Leitzins der EZB: Was bedeutet er für die Baufinanzierung?

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Leitzins ist vereinfacht der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld leihen und anlegen können. 
  • In der Eurozone steuert die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinssätze.
  • Die EZB kann den Leitzins anheben oder senken, um die Inflation positiv zu beeinflussen, für ein stabiles Preisniveau zu sorgen und eine robuste Wirtschaft zu fördern.
  • Die Höhe des Leitzinses hat Auswirkungen auf die Bau-, Kredit- und Sparzinsen: Ein niedriger Leitzins kommt Kreditnehmern zugute, während Sparer eher von einem hohen Leitzins profitieren. 
  • Der EZB-Leitzins spiegelt das allgemeine Zinsniveau in der Eurozone wider, das sich auch auf die Zinsentwicklung der Baufinanzierung auswirkt. 

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Definition Leitzins

Der Leitzins gibt einfach erklärt an, unter welchen Konditionen sich Kreditinsitute bei der zuständigen Zentral- oder Notenbank Geld beschaffen und anlegen können. Genau genommen gibt es nicht den einen Leitzins, sondern drei verschiedene Arten von Leitzinsen für unterschiedliche Finanzgeschäfte. Leitzinsen dienen als geldpolitisches Steuerungsinstrument. Ziel ist es, die Preise im Wirtschaftssystem möglichst stabil und die Inflationsrate niedrig zu halten. 

In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank, kurz EZB, für die Entwicklung der Leitzinsen verantwortlich. Den britischen Geldmarkt steuert die Bank of England (BoE), den amerikanischen die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) und in Japan ist die Bank of Japan (BoJ) zuständig. 

Gut zu wissen: Zinsen und Tilgung: Wie funktionieren sie bei der Baufinanzierung?

 

Drei Arten von Leitzinsen

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist vom Leitzins die Rede. Genau genommen unterscheidet man aber drei Arten von Leitzinsen. Die EZB legt den Zinssatz fest für:

  • das Hauptrefinanzierungsgeschäft
  • die Spitzenrefinanzierungsfazilität
  • die Einlagefazilität 

Hauptrefinanzierungssatz

Wenn allgemein vom EZB-Leitzins gesprochen wird, ist meist der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Er gibt vor, zu welchen Konditionen sich Geschäftsbanken mittelfristig bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen können. Mittelfristig bedeutet in den nächsten zwei Wochen bis drei Monaten. 

Ist der Hauptrefinanzierungssatz gerade niedrig, kostet es die Banken weniger, Geld zu beschaffen. Davon profitieren private Kreditnehmer, denn die günstigen Konditionen geben die Finanzinstitute in der Regel an ihre Kunden weiter. Ein Nachteil ist dagegen, dass damit auch die Zinsen auf Sparguthaben niedrig sind. Bei einem hohen Hauptrefinanzierungssatz wiederum werden Kredite tendenziell teurer und die Zinsen auf Erspartes steigen. 

Spitzenrefinanzierungssatz 

Wollen sich Banken kurzfristig, also über Nacht, bei der EZB Geld leihen, ist der Spitzenrefinanzierungssatz relevant. Dieser Leitzinssatz liegt in der Regel über dem Hauptrefinanzierungssatz. Während ein niedriger Spitzenrefinanzierungssatz die Inflation antreibt, wirkt ein hoher der Inflationsrate entgegen.

Einlagenzins 

Die Einlagefazilität, auch Einlagenzins genannt, ist das Gegenstück zum Spitzenrefinanzierungssatz und liegt immer unter dem Hauptrefinanzierungssatz. Diese Art Leitzins fällt bei Übernachteinlagen an, wenn also Geschäftsbanken überschüssiges Geld über Nacht bei der Zentralbank anlegen. 

Gut zu wissen: Die Kosten für Geldeinlagen haben Banken bis 2022 durch ein sogenanntes Verwahrentgelt an ihre Kunden weitergegeben. Inzwischen aber haben die meisten Finanzinstitute die Negativzinsen ganz oder teilweise abgeschafft.

