Bald ist er fertig, der Grand Tower in Frankfurt. Der 172 Meter hohe Wohnturm ist dann Deutschlands höchstes Wohngebäude. Spektakulär ist nicht nur der Ausblick. Wir zeigen, was den Grand Tower besonders macht – und warum es auch Kritik an dem Projekt gibt.
Über den Wolken wohnen: Was in London, New York und vielen anderen Metropolen der Welt ganz normal ist, ist in Deutschland noch eine Seltenheit. Bislang ist das Colonia-Haus in Köln das einzige Wohngebäude, das die magische Wolkenkratzer-Grenze von 150 Metern erreicht. Doch nach 47 Jahren wird der Kölner Wohnturm als Deutschlands höchstes Wohngebäude abgelöst: vom Grand Tower in Frankfurt am Main.
In Deutschlands Hochhaus-Stadt Nummer eins Frankfurt, im Europaviertel gegenüber der Skyline Plaza, ragt der Grand Tower schon jetzt in die Luft. Die eigentlich Ende 2019 geplante Fertigstellung des 172 Meter hohe Wolkenkratzer hat sich verzögert. Die behördliche Bauabnahme solle im Frühjahr 2020 erfolgen, teilte die Projektleitung auf Nachfrage mit. Danach können die ersten Bewohner einziehen.
Die Höhe ist nicht das Einzige, was den Wohnturm so besonders macht: "Der Grand Tower ist das erste Wohngebäude in Deutschland, das international vermarktet wurde", sagt Wilhelm Brandt, Pressesprecher des Projekts. Der Grund liegt in der Exklusivität des Turms. Es habe die Befürchtung gegeben, dass sich in Deutschland nicht genügend Leute für die hochpreisigen Wohnungen begeistern könnten.
Insgesamt wird eine sehr bunte Mischung aus Menschen im Grand Tower leben.
Wilhelm Brandt, Pressesprecher für gsp Städtebau
Auf einen Blick: Alle Fakten zum Grand Tower
Höhe: 172 Meter
Etagen: 51 (47 Obergeschosse, ein Erdgeschoss und drei Technikebenen)
Baugrundfläche: 44.000 Quadratmeter
Anzahl der Wohnungen: 418
Wohnungsgrößen: Zwei-Zimmer (40 bis 66 Quadratmeter), Drei-Zimmer (82 bis 95 Quadratmeter), Vier-Zimmer (110 bis 120 Quadratmeter), Penthouse (187 bis 270 Quadratmeter)
Parkplätze: 421 (ober- und unterirdisch)
Architekt: Magnus Kaminiarz, Frankfurt
Bauherr und Projektleitung: gsp Städtebau
Fassade: Glas und Aluminium
Preise: durchschnittlich 8.700 Euro pro Quadratmeter
Baubeginn: Anfang 2016
Fertigstellung: Frühjahr 2020
Adresse: Europa-Allee 2, 60327 Frankfurt am Main
Wer wohnt (ganz oben) im Grand Tower?
Der Grand Tower bietet 418 Wohnungen auf 47 Etagen. Dazu kommen das Erdgeschoss und drei Technikebenen. Die Wohnungen reichen von kleinen Zwei-Zimmer-Apartments zwischen 40 und 66 Quadratmetern bis zu mehreren Penthouses, die 187 bis 270 Quadratmeter Wohnfläche haben. Der Preis hängt – nicht weiter verwunderlich – davon ab, wie hoch die Wohnung liegt: je höher, desto teurer.
Im Schnitt müssen Käufer für einen Quadratmeter 8.700 Euro berappen. In den obersten fünf Stockwerken kostet der Quadratmeter im Schnitt 19.000 Euro. Wer von sich behaupten will, in der höchsten Wohnung Deutschlands zu leben, der musste noch tiefer in die Tasche greifen: Jeweils 8,3 Millionen Euro sollen die beiden Penthouses auf der 51. Etage gekostet haben.
