Die Preise für Eigentumswohnungen – besonders in den deutschen Großstädten – steigen weiter stark. Die Mieten steigen dagegen weit weniger, teils stagnieren sie sogar. Die Kluft bereitet Experten Sorgen.
Dass die Preise am Immobilienmarkt in Deutschlands Großstädten steigen, dürfte mittlerweile niemanden mehr verwundern. Dass sich die Kaufpreise aber so anders entwickeln als die Mieten, verwundert sogar Wirtschaftsexperten. So sind etwa die Kaufpreise von Eigentumswohnungen in Großstädten innerhalb des Jahres 2019 um fast zehn Prozent gestiegen. Das geht aus dem Frühjahrsgutachten des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) hervor, das Immobilienexperten am Dienstag in Berlin vorgestellt haben.
Auch in den sieben sogenannten A-Städten sind die Kaufpreise im vergangenen Jahr nochmal gestiegen. Am höchsten war der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr in Hamburg (13,5 Prozent), Düsseldorf (13 Prozent), Köln (12,5 Prozent) und Frankfurt am Main (11,6 Prozent). In Berlin kletterten die Preise 2019 noch einmal um 10,4 Prozent nach oben.
Unter dem Bundesdurchschnitt von 9,7 Prozent liegt der Preisanstieg mit 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr in Stuttgart. In München scheint langsam ein Limit bei den Kaufpreisen erreicht zu sein. Dort fällt der Anstieg mit 6,7 Prozent vergleichsweise gering aus.
Starker Anstieg der Kaufpreise am Immobilienmarkt überrascht
"Der unverändert starke Anstieg der Kaufpreise, auch im letzten Jahr, überrascht", heißt es im Gutachten. Besonders vor dem Hintergrund der Mietpreisentwicklung. Denn die Mieten sind im deutschen Mittel vergangenes Jahr nur um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Damit hat sich das Wachstum im Vergleich zu 2018 (3,8 Prozent) etwas verlangsamt. Nach Abzug der allgemeinen Inflationsrate bleibe bei den Mieten lediglich ein realer Anstieg von 1,9 Prozent.
Mietmarkt hat in Großstädten den Höhepunkt erreicht
"Seit 2011 steigen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen nunmehr Jahr für Jahr stärker als die Neuvertragsmieten", schreiben die Experten. Der Preisanstieg bei den Eigentumswohnungen bereitet ihnen Sorgen. Besonders, weil die Neuvertragsmieten mit der Entwicklung der Kaufpreise nicht Schritt halten können.
Auf dem Mietmarkt sei der Höhepunkt des Preiszyklus erreicht, in den sieben A-Städten sogar überschritten, sagt Harald Simons, Professor an der HTWK Leipzig und Mitautor des Gutachtens. Das zeigen auch die Zahlen: In den ersten Großstädten stagnieren die Mieten schon fast. In Hamburg gingen die Preise 2019 nur um 0,7 Prozent nach oben, in Berlin sind sie sogar um 0,7 Prozent gesunken.
"Insgesamt ist damit zu rechnen, dass sich die Anspannung auf den Wohnungsmärkten der A-Städte auch im Jahr 2020 nicht weiter verschärft. Vielleicht könnten sich die Märkte sogar leicht entspannen", sagt Simons. Der Grund: Die Neubauaktivitäten sind stärker gestiegen als die Nachfrage.
Niedrige Zinsen sorgen für steigende Kaufpreise
Die Ursache für den hohen Anstieg der Kaufpreise im Vergleich zur Mietpreisentwicklung sieht Simons auf dem Kapitalmarkt – die niedrigen Zinsen spielen hier eine Rolle. Das Zinsniveau sei zwischen 2015 und 2018 bei rund zwei Prozent geblieben. 2019 jedoch seien die Zinsen "überraschend" auf gut 1,2 Prozent gesunken. So könne eine um gut zehn Prozent höhere Kreditsumme bedient werden, heißt es im Gutachten. Das entspreche dem Preisanstieg in den sieben A-Städten.
Simons rät der Politik daher, die Finanzierung von Wohnungskäufen besser im Blick zu haben. "Über Mindesteigenkapitalquoten oder Mindestzinsbindungsfristen sollte intensiver nachgedacht werden", sagt der Experte. Und warnt: "Die Situation ist fragil".