Drahtlose Geräte in einem Smart Home kommunizieren per Funk. Dafür gibt es verschiedene Funkstandards. Wir zeigen euch, welche das sind und was sie unterscheidet.
Einer der größten Vorteile im Smart Home ist gleichzeitig auch einer der größten Knackpunkte. Die drahtlose Kommunikation der Geräte untereinander und zur zentralen Schnittstelle erfolgt über Funk. Dafür gibt es gleich mehrere Funkstandards. Und genau da liegt das Problem.
Die Funkstandards sind nämlich in der Regel untereinander nicht kompatibel. Das heißt: Wer sich für das Smart Home-System eines Herstellers entscheidet, ist auch an seine Funktechnik gebunden.
Einige Anbieter gehen dazu über, ihre Systeme offener zu gestalten und gleich mehrere Funkstandards einzubinden. Andere setzen weiterhin auf ihre geschlossene Lösung. Wir zeigen euch einen Überblick über die gängigsten Funkstandards im Smart Home sowie die Unterschiede, Vorteile und Nachteile. Und wenn ihr mögt, dann schaut euch doch noch unsere 5 Tipps, um Fehler beim Einstieg ins Smart Home zu vermeiden an.
WLAN im Smart Home
Kennt fast jeder von Zuhause. Ob E-Mails abrufen, im Netz surfen oder sogar Videos streamen: Das Wireless Local Area Network (WLAN) ist der Standard für Funknetzwerke zur Verbindung mit dem Internet.
Wenn ihr von außerhalb, zum Beispiel über das Smartphone, ein smartes Gerät steuern wollt, dann müsst ihr sowieso eine WLAN-Verbindung haben. Denn der WLAN-Router gibt diese Befehle direkt an die zentrale Steuereinheit (oft als Gateway oder Hub bezeichnet) des Smart Home-Systems weiter. Wieso also nicht WLAN auch als Kommunikationsprotokoll für die smarten Geräte untereinander nutzen?
Ein Nachteil von WLAN ist, dass es viel Energie benötigt. Würden smarte Geräte sich über WLAN anfunken, dann würden all diese Geräte mindestens eine Batterie benötigen. Nachteil Nummer zwei: Viele WLANs arbeiten im selben Frequenzbereich. Das führt oft zu Störungen.
Vorteile von WLAN
Oft im Haushalt schon vorhanden
Für hohes Datenaufkommen ausgelegt
Nachteile von WLAN
Hoher Energiebedarf
Beschränkte Reichweite und Stabilität
Fazit: WLAN als Funkstandard im Smart Home
WLAN ist bei den Funkstandards im Smart Home nicht wirklich geeignet und wird im Smart Home-Bereich so gut wie gar nicht verwendet.
Der Funkstandard Bluetooth
Vom Smartphone auf den Lautsprecher und los geht's. Viele nutzen den Kurzstreckenfunk auch bei kabellosen Mäusen, Kopfhörern oder im Auto. Aber eignet sich Bluetooth auch als Funkstandard für Smart Home-Geräte?
Vorteile von Bluetooth im Smart Home
Mit BLE (Bluetooth Low Energy) gibt es eine extra für Smart Home-Anwendungen entwickelte Variante, die wenig Energie verbraucht
Bluetooth ist ein herstellerübergreifender Funkstandard
Derzeit ist Bluetooth noch kein Funkstandard, der sich im Smart Home durchgesetzt hat. Allerdings ist das System so verbreitet und einfach zu installieren, dass künftige Weiterentwicklungen das ändern könnten.
KNX-RF
KNX? Da war doch was? Richtig! KNX steht ursprünglich für die verkabelte Variante der Gebäudeautomation, die vor allem bei Neubauten zum Einsatz kommt. Bisher war es schwierig, dieses so genannte Bussystem zu erweitern, denn dafür mussten wieder neue Leitungen verlegt werden. Wer also nicht von vornherein an alle Eventualitäten gedacht hatte, hatte bei der Nachrüstung das Nachsehen.
