Die Krise sorgt bei den Kommunen für Flaute in der Kasse. Dagegen haben einige nun ein Mittel gefunden und setzen auf steigende Grundsteuern. Der Bund der Steuerzahler warnt vor diesem Schritt.
Die Corona-Krise sorgt für leere Kassen bei den Kommunen. Um die wieder zu füllen, setzen viele Gemeinden nun auf steigende Grundsteuern. So haben zum Beispiel allein in Baden-Württemberg acht der 25 größten Städte entweder für dieses Jahr die Hebesätze für die Grund- oder Gewerbesteuer erhöht, oder planen es – entweder noch für 2021 oder für 2022. Das ist das Ergebnis einer Umfrage vom Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg.
Besonders die Tübinger Bürger müssen demnächst tiefer in die Tasche greifen. Dort soll der Hebesatz für die Grundsteuer von derzeit 560 Prozent auf 660 Prozent angehoben werden. Auch Ravensburg sieht eine drastische Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von derzeit 400 Prozent auf 500 Prozent vor.
Der Hebesatz ist in Deutschland für Grundsteuer und Gewerbesteuer vorgesehen und gibt den Gemeinden eine Möglichkeit, die ihnen zustehenden Steuern zu beeinflussen.
Je höher der Hebesatz, desto höher sind die Einnahmen für die Gemeinde. Die Hebesätze sind als Prozent zu verstehen. Bei einem Hebesatz von 300 wird also der Steuermessbetrag mit dem Faktor 3 multipliziert und ergibt damit die zu zahlende Grundsteuer. Wie hoch der Steuermessbetrag ist, hängt vom Wert eines Grundstücks ab.
Grundsteuer: 151 Euro pro Kopf und Jahr im Schnitt
Nicht nur in Baden-Württemberg setzen viele Gemeinden auf die steigende Grundsteuer. Laut einer Analyse des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) vom September 2020 erhöhen auch Kommunen in Nordrhein-Westfalen kräftig die Hebesätze. Das hatte EY zufolge zuletzt jede vierte Kommune getan. In Nordrhein-Westfalen sei der Durchschnitts-Hebesatz bei der Grundsteuer ohnehin schon höher (546 Prozent) als in allen anderen Bundesländern.
Im Schnitt musste jeder Deutsche laut EY im Jahr 2019 für die Grundsteuer 151 Euro ausgeben. Am höchsten ist die Belastung in den Stadtstaaten Bremen (300 Euro), Hamburg (257 Euro) und Berlin (227 Euro). Am wenigsten haben 2019 die Brandenburger mit 107 Euro pro Jahr und Kopf gezahlt.
Auch bei den Hebesätzen gibt es große Unterschiede. Sie reichen von 0 Prozent in insgesamt 13 Gemeinden bis zu 1.050 Prozent im hessischen Lauertal. Die Grundsteuer belastet nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter. Denn sie gehört zu den umlagefähigen Kosten, die der Vermieter komplett an seine Mieter weitergeben darf.
Steigende Grundsteuer: 21 Prozent der Kommunen wollen erhöhen
Auch viele Gemeinden in Bayern, wie Haimhausen, Karlsfeld oder Schäftlarn, oder in Niedersachsen, wie Stade oder Edewecht, erhöhen ihre Grundsteuer-Hebesätze als Folge der Verluste durch die Corona-Pandemie.
Laut der "Kommunenstudie 2020/21" – ebenfalls von EY durchgeführt – planen zwar zwei von drei Kommunen Abgaben zu erhöhen. Doch einen höheren Hebesatz bei der Grundsteuer wollen nur 21 Prozent durchsetzen. Für die Studie wurden insgesamt 300 Kämmerer befragt – sie ist also nicht repräsentativ.
Der Bund der Steuerzahler warnt Kommunen, die leeren Kassen durch eine steigende Grundsteuer aufzufüllen. Das Wohnen würde noch teurer, das verfügbare Einkommen der Bürger geringer. "Höhere Steuern sind in Krisenzeiten definitiv der falsche Ansatz", sagt Zenon Bilaniuk, Vorsitzender des baden-württembergischen Steuerzahlerbundes.
Ab dem Jahr 2025 muss die Grundsteuer neu berechnet werden, wie das Bundesverfassungsgericht vorschreibt. Denn die Werte, die derzeit zur Berechnung verwendet werden, sind veraltet. Derzeit ringen die Bundesländer um Lösungen. Wie die genau aussehen werden, ist derzeit noch offen.