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Handwerkerrechnung zu hoch? So könnt ihr euch wehren


Ihr seid schockiert von der Höhe einer Handwerkerrechung? Wir erklären euch, was ihr schon im Vorfeld tun könnt, damit es gar nicht erst zu überhöhten Handwerkerrechnungen kommt und wie ihr euch gegen unberechtigte Forderungen wehren könnt.

  1. Hohen Rechnungen vorbeugen: Kostenvoranschlag und Angebot
  2. Festpreis oder Abrechnung nach Stunden: Abrechnung vorher klären
  3. Vor Bezahlung: Arbeit abnehmen
  4. Rechnung prüfen: Welche Abweichungen sind erlaubt?
  5. Anfahrtskosten: Wie viel dürfen Handwerker berechnen?
  6. Streit über die Handwerkerrechnung: Wo ihr Hilfe findet

Der letzte Schrank ist montiert und die Handwerker ziehen nach verrichteter Arbeit weiter. Die neue Küche übertrifft eure Erwartungen. Doch wenn dann die Handwerkerrechnung ins Haus flattert, ist die Freude schnell getrübt. Die Rechnung fällt nicht selten deutlich höher aus als besprochen. Und nicht immer lassen sich alle Positionen darauf nachvollziehen.

Wir erklären, was ihr beachten solltet, damit es bei Handwerkerrechnungen gar nicht erst zu unschönen Überraschungen kommt und sagen euch, wie ihr euch gegen überhöhte Rechnungen zur Wehr setzen könnt.

Hohen Rechnungen vorbeugen: Kostenvoranschlag und Angebot

Lange bevor die ersten Späne fallen, solltet ihr euch am besten von mehreren Handwerkern ein Angebot oder einen Kostenvoranschlag einholen. Wichtig zu wissen: Ein Angebot und ein Kostenvoranschlag sind nicht dasselbe.

Der Kostenvoranschlag ist nicht verbindlich

In einem Kostenvoranschlag wird ganz genau aufgeführt, welche Kosten entstehen, welche Arbeitsschritte durchgeführt werden und wie viel Material benötigt wird. Das ist für Handwerksbetriebe ein ganz schöner Aufwand, deshalb berechnen sie manchmal Kosten für das Erstellen eines Kostenvoranschlags. Das muss der Handwerksbetrieb allerdings vorher explizit mit euch vereinbaren.

Zudem ist ein Kostenvoranschlag in der Regel nicht verbindlich. Aus Paragraf 649 BGB lässt sich ableiten, dass der Kostenvoranschlag lediglich eine fachliche Berechnung der voraussichtlichen Kosten, also eine Kostenschätzung ist. Abweichungen sind allerdings nur dann erlaubt, wenn der Handwerker diese auch begründen kann. Sie dürfen maximal zehn bis 15 Prozent des genannten Preises betragen.

Der Handwerker hat eine Informationspflicht gegenüber dem Kunden. Er muss ihn darauf hinweisen, wenn die tatsächlichen Kosten die voraussichtlichen Kosten nach dem Kostenvoranschlag wesentlich übersteigen und möglichst genau auch den Umfang der höheren Kosten bezeichnen.

Ein Angebot ist bindend

Ein Angebot erstellt euch der Handwerksbetrieb kostenlos, es ist allerdings weniger detailliert und zeitlich befristet. Die dort gemachten Angaben sind bindend – es sei denn, es wird explizit vermerkt, dass es sich um ein unverbindliches Angebot handelt.

Festpreis oder Abrechnung nach Stunden: Abrechnung vorher klären

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Abrechnung: Ihr könnt mit dem Handwerker einen Festpreis vereinbaren oder die Abrechnungen nach geleisteten Stunden.

Falls ihr einen Festpreis in Form einer Pauschale vereinbart habt, ist diese Festpreisvereinbarung – anders als der Kostenvoranschlag – rechtsbindend. Die Kosten dürfen dann nachträglich nicht höher ausfallen als vereinbart. Gut zu wissen: Festpreise oder Pauschalpreise sind – soweit nicht anderes vereinbart – immer Bruttopreise.

Bevorzugt der Betrieb die Abrechnung nach Stundenlohn, sollten Auftraggeber neben dem Stundensatz natürlich auch die Anzahl der Handwerker, die vor Ort sein werden, klären. Dabei solltet ihr beachten, dass ein Meister einen anderen Stundenlohn als ein Geselle oder Auszubildender hat. Wird nach Stunden abgerechnet, solltet ihr euch notieren, wie lange wirklich gearbeitet wurde. Minutengenau rechnet kein Handwerksbetrieb ab. Das Aufrunden der Zeit ist allerdings nur auf volle fünf bis 15 Minuten erlaubt.

Eine weitere Möglichkeit ist die Staffelung durch Abschlagszahlungen. Dabei wird die Arbeit in Teilen abgenommen statt erst nach endgültiger Fertigstellung. Nach jeder Abnahme erfolgt die jeweilige Abschlagszahlung.

