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Schottergarten-Verbot in Baden-Württemberg: Mehr Artenvielfalt per Gesetz


Baden-Württemberg setzt auf Artenvielfalt: Als erstes Bundesland hat das Ländle unlängst ein Schottergarten-Verbot eingeführt. Auch andere Bundesländer erwägen, die für Insekten nutzlosen Gärten zu verbieten.

  1. Was ist überhaupt ein Schottergarten?
  2. Schottergarten-Verbot: "Insekten können keine Steine fressen"
  3. Thüringen erwägt ebenfalls Schottergarten-Verbot
  4. Schottergärten als neuer "Negativtrend"

Schottergärten gelten als pflegeleicht – aber sind Umwelt- und Naturschützern schon lange ein Dorn im Auge. Baden-Württemberg hat nun den Vorstoß gewagt: Der Landtag hat ein Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken auf den Weg gebracht.

Den (Schotter-)Stein des Anstoßes gab das Volksbegehren "Rettet die Bienen". Dieses war Anfang 2019 in Bayern gestartet, im August 2019 erklärte es das Landesinnenministerium auch in Baden-Württemberg für zulässig. Das Schottergarten-Verbot ist in einer Änderung des Landesnaturschutzgesetzes festgehalten und soll der Artenvielfalt ("Biodiversität") und dem Naturschutz zu Gute kommen.

Das Verbot wird wohl nicht nur für neue Schottergärten gelten. Hausbesitzer müssen alte Anlagen möglicherweise umgestalten. Noch streiten Politiker über die genaue Auslegung des Gesetzes. Das Umweltministerium ist der Meinung, dass Schottergärten rückwirkend bis zum Jahr 1995 durch die Landesbauordnung verboten seien.

Für einige Schottergarten-Besitzer ist das Verbot ein Eingriff in ihre Selbstbestimmtheit. Es regt sich Widerstand, das Thema wird heiß diskutiert.

Was ist überhaupt ein Schottergarten?

Spannend ist natürlich auch die Definition: Ab wann ist ein Garten ein "Schottergarten"? Sind selbst kleinste Steinflächen künftig illegal?

Bislang gibt es in der Landesbauordnung von Baden-Württemberg ein Grünflächen-Gebot: "Die nichtüberbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden."

Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) betont aber, dass man Schottergärten nicht fälschlicherweise mit ökologisch wertvollen echten Steingärten verwechseln dürfe. Diese seien mit der Erde verbunden und würden natürliche Felslebensräume nachbilden. Sie böten Lebensraum für Wildpflanzen, Eidechsen, Insekten und Spinnen: "Besonders Frühlingsfingerkraut, Edelgamander, Mauerpfeffer und Hauhechel ziehen Wildbienen an."

Schottergarten-Verbot: "Insekten können keine Steine fressen"

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich zu Umgestaltung von bereits bestehenden Gärten und appellierte an die Vernunft der Gartenbesitzer. "Dass Insekten keine Steine fressen können, dürfte allgemein einsehbar sein", sagte Kretschmann. Er hoffe nun, dass die Gesetzesänderung keine Welle an Klagen nach sich ziehe, sondern dass die Bürger vernünftig seien.

Schottergärten seien im Ländle schon lange unzulässig gewesen, heißt es vom Umweltministerium dazu. Sie seien aber in Mode gekommen, weil sie pflegeleicht seien. Durch die Gesetzesnovelle soll das Verbot klar gestellt werden. Statt Steinen und Kiesel sollen Gärten künftig insektenfreundlich gestaltet und begrünt werden.

Für Tiere und Pflanzen ist ein Schottergarten in etwa so attraktiv wie der asphaltierte Parkplatz vor dem Aldi.

Dr. Gerhard Bronner, LNV-Vorsitzender Baden-Württemberg

Thüringen erwägt ebenfalls Schottergarten-Verbot

Nicht nur in Baden-Württemberg sind Schottergärten verboten. Einige Kommunen haben die Gärten schon im Rahmen der Bebauungspläne untersagt. Das gilt zum Beispiel im bayerischen Erlangen oder im westfälischen Halle.

Und auch in Thüringen denkt man offenbar über ein landesweites Verbot nach. So hat sich der dortige Umwelt-Staatssekretär Olaf Möller (Grüne) für ein Verbot ausgesprochen, wie der MDR berichtet.

Schottergärten als neuer "Negativtrend"

Schottergärten sind ein recht neuer Trend, der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) nennt sie "Negativtrend". Die Schottergarten-Besitzer würden auf eine Minimierung der Pflege hoffen, seien körperlich eingeschränkt oder ideenlos. Und einige würde tatsächlich die Ästhetik ansprechen.

Allerdings sei ein Schottergarten keineswegs pflegeleicht oder günstig, informiert der Nabu: Kies sei teuer, setze nach einiger Zeit Moos an und müsse nach spätestens zehn Jahren komplett abgetragen und gereinigt werden. Schottergärten seien ökologisch wertlos und böten – anders als fachgerecht angelegte Steingärten – keinerlei Nahrung für Insekten.

Dabei gibt es zahlreiche pflegeleichte und günstige Alternativen, darunter Pflanzen, die sich auch in dunklen Ecken wohlfühlen.

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