Mann und Kind messen ein Zimmer aus.

Bauen | Pro/Contra-Liste

Baukindergeld bis 2022: Erfolg oder "asoziale Politik"?


Um die Wohneigentumsquote in Deutschland zu erhöhen, gab die letzte Merkel-Regierung fürs Baukindergeld über zehn Milliarden Euro aus. Eine Bilanz.

  1. Was war das alte Baukindergeld?
  2. Wer bekam das alte Baukindergeld?
  3. Voraussetzungen für Baukindergeld bis 2022
  4. Bilanz des alten Baukindergelds
  5. Pro Baukindergeld
  6. Contra Baukindergeld

Familien mit Kindern und Allein­erziehende, die von Januar 2018 bis März 2021 Wohneigentum erwarben, profitierten unter bestimmten Voraussetzungen von großzügigen Fördermitteln in Form des Baukindergeldes.

Wir werfen einen Blick zurück auf das Milliarden-Programm, das von der CSU durchgesetzt wurde.

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Was war das alte Baukindergeld?

Das Baukindergeld war ein staatliches Förderprogramm. Es sollte Familien und Alleinerziehende mit kleinem und mittlerem Einkommen beim Bau oder Kauf einer Immobilie finanziell unterstützen.

Die damalige Merkel-Regierung (CDU/CSU und SPD) wollte damit die Wohneigentumquote verbessern, die im europäischen Ländervergleich in Deutschland relativ niedrig ist.

Pro Kind konnten Familien 12.000 Euro bekommen. Das Geld wird von der KfW in zehn Jahresraten zu je 1.200 Euro ausgezahlt - die letzten Überweisungen dürften bis 2032 rausgehen. 

Es ist quasi ein Geschenk und muss nicht zurückgezahlt werden. Zudem ist es steuerfrei.

Wer in Bayern lebt, konnte sich übrigens über noch etwas mehr Baukindergeld freuen: Dort gab es 300 Euro mehr, also 1.500 Euro pro Jahr und pro Kind für Alleinerziehende und Familien.

Wer bekam das alte Baukindergeld?

Familien, die zwischen dem 1. Januar 2018 und 31. März 2021 eine Immobilie kauften oder bauten, konnten Baukindergeld beantragen. Die Baugenehmigung musste in diesem Zeitraum erteilt werden oder der Kaufvertrag innerhalb dieser Zeit unterschreiben werden.

Das alte Baukindergeld war unabhängig von der Bauart: Egal ob Villa mit zehn Zimmern oder Tiny House: Baukindergeld bekamen alle unabhängig von der Größe des Wohneigentums.

Ferienhäuser oder -wohnungen und Wochenendhäuser waren von der Förderung allerdings ausgeschlossen.

Die geförderte Immobilie musste zu mindestens 50 Prozent den Antragstellern gehören, sie musste selbst genutzt werden und in Deutschland liegen. Die Staatsangehörigkeit der Antragsteller spielte hingegen keine Rolle.

Die Antragstellung musste innerhalb von sechs Monaten nach Einzug erfolgen. 

Darüber hinaus gab es weitere Voraussetzungen.

Voraussetzungen für Baukindergeld bis 2022

  1. Im Haushalt musste mindesten ein minderjähriges Kind (unter 18 Jahre) leben, für das Kindergeld kassiert wurde.
  2. Bei einem Kind galt: Das jährliche zu versteuerndes Haushaltseinkommen durfte nicht mehr als 90.000 Euro betragen. Für jedes weitere Kind stieg die Grenze um 15.000 Euro. Maßgeblich ist das Durchschnittseinkommen des vorletzten und vorvorletzten Jahres vor der Antragstellung. Das bedeutete: Wer 2021 einen Antrag stellte, musste seine Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2019 und 2018 herausholen. Die beiden Zahlen bei "zu versteuerndes Einkommen" wurden addiert und danach durch zwei geteilt.
  3. Die Wohnung oder das Haus, für das die Förderung beantragt wurde, musste die einzige Immobilie sein. Wer bereits eine Wohnung oder ein Haus gekauft, geerbt oder geschenkt bekommen hatte und dieses zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung oder Unterzeichnung des Kaufvertrags für die neue Immobilie noch besaß, für den gab es kein Baukindergeld.
  4. Nur der Vollständigkeit halber: Die Immobilie musste mehr kosten als die Fördersumme.

