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Mietschulden: Was tun, wenn ich die Miete nicht mehr zahlen kann?

Die Miete ist für den Großteil der deutschen Mieter der größte Posten, der monatlich vom Konto abgeht. Fehlen durch Jobverlust, Steuernachzahlungen oder unvorhergesehene Ausgaben plötzlich die Mittel für die Miete, wird es schnell ernst.

Durch die Corona-Krise sind heute ungleich mehr Menschen in dieser Lage als zuvor. Im schlimmsten Fall droht die Obdachlosigkeit. Wir sagen euch, was zu tun ist, damit es so weit nicht kommt und weisen auf spezielle Hilfen für Mieter hin, bei denen durch die Pandemie Mietschulden entstanden sind.

Wann werden Mietschulden zum Kündigungsgrund?

Die juristische Formulierung hört sich etwas umständlich an. Jutta Hartmann, Mietrechtsexperten und Pressesprecherin beim Deutschen Mieterbund sagt: "Sobald der Mieter mit einer Monatsmiete plus ein Cent im Verzug ist, darf der Vermieter fristlos kündigen. Dabei muss der Rückstand aus zwei aufeinanderfolgenden Monaten resultieren." Einfacher gesagt: Sobald der Mieter zweimal hintereinander nicht zahlen konnte, droht die Kündigung.

Wie kann der Mieter die Kündigung abwenden?

Wenn der Mieter nach einer fristlosen Kündigung die Mietschulden begleicht, schafft er diese durch die Zahlung aus der Welt. Man nennt das "heilen", so Hartmann. Diese Möglichkeit gebe es allerdings nur einmal innerhalb von zwei Jahren, so die Mietexpertin.

Allerdings trete häufig ein anderes Problem auf: "Bei der ordentlichen Kündigung gibt es diese Heilungschance leider nicht. Da der Zahlungsverzug auch eine Pflichtverletzung des Mieters ist, kann der Vermieter sowohl fristlos als auch ordentlich (fristgerecht) kündigen", erklärt Jutta Hartmann. Eine Nachzahlung der Mietschulden verhindert dann zwar die fristlose Kündigung, nicht aber die fristgerechte. Ergebnis: Das Mietverhältnis ist nach Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Der Deutsche Mieterbund fordert daher seit Jahren, eine Heilung auch bei einer fristgerechten Kündigung aufgrund eines Zahlungsverzugs zu ermöglichen.

Was könnt ihr tun, wenn ihr eure Miete nicht mehr zahlen könnt?

Wenn die monatlichen Einkünfte nicht mehr für die Miete reichen und ihr eure Rücklagen bereits aufgebraucht habt, wird es brenzlig. Sind bereits Mietschulden aufgelaufen, muss es eure erste Priorität sein, euch um diese Baustelle zu kümmern. Könnt ihr die Miete bereits zum zweiten Mal nicht zahlen, hat euer Vermieter wie oben beschrieben das Recht euch zu kündigen.

Der wichtigste Tipp von Jutta Hartmann: "Unbedingt als erstes mit dem Vermieter sprechen. Schildert die Probleme und versucht, mit dem Vermieter eine einvernehmliche Lösung zu finden!" Der persönliche Kontakt hilft häufig. Denn dann weiß der Vermieter einfach, warum die Überweisungen ausbleiben. In Zeiten der Corona-Krise haben bereits einige Vermieter Verständnis für finanzielle Engpässe gezeigt. Manch einer verzichtete sogar eine Zeitlang komplett auf seine Mieteinnahmen.

Übrigens: Auch auf die Kaution kann der Vermieter bei aufgelaufenen Mietschulden zurückgreifen. Begleicht ihr die Schulden, muss der Vermieter die Kaution aber wieder auffüllen.

Ist es sinnvoll, eine reduzierte Miete anzubieten?

Häufig hilft dem Mieter bereits eine Mietstundung. Damit ist auch dem Vermieter geholfen, da er nur zeitweise auf einen Teil der Miete verzichten muss. Mietervertreterin Jutta Hartmann weist darauf hin, dass der Mieter in diesem Fall darauf achten muss, dass die Rückzahlung der fehlenden Summe so geregelt wird, dass sie für den Mieter auch machbar ist.

Achtung: Wenn die fehlenden Teilbeträge nach der Stundungsvereinbarung in der Summe wieder einen Mietrückstand von zwei Monatsmieten ergeben, droht ebenfalls die Kündigung.

Müssen neue Verabredungen zwischen Mieter und Vermieter schriftlich festgehalten werden?

Ob Stundung oder Staffelung, freiwillige Vereinbarungen mit dem Vermieter müssen nicht zwangsläufig schriftlich fixiert werden. Empfehlen würde es Jutta Hartmann vom Mieterbund aber unbedingt: "Schriftlichkeit ist natürlich immer besser, allein aus Beweisgründen. Wenn dann nachher doch gesagt wird, da hatten wir aber was anderes vereinbart, ist es besser, dass man dann auch ein Schriftstück hat, das beide Parteien unterschrieben haben und in dem man sich auf etwas Bestimmtes geeinigt hat, falls es dann doch zum Streit kommt." Noch sicherer sei es, wenn das Schreiben in Bezug zum bestehenden Mietvertrag stehe, so die Expertin.