Mit KNX-RF hat sich das geändert. RF steht für "Radio Frequency" und erlaubt jetzt auch die Erweiterung bestehender KNX-Systeme um Geräte, die mittels Funk angesteuert werden. Darüber hinaus kann man KNX-RF aber auch als eigenständiges System einsetzen. Die Installation folgt aber keineswegs dem Prinzip "Plug and Play". Noch braucht ihr für die Installation die Unterstützung eines externen Experten.
Vorteile von KNX-RF im Smart Home
Herstellerübergreifender Standard
Nachteile von KNX-RF im Smart Home
Relativ teure Endgeräte
Bisher noch wenig verbreitet
Laien können KNX-RF nicht selbst installieren
Fazit: KNX-RF als Funkstandard im Smart Home
Für alle, die bereits ein KNX-Bussystem im Haus verlegt haben, ist KNX-RF die ideale Variante zum Nach- und Aufrüsten. Wer sich allerdings zum ersten Mal an das Thema rantastet und vor allem selbst die Installationen und Erweiterungen vornehmen will, der sollte (noch) auf andere Lösungen ausweichen.
Der Funkstandard ZigBee
Erstmalig wurde dieser Funkstandard im Jahr 2004 von der Zigbee Alliance vorgestellt. Zu dieser Allianz gehören weltweit rund 450 Mitglieder. Dazu zählen Branchengrößen wie Philips, Siemens und Sony. Insbesondere smarte Leuchtmittel wie die von Philips (Hue) und Ikea (Tradfri) lassen sich über ZigBee steuern. Bei ZigBee kommunizieren alle eingebundenen Geräte untereinander und bilden dadurch ein sich selbst verwaltendes, so genanntes Mesh-Netzwerk.
Übrigens: Beim smarten Lautsprecher Echo Plus von Amazon ist ZigBee sozusagen integriert. Zur Steuerung von Lampen oder anderen ZigBee-fähigen Geräten braucht ihr also keine zusätzliche Steuerzentrale mehr.
Vorteile von ZigBee im Smart Home
Etablierter Standard, wird von vielen Herstellern unterstützt
Internationale Allianz arbeitet an Weiterentwicklung
Niedriger Energieverbrauch
Nachteile von ZigBee im Smart Home
Früher gab es unterschiedliche Varianten (Protokolle). ZigBee 3.0 als Standard ist nicht zu 100 Prozent abwärts kompatibel
Fazit: ZigBee als Funkstandard im Smart Home
Die jetzt einheitliche Zertifizierung auf ZigBee 3.0 kann Fluch und Segen zugleich sein. Einerseits gibt es jetzt keine Kompatibilitätsprobleme mehr, andererseits müssen die Hersteller in Sachen Marktdurchdringung fast noch mal von vorne anfangen. Ein großer Vorteil ist aber die Integration in die Echo Plus-Lautsprecher von Amazon.
Z-Wave
Z-Wave gehört in Sachen Funkstandard zu den Urgesteinen im Smart Home-Markt. Dennoch konnte sich die 2001 von dänischen Ingenieuren entwickelte Technologie trotz mittlerweile 1.400 zertifizierten Produkten nicht so richtig durchsetzen. Trotzdem gehört Z-Wave weltweit zu den führenden Funkstandards.
Vorteile von Z-Wave im Smart Home
Große Allianz von Herstellern, die hinter der Technologie stehen
Hohe Ausfallsicherheit
Nachteile von Z-Wave im Smart Home
In unterschiedlichen Ländern funkt Z-Wave auf unterschiedlichen Frequenzen. Ein Z-Wave-Endgerät aus den USA funktioniert deshalb unter Umständen in Deutschland nicht.
Fazit: Z-Wave als Funkstandard im Smart Home
Ähnlich wie bei ZigBee steckt auch hinter Z-Wave eine Allianz von namhaften Technologieunternehmen. Die langjährige Entwicklung und zahlreichen Partner machen Z-Wave zu einem der weltweit am verbreitetsten Funkstandards im Smart Home.