Alle Bedingungen in behördendeutscher Sprache findet ihr auch noch mal auf der Seite des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Bilanz des alten Baukindergelds

Ursprünglich sollte das Baukindergeld schon zum 31. Dezember 2020 auslaufen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Antragsfrist aber verlängert.

Die Nachfrage nach dieser Fördermaßnahme war damals schon sehr groß. So bewilligte die Förderbank KfW zwischen dem Start des Programms bis Ende 2020 exakt 309.948 Anträge. Das entsprach einer ausbezahlten Fördersumme von insgesamt rund 6,5 Milliarden Euro.

Die insgesamt 9,9 Milliarden Euro, die zur Verfügung standen, waren am Ende komplett ausgeschöpft.

Die geförderten Immobilien wurden mehr in städtischen Gebieten gebaut und gekauft: Etwa 60 Prozent der Anträge wurden in urbanen Regionen gestellt. 

In etwa zwei von drei Fällen handelte es sich um den Kauf bestehender Immobilien, ein Drittel fiel entsprechend auf Neubauten.

Ob das Baukindergeld in der alten Form ein Erfolg war, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Pro Baukindergeld

Die Erfinder von der CDU und CSU bezeichnen das Baukindergeld in seiner damaligen Form als "Erfolgsgeschichte".

Sie zitieren das KfW-Vorstandsmitglied Ingrid Hengster: "Das Baukindergeld hat sehr vielen – vor allem jungen – Familien geholfen, ein Eigenheim zu finanzieren. Damit kommt es genau bei denjenigen an, denen es am meisten hilft.“ 

In der Tat sprechen einige Fakten für das Baukindergeld:

  • Laut KfW hatten die meisten Familien (rund 85 Prozent), die das Baukindergeld beantragten, ein oder zwei Kinder.
  • Das Programm kam besonders Familien mit Kleinkindern zugute: Bei 54 Prozent der Antragstellern waren die Kinder jünger als vier Jahre, bei zwei Dritteln maximal sechs Jahre alt. 
  • Etwa drei Viertel der Antragssteller hatten ein Haushaltseinkommen von weniger als 50.000 Euro, die meisten sogar unter 40.000 Euro.

Der Immobilienverband Deutschland (IVD) sprach von einer "beachtlichen Bilanz" und forderte, das Baukindergeld fortzuführen.

Aber weshalb ist das nicht geschehen? Es gab auch viel Kritik.

Contra Baukindergeld

Die Kritik aus der Opposition, besonders von den Grünen und der FDP, war besonders laut. Das Baukindergeld sei ein Milliardengeschenk für den Bau- und Immobiliensektor: Die Förderung wäre einfach auf den Kaufpreis oder die Baukosten draufgeschlagen worden. 

Tatsächlich stiegen die Immobilienpreise auch während der Corona-Pandemie weiter an. Die angesprochenen Branchen machten fantastische Geschäfte.

Die Senkung der Grunderwerbsteuer für Erstkäufer wäre ein viel besserer Hebel, um die hohen Kaufnebenkosten zu senken.

Das große Ziel, die Wohneigentumsquote in Deutschland zu steigern, wurde verfehlt: Deutschland hat EU-weit weiterhin die schlechteste Quote, der Anteil ist sogar weiter gesunken.

Letztlich war das Baukindergeld von 2018 bis 2022 eines der teuersten Projekte der großen Koalition. "Die Subvention zeigt wie unter einem Brennglas, wie die Politik Wohnraumpolitik immer vom falschen Ende her aufzäumt. Und wie die Bundesregierung, man muss es so hart sagen, eine asoziale Politik in einer sozialen Frage betreibt", bilanzierte Handelsblatt-Redakteur Martin Greive.

Das neue Baukindergeld, das im Juni 2023 als KfW-Programm "Wohneigentum für Familien" startete, kostet zwar nur einen Bruchteil. Allerdings ist auch hier die Kritik groß.

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