Wer hilft, wenn ihr Mietschulden habt und der Vermieter nicht einlenkt?

Nicht jeder Vermieter lässt mit sich reden. Ist eine Einigung nicht möglich, ist es sinnvoll, sich zügig von einem Experten beraten zu lassen. Jutta Hartmann empfiehlt, sich an einen Mieterverein oder einen Rechtsanwalt zu wenden. Auch eine Schuldnerberatungsstelle ist ein guter Anlaufpunkt, wenn Mietschulden entstanden sind und eine Kündigung droht. Die Mietrechtsexpertin hat die Erfahrung gemacht, dass häufig schon das Einschalten eines Rechtsbeistands bewirkt, dass Vermieter sich auf eine Vereinbarung einlassen.

Hartmann weist darauf hin, dass auch die Neumitglieder eines Mietervereins Informationen und Beratung bekommen, wenn sie Zahlungsschwierigkeiten haben. Waren Mieter aber schon Mitglied im Mieterverein bevor ihr konkretes Zahlungsproblem auftrat, kommen sie, falls es mit diesem Problem vor Gericht gehen sollte, zusätzlich in den Genuss der Rechtsschutzversicherung, die in den meisten Mietervereinen, die im Deutschen Mieterbund organisiert sind, automatisch enthalten ist.

Wenn auch mittelfristig nicht mit einer Verbesserung der finanziellen Lage zu rechnen ist, kann es sinnvoll sein, Wohngeld zu beantragen. Für Mieter, die Hartz IV beziehen, übernimmt der Staat teilweise die Kosten für die Wohnunterkunft (Grundsicherung). Das Wohngeld, so Hartmann, sei allerdings oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daher fordert der Mieterbund derzeit einen "Solidarfond Wohnen" einzurichten, so Hartmann. Da die Antragsbewilligung der Sozialämter oft sehr lange dauere und auch nicht alle Mieter Anspruch darauf hätten, könnte über einen solchen Fond Menschen, die – zum Beispiel wegen Corona – Mietschulden haben, schneller geholfen werden.

Gibt es in Hinblick auf die Corona-Pandemie ein besonderes Kündigungsrecht?

Ja, am 27.3.2020 wurde im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, dass die Folgen der Pandemie im Zivil-, Insolvent- und Strafverfahrensrecht abmildern soll. In Bezug auf das Mietrecht verbietet das Gesetz nun eine Kündigung aufgrund aufgelaufener Mietschulden. Allerdings ist der Zeitraum aktuell noch auf die Zeit von April bis Juni 2020 begrenzt (Stand 25.5.2020).

Mietern, die aufgrund der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind und in den betreffenden Monaten die Miete nicht überweisen können, darf nicht gekündigt werden. Die Mietschulden bleiben zwar bestehen, müssen aber erst bis Juni 2022 beglichen werden. Geschieht dies nicht, besteht danach wieder ein Kündigungsgrund. Der Gesetzgeber will so verhindern, dass aus der Corona-Krise eine "Krise der Wohnungslosigkeit" wird.

Jutta Hartmann kritisiert allerdings, dass die betroffenen Mieter Verzugszinsen von etwa 4,2 Prozent auf die nicht überwiesenen Mieten zahlen müssen. "Das sind natürlich auch Schulden, die sich türmen, die man dann auch noch neben der laufenden Mietzahlung begleichen muss."

Auch an anderer Stelle habe das neue Gesetz noch Schwachstellen, so Hartmann. Denn Mieter, die bereits im März die ersten Mietschulden hatten und im April coronabedingt weitere Schulden anhäuften, sind nicht vor einer Kündigung geschützt. Das gilt im Übrigen auch für den Fall, so Hartmann, dass der Mieter bis Mai noch solvent war, aber im Juni und Juli nicht mehr zahlen kann. Der Deutsche Mieterbund empfiehlt dringend, so Hartmann, dass die Bundesregierung von der im Gesetz angelegten Möglichkeit Gebrauch macht, den Zeitraum zu verlängern.

Welche speziellen Hilfen gibt es in Bezug auf Corona für Mieter, die in Verzug geraten sind?

Die Antragstellung auf Grundsicherung wurde vereinfacht und die Verfahren beschleunigt. Insofern greifen dieselben finanziellen Hilfen, wie vor der Krise auch. Die Bewilligung soll aber weniger bürokratisch sein. Dazu gehöre zum Beispiel, so Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund, dass die Mieten im Rahmen der Grundsicherung komplett ausbezahlt werden. Bisher wurde nur eine "angemessene Miete" überwiesen. "Damit die Leute ihre Wohnung nicht verlieren, wird erstmal die Miete übernommen, ohne dass es auf die Angemessenheitsprüfung ankommt. Diese wird aber später nachgeholt", so die Mietrechtsexpertin.

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