Vor Bezahlung: Arbeit abnehmen

Bevor ihr eine Handwerkerrechnung begleicht, solltet ihr die Arbeiten abnehmen. Bei Mängeln könnt ihr den Handwerkerbetrieb durch die sogenannte Gewährleistungspflicht dazu aufrufen, die vereinbarte Leistung auch zu erbringen. In § 635 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es dazu: "Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen".

Sollte der Handwerker der Nacherfüllung auch nach Ablauf der Frist nicht nachkommen oder sich von vornherein ausdrücklich weigern, Mängel zu beseitigen und die vereinbarte Leistung zu erbringen, könnt ihr als Auftraggeber das Recht der Selbstvornahme nach § 637 des BGB in Anspruch nehmen. Ihr könnt den Mangel also selbst beseitigen oder von einem anderen Handwerker beseitigen lassen. Der neue Handwerker kann seine Rechnung dann an den ursprünglichen Handwerkerbetrieb senden und diesen dafür aufkommen lassen.

In dem Fall, dass der Handwerker die Mängel nicht beseitigt, für die er verantwortlich ist, dürft ihr einen angemessen Teil des Rechnungsbetrages zurückhalten.

Rechnung prüfen: Welche Abweichungen sind erlaubt?

Was tun, wenn die in der Rechnung angegebene Summe eure Vorstellungen weit übersteigt? Zunächst solltet ihr die Rechnung genau prüfen. Sämtliche Preise und Punkte der erbrachten Leistung sollten transparent auf der Rechnung stehen. Falls dem nicht so ist, habt ihr als Auftraggeber die Möglichkeit, eine detailliertere Rechnung anzufordern.

Wenn diese zu hoch ist, dann kommt es darauf an, wie viel die Summe vom Kostenvoranschlag abweicht. Sind es mehr als zehn Prozent, dann müsst ihr die höhere Summe nicht einfach akzeptieren. Liegt die Abweichung hingegen darunter, dann müsst ihr zahlen, wenn der Handwerker die Abweichung begründen kann.

Wenn ihr vorher gar nicht mit dem Handwerker über die Vergütung gesprochen habt, darf er eine "übliche Vergütung" als vereinbart ansehen. Bei der üblichen Vergütung haben sich die Parteien über die Entrichtung einer Vergütung geeinigt, ohne jedoch ihre Höhe festzulegen.

Über die ortsübliche Vergütung können die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Handwerkskammern Auskunft geben. Im Streitfall lässt sich die Höhe auch durch diese Sachverständigen klären. Aber Achtung: Die Kosten für einen Sachverständigen zur Klärung einer Rechnung sind oftmals gleich hoch wie die Einsparungen, die ihr durch die Korrektur der Rechnung erzielt. Deshalb solltet ihr mit Handwerkern immer im Voraus über die Vergütung sprechen.

Anfahrtskosten: Wie viel dürfen Handwerker berechnen?

Streitpunkt bei Handwerkerrechnungen sind häufig auch die Fahrtkosten. Diese dürfen Handwerker auf verschiedene Arten abrechnen, generell kann im Angebot alles vereinbart werden. Wenn der Handwerker kein Angebot erstellt hat und die üblichen Vergütungen geschuldet werden, dann müsst ihr eine der folgenden Abrechnungsarten akzeptieren:

  • Verrechnung als Arbeitszeit mit 90 Prozent des normalen Stundensatzes. Dabei darf der Handwerker nur die tatsächlich angefallene Fahrtzeit berechnen, und zwar von der im Telefonbuch angegebenen Adresse des Handwerksbetriebs.
  • Eine Kraftfahrzeugpauschale gestaffelt nach Entfernungszonen.
  • Berechnung der gefahrenen Kilometer mit einem Kilometerentgelt von zirka 50 Cent pro Kilometer.

Handwerker mit Lieferwagen
Die Anfahrt darf der Handwerker berechnen, allerdings nicht beliebig.

Streit über die Handwerkerrechnung: Wo ihr Hilfe findet

Wenn ihr euch mit dem Handwerker nicht einigen könnt, dann sind die Schlichtungsstellen der Handwerkskammern ein guter Anlaufpunkt. Diese versprechen schnelle und unbürokratische Hilfe bei Problemen mit Handwerkern. Für Verbraucher ist diese Beratung oft kostenlos, ein Anruf oder eine Mail reichen aus. Die Schlichtungsstellen dürfen dabei jedoch keine individuelle Rechtsberatung geben.

Weil es deutlich einfacher ist, miteinander statt übereinander zu reden, kann auch ein sogenanntes Güteverfahren ein Weg zur Einigung sein. Ein Güteverfahren kann ebenfalls von der Schlichtungsstelle der Handwerkskammern angestoßen werden und zielen auf einen Kompromiss zwischen den Beteiligten ab.

Sind die Fronten selbst hier noch verhärtet, bleibt als letzter Schritt das Einschalten eines unabhängigen Sachverständigen.

Kann der Streit nicht beigelegt werden, könnt ihr einen Anwalt einschalten oder das Problem gerichtlich klären lassen. Diesen Schritt solltet ihr jedoch erst dann gehen, wenn die Verhandlungen bei einer Schlichtungsstelle zu keinem Ergebnis geführt haben – nicht, dass am Ende zu der zu hohen Rechnung noch weitere Anwalts- und Gerichtskosten kommen.

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