Wer bald in der höchsten Wohnung Deutschlands wohnt? Darüber herrscht leider Stillschweigen. Nur so viel verrät das Unternehmen JLL Residential Development, das mit dem Vertrieb beauftragt wurde: Die beiden höchsten Wohnungen seien an einen einzigen Käufer gegangen. Ob der aus Deutschland kommt oder ob es sich um einen ausländischen Investor handelt, das ist geheim.
"Bunte Mischung" bei den Wohnungskäufern
Frankfurt boomt und ist sogar laut einer Studie Deutschlands lebenswerteste Stadt. Die Nachfrage nach den Wohnungen im Grand Tower war dementsprechend groß. Fast alle Wohnungen seien verkauft, sagt Brandt. Nur noch zwei oder drei im "hochpreisigen Segment" seien derzeit zu haben. Und unter diesen Käufern sind laut Brandt auch viele aus dem Rhein-Main-Gebiet – zumindest mehr als ursprünglich erwartet.
"Insgesamt wird eine sehr bunte Mischung aus Menschen im Grand Tower leben", sagt der Sprecher. Es handle sich aber allgemein um "vermögende Menschen", unter denen auch Käufer aus dem asiatischen und arabischen Raum, aus Europa und den USA seien. Insgesamt kämen die Käufer aus über 30 Nationen.
Aussichtsplattformen des Grand Tower nur für Bewohner
Eine Skyline wie in Frankfurt gibt es sonst nirgends in Deutschland. Klar, dass das Interesse groß ist, vom mächtigen Grand Tower die Aussicht auf die Main-Metropole zu genießen. Die gute Nachricht: Dafür stehen in Deutschlands höchstem Wohngebäude drei Aussichtsplattformen zur Verfügung:
Im siebten Stock befindet sich eine 960 Quadratmeter große Terrasse, die als privater Garten mit einer "Vielfalt von Landgestaltungen" nutzbar ist.
In 141 Metern Höhe im 43. Stockwerk steht ein 200 Quadratmeter-Sonnendeck zur Verfügung.
Und natürlich ganz oben: Auf der Spitze des Turms soll eine Aussichtsplattform zugänglich sein.
Die schlechte Nachricht: Diese Ausblicke sind leider ausschließlich den Bewohnern und ihren Gästen vorbehalten. Eine allgemeine Aussichtsplattform würde sich kaum lohnen, sagt Brandt. Damit sichergestellt ist, dass sich nicht doch ein Fremder nach oben verirrt, sorgen sowohl Wachschützer als auch technische Einrichtungen für die Sicherheit der Bewohner im Grand Tower.
Fertigstellung des Grand Towers erst 2020
2016 haben die Bauarbeiten am Grand Tower begonnen. Im September 2018 wurde Richtfest gefeiert, der Rohbau abgeschlossen. Eigentlich hätten schon 2019 die ersten Bewohner ihre Apartments im höchsten Wohngebäude Deutschlands beziehen sollen. An Silvester, wie Brandt sagt.
Doch der Plan sei nicht ganz aufgegangen. Dafür seien letztendlich auch witterungsbedingte Verzögerungen verantwortlich. Dennoch: Der Grand Tower soll bald fertig werden. Im Frühjahr 2020 erfolgen alle behördlichen Abnahmen, anschließend können die ersten Wohnungen bezogen werden.
Kaum Geschäfte im Grand Tower
Wer viel Geld für eine Wohnung zahlt, der hat natürlich auch hohe Erwartungen an Ausstattung und Umfeld. Annehmlichkeiten wie in einem 5-Sterne-Hotel werden den Käufern versprochen, eine "Wohlfühlatmosphäre wie in einem Resort" soll Deutschlands höchstes Wohngebäude bieten, so heißt es auf der Homepage des Grand Tower. Natürlich gibt es einen Concierge-Service, die Lobby erstreckt sich über die ersten beiden Stockwerke.
Eine Mischnutzung mit Supermärkten und Wellness-Bereich wie in anderen Hochhäusern wird es im Grand Tower nicht geben. Zwar gebe es noch einige kleine Gewerbeflächen im ersten Stock, aber in erster Linie für Dienstleister wie Textilreinigungen, sagt Brandt. Alles, was es im Grand Tower nicht gibt, finden die Bewohner in der Nähe und in der angeschlossenen Skyline Plaza. Dort gibt es alles, was das Luxus-Herz begehrt.