Leitzins und die Rolle der EZB

Der EZB-Rat gilt als "Währungswächter". Einfach erklärt ist die EZB für die Umsetzung der Währungs- und Wirtschaftspolitik in der Eurozone sowie für die Verwaltung des Euros zuständig. Die Europäische Zentralbank hat vielfältige Aufgaben. Unter anderem legt sie die Leitzinssätze fest, beaufsichtigt die größten Banken im Euroraum, genehmigt die Ausgabe von Banknoten und sorgt für ein reibungsloses Zahlungssystem. 

Zentrales Ziel der EZB ist es, durch ein stabiles Preisniveau die Wirtschaft im Gleichgewicht zu halten. Dafür strebt die Europäische Zentralbank mittelfristig eine Inflationsrate von 2 Prozent an.

Und hier kommt der Leitzins ins Spiel: Durch Anheben (restriktive Geldpolitik) oder Senken (expansive Geldpolitik) der Leitzinsen werden die Zinssätze in der Eurozone und damit die Geldmenge am Markt und die Inflation beeinflusst. Allgemein gilt: Zinssenkungen wirken preissteigernd und wachstumsfördernd, eine Zinserhöhung hingegen hat einen hemmenden Effekt. 

Was passiert, wenn der Leitzins fällt? 

Die Senkung eines Leitzinses ist ein Zeichen für eine expansive Geldpolitik. Ziel der EZB ist es, die Kredite zu verbilligen und die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn der Leitzins fällt, können sich Banken günstiger Geld bei der Zentralbank leihen. Das kann vor allem zwei Effekte haben:

  1. Die Kreditzinsen sinken und Darlehen werden günstiger.
  2. Die Zinsen auf Sparguthaben fallen

Unterm Strich lohnt es sich in einem solchen Szenario nicht, Geld auf dem Konto liegen zu lassen. Stattdessen geben Verbraucher und Unternehmen ihr Kapital aus. Das wirkt sich meist positiv auf die Wirtschaft aus: Die Nachfrage steigt, der Aktienmarkt wird angekurbelt, Firmen stellen mehr Personal ein und zahlen höhere Löhne. Folglich werden die Verbraucherpreise angehoben und die Gefahr einer erhöhten Inflationsrate steigt.

Was passiert, wenn der Leitzins steigt? 

Ein steigender Leitzins ist ein Hinweis auf eine einschränkende oder restriktive Geldpolitik. Ziel ist es, in Zeiten einer belebten Wirtschaft dem wachsenden Inflationsrisiko entgegenzuwirken. Erhöht die Zentralbank den Leitzins, wird es für Banken teurer, Geld zu leihen oder anzulegen. Das kann bedeutet:

  1. Die Kreditzinsen steigen und Darlehen werden teurer.
  2. Die Sparzinsen steigen.

Insgesamt ist in diesem Szenario weniger Geld in Umlauf und jeder existierende Euro gewinnt an Wert. Sparen lohnt sich und Verbraucher geben weniger Geld aus. Folglich nimmt die Nachfrage ab, Unternehmen investieren weniger, die Konjunktur schwächelt und Preise sinken. Insofern geht mit einem hohen Leitzins eine niedrige Inflationsrate einher. 

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Was bedeutet der Leitzins für die Baufinanzierung?

In der Theorie folgt auf eine Änderung des EZB-Leitzinses eine Anpassung der Baufinanzierungszinsen, da es für Banken teurer beziehungsweise günstiger wird, Geld zu leihen und anzulegen. In der Praxis hat der Leitzins aber nur einen indirekten Einfluss auf die Entwicklung der Bauzinsen. Die Europäische Zentralbank kündigt Leitzinsänderungen nämlich meist schon lange im Voraus an, so dass Banken frühzeitig reagieren können. Die Bauzinsen bewegen sich also schneller als der Leitzins, so dass die Zinsentwicklung der Baufinanzierung nicht unmittelbar am Leitzins abzulesen ist. 

Hinzu kommt, dass diverse Faktoren auf die Bauzinsentwicklung einwirken, zum Beispiel weltpolitische Konflikte und das Verhalten von internationalen Großanlegern. Steigen beispielsweise die Zinsen für Staatsanleihen, erhöhen sich die Zinsen für Pfandbriefe und damit auch die Bazuzinsen – oder umgekehrt.

