinken sie zurzeit vielerorts.
Wo die Immobilienpreise weiter ansteigen werden
Der Aufwärtstrend am deutschen Immobilienmarkt bleibt zwar langfristig bestehen, wird aber schwächer und gilt vor allem nur noch für bestimmte Landkreise und kreisfreie Städte. In wachsenden Regionen mit hohen Anteilen jüngerer, gutverdienender Erwerbstätiger an der Bevölkerung dürfen Käufer und Eigentümer von Wohnungen bis 2035 mit weiteren Wertzuwächsen rechnen. Das ist im Nordwesten und Süden der Fall, vor allem in Bayern.
Zu den Top Ten der Kreise mit den am höchsten prognostizierten Preissteigerungen gehören sechs bayerische Landkreise. Teilweise haben sie schon viele der sogenannten "Big Seven", also den sieben größten deutschen Metropolen, überholt. So liegen etwa Erding und Landshut mittlerweile vor Berlin, Köln oder Düsseldorf.
Die teuerste Stadt der "Big Seven" ist nach wie vor München mit einem Quadratmeterpreis 2022 von knapp 9.734 Euro. Und dennoch prognostiziert die Studie einen realen Preisanstieg um durchschnittlich 2,08 Prozent pro Jahr.
Auch in Frankfurt am Main, Köln, Berlin und Stuttgart ist ein deutliches jährliches Preisplus von mehr als einem Prozent drin. In Hamburg, mit dem derzeit zweithöchsten Kaufpreis unter den Big Seven, steigen die Preise zwar bis 2035 weiter, allerdings nicht mehr so dynamisch wie bisher. Für die Hansestadt wird mit einem realen jährlichen Plus von knapp unter 0,3 Prozent pro Jahr das schwächste Preiswachstum aller Big Seven erwartet.
Stärkster Preiszuwachs in Potsdam
Für Potsdam wird mit realen Preiszuwächsen von mehr als 2,7 Prozent pro Jahr das voraussichtlich stärkste prozentuale Preiswachstum aller deutschen Regionen erwartet.
Regionen rund um München und Hamburg werden teurer
Im Münchener Einzugsgebiet lässt der Landkreis Erding einen knapp höheren Zuwachs erwarten als die bayerische Landeshauptstadt. Auch die kreisfreien Städte Landshut und Augsburg sowie die Landkreise Ebersberg und Dachau, alle im Umland von München gelegen, gehören zu den zehn Regionen mit den höchsten erwarteten jährlichen Preisanstiegen bis 2035.
Quellen: VALUE AG (empirica-systeme Marktdatenbank), Statistisches Bundesamt, Berechnungen HWWI
Rang
Stadt/ Kreis
Bundesland
Preistrend pro Jahr in Prozent
1
Potsdam
Brandenburg
2,71
2
Erding (Landkreis)
Bayern
2,13
3
Leipzig
Sachsen
2,12
4
München
Bayern
2,08
5
Landshut
Bayern
1,98
6
Frankfurt
Hessen
1,93
7
Ebersberg (Landkreis)
Bayern
1,86
8
Augsburg
Bayern
1,86
9
Dachau (Landkreis)
Bayern
1,82
10
Köln
Nordrhein-Westfalen
1,52
Mit Leipzig ist neben Potsdam eine weitere ostdeutsche Großstadt unter den Top Ten zu finden. Sie hat als einzige Großstadt außerhalb der "Big Seven" München in Sachen Preistrend überholt. Hier liegen die Preise für Eigentumswohnungen dagegen mit rund 3.300 Euro noch auf einem vergleichsweise moderaten Niveau.
In den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein ist ein Anstieg der Kaufpreise im Durchschnitt über alle Regionen zu erwarten. In ländlich geprägten mitteldeutschen Regionen werden dagegen leicht sinkende oder stagnierende Preise prognostiziert.
Wertverluste bei Immobilien drohen allgemein in strukturschwachen Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen. Das trifft insbesondere auf viele Regionen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zu. Hier sind in den kommenden Jahren deutlich schrumpfende Bevölkerungszahlen zu erwarten. Zudem altert die Bevölkerung stark. Das führt zu weiteren Kaufkrafteinbußen der Bevölkerung. In der Folge sinken die Kaufpreise für Immobilien.
Eigentumswohnungen in der Stadt Suhl in Thüringen werden von allen deutschen Regionen voraussichtlichen am stärksten an Wert verlieren. Ausnahmen, die sich im Osten Deutschlands gegen diesen Trend entwickeln, sind zum Beispiel der Großraum Berlin sowie Leipzig, Dresden, und Jena.
Neben den ostdeutschen Regionen ist auch das Saarland betroffen. Für die Ruhrgebiet-Städte Herne, Gelsenkirchen, Hagen, Duisburg und Bochum sowie das nahegelegene Remscheid im Bergischen Land geht die Studio bis 2035 von Preisrückgängen von mehr als einem Prozent pro Jahr aus.
Quellen: VALUE AG (empirica-systeme Marktdatenbank), Statistisches Bundesamt, Berechnungen HWWI
Rang
Stadt/Landkreis
Bundesland
Preistrend pro Jahr in Prozent
1
Suhl
Thüringen
-4,20
2
Wartburgkreis, Landkreis
Thüringen
-3,54
3
Greiz, Landkreis
Thüringen
-3,26
4
Altenburger Land, Landkreis
Thüringen
-3,25
5
Mansfeld-Südhart, Landkreis
Sachsen-Anhalt
-3,21
6
Spree-Neiße, Landkreis
Brandenburg
-3,15
7
Oberspreewald-Lausitz, Landkreis
Brandenburg
-3,12
8
Elbe-Elster, Landkreis
Brandenburg
-3,11
9
Anhalt-Bitterfeld, Landkreis
Sachsen-Anhalt
-3,00
10
Salzlandkreis, Landkreis
Sachsen-Anhalt
-2,96
Was potentielle Immobilienkäufer beachten sollten
"Beachtet werden muss, dass die Prognosen jährliche Durchschnittswerte für die gesamte betrachtete Region wiedergeben. Möglich ist somit, dass sich innerhalb der Landkreise Gemeinden mit guter Verkehrsanbindung und Infrastrukturausstattung sehr positiv, schlecht gelegene Gemeinden mit mangelndem Infrastrukturangebot wiederum sehr negativ entwickeln. Auch innerhalb von Gemeinden ist das Spektrum in der Regel weit gefächert. Je nach Anbindung, Lage und Ausstattung können sich im Einzelfall deutliche Abweichungen von den Durchschnittswerten ergeben", sagt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien bei der Postbank.
Wer keine Wertanlage suche, sondern langfristig ein Eigenheim für die Familie selbst nutzen wolle, könne sich auch in den Regionen mit sinkenden Preisen den Traum erfüllen. "Abbezahlte Immobilien können ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge sein", so Beermann.
Wer in einer Großstadt oder deren Umland eine Eigentumswohnung sucht, sollte Angebote besonders genau prüfen. "Nicht immer lassen sich kurz- oder mittelfristig noch Preiszuwächse erzielen, und Eigentumswohnungen werden mitunter überteuert angeboten", sagt Beermann. Kaufinteressierten können bei der Immobilienbewertung einen Experten hinzuzuziehen.