Der werkseigene Funkstandard BidCos
Was haben der Elektronik-Versandhändler ELV, die eQ3 AG und HomeMatic gemeinsam? Nun, ELV ist im Besitz von eQ3, die wiederum mit der Herstellung von HomeMatic-Produkten zu den größten deutschen Produzenten von Smart Home-Geräten gehört.
Die HomeMatic-Geräte kommunizieren dabei unter dem werkseigenen Funkstandard BidCos. BidCos steht dabei für "Bidirectional Communication System". Heißt konkret: Gesendete Funksignale werden vom Empfänger bestätigt, was die Funktionssicherheit erhöht.
Vorteile von BidCos im Smart Home
Erprobtes Protokoll, lange Jahre im Einsatz
Sehr ausfallsicher, wenig Energieverbrauch
Nachteile von BidCos im Smart Home
Proprietäres System, nicht kompatibel mit anderen Funksystemen
Pflege und Weiterentwicklung ist allein von eQ3 abhängig
Fazit: BidCos als Funkstandard im Smart Home
Eigentlich sind herstellerabhängige Systeme auf dem absteigenden Ast. Andererseits hat eQ3 eine unglaublich vielfältige Produktpalette und ein wirklich ausgereiftes, modular aufgebautes Smart Home-System. Deshalb ist es ganz schwer zu sagen, welche Rolle BidCos in den nächsten Jahren spielen wird.
DECT-ULE: Bekannt als Funktelefon-Protokoll
Ein Funkstandard, der auf dem Funktelefon-Protokoll DECT aufsetzt. ULE steht dabei für Ultra Low Energy, also einen besonders niedrigen Energieverbrauch.
Vorteile von DECT-ULE im Smart Home
Störungsfreier Betrieb dank eigenem Frequenzbereich
Herstellerunabhängiger, offener Standard
Nachteile von DECT-ULE im Smart Home
Noch wenig verbreitet
Noch sehr kleine Produktpalette
Fazit: DECT-ULE als Funkstandard im Smart Home
DECT ist ein Standard, der bereits in vielen Haushalten für drahtlose Telefone genutzt wird. Der unglaublich niedrige Energieverbrauch (angeblich sollen Geräte mehrere Jahre ohne einen Batteriewechsel auskommen) und der geschützte Frequenzbereich sind starke Argumente für DECT-ULE. Trotzdem fristete der Funkstandard bisher ein Nischendasein. Mit dem Einstieg großer Telekommunikationsanbieter (zum Beispiel Orange in Frankreich) könnte sich das ändern.
Die batterielose Funktechnologie EnOcean
"No wires. No batteries." EnOcean wirbt mit einer nahezu batterielosen Funktechnologie. Die Energie wird hier aus der Umgebung, wie Bewegung, Licht oder Temperaturunterschieden gewonnen. Batterien in Schaltern sind somit nicht mehr nötig. Eigentlich ein revolutionär gutes Konzept, aber: Smart Home-Geräte mit einem höheren Energiebedarf (zum Beispiel Kameras) sind für diese Technologie nicht geeignet.
Vorteile von EnOcean im Smart Home
Es ist keine externe Energiequelle nötig
Schalter können beliebig platziert werden
Nachteile von EnOcean im Smart Home
Nischen-Technologie
Es gibt nur ein kleines Produkt-Portfolio
Geringe Reichweite
Fazit: EnOcean als Funkstandard im Smart Home
Obwohl hinter EnOcean federführend die Siemens AG steht und sich ein nahezu batterieloses System toll anhört, konnte sich EnOcean als Funkstandard bisher nicht durchsetzen.
Die Smart Home-Welt und gerade die damit verbundenen Funkstandards ist immer noch extrem zersplittert und für interessierte Laien nur schwer zu durchschauen.