Wie genau der Leitzins die Entwicklung der Bauszinsen beeinflusst, ist also nicht vorherzusehen. Es gibt unterschiedliche Szenarien, die möglich sind:

  • Der Leitzins und die Bauzinsen steigen oder sinken im Gleichschritt.
  • Der Leitzins und die Baufinanzierungszinsen bewegen sich entgegengesetzt.
  • Die Bauzinsen steigen oder sinken, während der Leitzins gleich bleibt.

Es ist desbalb sinnvoll, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben – zum Beispiel mit unserem Newsticker: Aktuelle Bauzinsen: Prognosen zur Bauzinsentwicklung

 

EZB-Leitzins: Bisherige Entwicklung seit 2008

Als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahr 2008 hat die EZB den Leitzins schrittweise bis auf 0 Prozent gesenkt. Seit 2022 steigen die Leitzinsen wieder. Grund dafür ist die hohe Inflation infolge von Corona-Pandemie, Krieg und Energiekrise. Um die Inflationsrate im Euroraum zu senken, hat die EZB einen restriktiven Kurs eingeschlagen und den Leitzins bis 2023 auf 4,5 Prozent erhöht. Damit liegen die Leitzinssätze aktuell so hoch wie zuletzt zu Beginn der 2000er Jahre.

Ziel ist es, die Geldmenge, die im Umlauf ist, zu reduzieren und den Euro wieder aufzuwerten. Inzwischen ist die Inflationsrate von 6,4 Prozent im Juni 2023 auf 2,2 Prozent im März 2024 gesunken.

Folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der drei Leitzins-Arten seit Juli 2022 bis zur letzten Anpassung der EZB im September 2023:

DatumHauptrefinanzierungssatzSpitzenrefinanzierungssatzEinlagenzinssatz
20. September 20234,50%4,75%4,00%
2. Aug. 20234,25%4,50%3,75%
21. Juni 20234,00%4,25%3,50%
10. Mai 20233,75%4,00%3,25%
22. März 20233,50%3,75%3,00%
8. Februar 20233,00%3,25%2,50%
21. Dezember 20222,50%2,75%2,00%
2. November 20222,00%2,25%1,50%
14. September 20221,25%1,50%0,75%
27. Juli 20220,50%0,75%0,00%

Prognose für den Leitzins 2024 bis 2027

Seit Oktober 2023 hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen nicht weiter erhöht. Das Inflationsziel unter zwei Prozent ist noch nicht erreicht, die Prognosen sind aber optimistisch. Die durchschnittliche Inflationsrate in Deutschland soll kontinuierlich sinken und im Jahr 2028 auf 1,99 Prozent gesunken sein. Der EZB-Rat will in diesem Jahr vermehrt in die Diskussion gehen und erstmals wieder über Zinssenkungen sprechen. Eine mögliche Anpassung könnte im dritten oder vierten Quartal erfolgen. 

Ob und um wie viele Prozentpunkte die Europäische Zentralbank den Leitzins anpasst, lässt sich nicht mit Sicherheit voraussagen. Experten verschiedener Banken gehen davon aus, dass der Leitzins Ende 2024 bei drei bis vier Prozent liegen wird. Bis zum Frühjahr 2025 sind weitere Zinssenkungen realistisch. 

Laut der Survey of Monetary Analysts (SMA) könnte der Leitzins bis 2026 bei 2,75 Prozent und zum Jahresende 2027 bei 2,5 Prozent liegen.

Fazit: Was bedeutet der Leitzins für meinen Baukredit?

Der Leitzins ist ein Schlüsselinstrument, das die Europäische Zentralbank (EZB) zur Steuerung der Wirtschaft in der Eurozone einsetzt. Er beeinflusst in direkter und indirekter Weise die Kredit-, Spar- und Bauzinsen. Eine Senkung des Leitzinses kommt Kreditnehmern zugute, während Sparer von einem höheren Zinssatz profitieren. Die EZB passt den Leitzins an, um die Inflation zu kontrollieren und eine stabile Wirtschaft zu fördern.