Natürlich ist im Grand Tower auch die Ausstattung der Wohnungen luxuriös. Jede Wohneinheit hat ihren eigenen Balkon, der vom Schlafzimmer und vom Wohnzimmer begehbar ist. Die Balkone sind in Tubenform angelegt. Das "biete ein Höchstmaß an Privatsphäre", sagt Brandt. Soll heißen: Keiner der Nachbarn kann sehen, was auf dem Balkon des anderen vor sich geht.
"Wir wollen den Ausblick zelebrieren" – sieht man die Simulations-Bilder, wird klar, was Architekt Magnus Kaminiarz, der 2014 mit seinem Büro den Zuschlag für die Gestaltung des Grand Tower bekam, 2017 in einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" damit meinte. Neben den Terrassen prägen große Panoramafenster das Bild des Wohnturms, der schon zahlreiche Architektur-Preise abgeräumt hat, darunter den German Design Award 2018.
Die Fertigstellung dieses Prestigeprojekts kann Magnus Kaminiarz leider nicht miterleben. Er verstarb im April 2019 im Alter von 54 Jahren.
Immer mehr Wohntürme in Deutschland
Architekt Kaminiarz war, wie er in zahlreichen Interviews bekräftigte, ein Freund der Verdichtung von Städten. Bekannt wurde er wegen seiner Wohnhochhaus-Entwürfe – und half wohl auch mit, den einst schlechten Ruf des Wohnturms zu verbessern. Denn noch in den 1960er und 1970er Jahren war der mit dem Stigma des sozialen Wohnbaus behaftet. Deshalb habe er 2014 auch ein "Nischenprodukt" entworfen, für das es in Deutschland kein Vorbild gegeben hätte, erklärte Kaminiarz.
Vor fünf Jahren war der Wohnturm noch nicht angekommen in der Bundesrepublik, mittlerweile sieht das aber anders aus. Laut einer Erhebung des Immobilienspezialisten Bulwiengesa von 2017 sollen bis 2022 in Deutschland 97 solcher Hochhäuser entstehen – mit insgesamt 18.400 Wohnungen.
Einen Beitrag zur Lösung der Wohnungsnot leisten diese Wohntürme jedoch in den seltensten Fällen. Denn ähnlich wie beim Grand Tower sind auch die anderen geplanten Wohnhochhäuser etwas für das Luxus-Klientel.
Der Luxus-Vorwurf ist ein Kritikpunkt, der auch beim Frankfurter Prestige-Projekt immer wieder angebracht wird, den Architekt Kaminiarz aber stets weggewischt hat. Wohnhochhäuser seien aufgrund ihrer Baukosten zwangsläufig ein teures Produkt, sagte er 2017. Und: "Vergleichen Sie doch mal, was ein Penthouse in Paris oder London kostet."
Auch an der Tatsache, dass die Wohnungen nur als Kapitalanlage dienen könnten – was durch die internationale Vermarktung durchaus zumindest teilweise gewollt erscheint – hat sich Kaminiarz nicht gestört. Die kurze Antwort des Architekten: "Das ist auch gut so."
Vielleicht hätte Kaminiarz seinen Grand Tower deshalb noch ein bisschen höher gebaut als die 172 Meter, die er jetzt misst. Doch die Höhe von Gebäuden wird durch die Stadt Frankfurt reguliert. Im "Hochhausentwicklungsplan" ist festgeschrieben, wo welche Hochhäuser stehen dürfen. Der Grand Tower sei, das sagt Sprecher Brandt, ein "Landmark-Gebäude" – ein Wahrzeichen. Ein Gebäude, das man schon von weitem erkenne, das sein eigene Identität hat, das einer Stadt auch ein eigenes Gesicht geben könne. "Und davon sollte es nicht zu viele in einer Stadt geben."
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