Obwohl der Leitzins das allgemeine Zinsniveau widerspiegelt und theoretisch die Baufinanzierungszinsen beeinflusst, gibt es zahlreiche Faktoren wie weltpolitische Konflikte und das Verhalten internationaler Großanleger, die auch eine Rolle spielen.

Die EZB hat seit Oktober 2023 keine weiteren Zinserhöhungen vorgenommen, aber es wird erwartet, dass sie möglicherweise im dritten oder vierten Quartal des Jahres 2024 über Zinssenkungen diskutieren wird. Insgesamt bleibt die genaue Vorhersage, wie der Leitzins die Entwicklung der Bauzinsen beeinflusst, unsicher, da viele Variablen eine Rolle spielen und die EZB-Entscheidungen dynamisch sind. 

Leitzins: Häufig gestellte Fragen

Der EZB-Rat tagt mehrmals im Jahr, um Leitzinsentscheidungen zu treffen. Die nächsten Sitzungen 2024 sind am 11. April, 6. Juni, 18. Juli, 12. September, 17. Oktober und 12. Dezember. 

Der Leitzins wird Prognosen zufolge erstmal nicht weiter steigen und spätestens ab Jahresende 2024 sinken. Für die Bauzinsen gilt: Wesentliche Änderungen sind erstmal nicht zu erwarten. Wie sich die Zinsen für Immobilienkredite ab 2025 entwickeln, ist abzuwarten. Es lohnt sich, die Zinsentwicklung genau zu beaobachten. 

Das Zinsniveau ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu zählen die Konjunktur, die Inflationsentwicklung, die Geldpolitik, die Fiskalpolitik, internationale Zinsverflechtungen sowie Angebot und Nachfrage von Anleihen. 

Jede Zentralbank, im Euroraum die Europäische Zentralbank EZB, legt den Leitzuns eigenmächtig fest. Die Leitzinsentscheidung fällt ein dafür zuständiges Gremium. In der Eurozone ist der EZB-Rat zuständig, der sich mehrere Male im Jahr trifft.

Es gibt weltweit vier Zentralbanken, deren Entscheidungen die internationalen Finanzmärkte maßgeblich beeinflussen können. Neben der Europäischen Zentralbank (EZB) sind das die Bank of England (BoE), die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) und die Bank of Japan (BoJ). 

Stehen die Zinsen niedrig, sollen tendenziell aber steigen, kann es sinnvoll sein, einen Kredit aufzunehmen. In diesem Fall ist insbesondere bei Baufinanzierungen eine lange Zinsbindung ratsam, um sich die guten Konditionen langfristig zu sichern.

Sind die Bauzinsen gerade hoch, könnten aber sinken, bietet es sich an, die Entwicklung weiter im Auge zu behalten oder ein Darlehen mit einer kurzen Zinsfestschreibung abzuschließen. 

Bei einem hohen Leitzins profitieren Sparer, da tendenziell auch die Sparzinsen steigen. Du kannst dein Geld auf einem Tages- oder Festgeldkonto anlegen. Vergleiche vorab aber unbedingt die Konditionen verschiedener Banken. Es kann sich auch lohnen, einen kleinen Teil (maximal zehn Prozent) in Gold zu investieren. Wer die Inflationsrate schlagen will und bereit ist, ein Risiko einzugehen, kann sich an die Aktenmärkte wagen, beispielsweise mithilfe von ETFs.

Je niedriger die Leitzinsen stehen, desto günstiger können sich Banken von der EZB Geld leihen und umso besser sind tendenziell die Konditionen für Baudarlehen und Verbraucherkredite. Es kann sich lohnen, sein Geld in Immobilien zu investieren. 

Die EZB erhöht den Leitzins, um der Geldentwertung entgegenzuwirken und die Verbraucher zu entlasten. Solange die Inflationsrate hoch ist, wird die Europäische Zentralbank ein hohes Leitzinsniveau halten. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, kann die EZB den Leitzins erhöhen. 

 

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