Architektin Marie Merkelbach baute für ihre vierköpfige Familie ein modernes Holzhaus am Starnberger See, das durch ungewöhnliche Ideen und viel Eigenleistungen bezahlbar blieb.
Bernried ist ein Kleinod am westlichen Ufer des Starnberger Sees, rund 50 Kilometer südlich von München. Alles geht hier beschaulicher zu als in den Seegemeinden, die näher an die bayerische Metropole grenzen. Hier fehlen die kühlen High-class-Betonmonolithen, dagegen prägen noch viele traditionelle Bauernhäuser mit großen Gärten den Ortskern, die an die prächtige Klosteranlage grenzen. Für die Gemeinde mit rund 2.200 Einwohnern ist das Wort "Dorfidyll" noch wirklich treffend.
Wer hier ein modernes Architektenhaus errichten will, der muss einige Hürden nehmen. Ein Satteldach und ein Dachüberstand sind verpflichtend, ebenso eine Lärmschutzwand zu einer Bundesstraße. Die Architektin Marie Merkelbach und ihren Mann Philipp verschlug es in das bayrische Dorf, da Philipp Merkelbachs Eltern mit ihm und seinen Geschwistern hier häufig ihre Sommerurlaube verbrachten. Die Kölner Familie wohnte dann immer bei den Großeltern in einem alten Holzhaus mit großem Garten, fünf Fahrradminuten vom See.
Nach seiner Promotion in Physik bekam Philipp einen Job in München. Seine Frau Marie, Diplom-Architektin, zog mit ihm und der kurz davor geborenen Tochter Lotte mit nach Oberbayern. Weil es schon damals schwer war, eine bezahlbare Wohnung in der bayerischen Hauptstadt zu finden, durfte sich die junge Familie zunächst vorübergehend in dem Ferienhäuschen mit Holzofen häuslich einrichten. Aus einigen Monaten wurden zwei Jahre. Dann konnten die beiden ein Grundstück in der Nachbarschaft kaufen und Marie fing an, das Eigenheim zu planen.
Holzhaus für 400.000 Euro
Bei ihren vorherigen Arbeitgebern, den weltweit bekannten Architekturbüros Herzog & de Meuron sowie Gerkan, Marg und Partner, konzipierte die Architektin Großaufträge mit. Dort hatten die Projekte freilich andere Dimensionen. "Hier sollten es 200 Quadratmeter Wohnfläche werden bei einem begrenzten Budget", offenbart Marie.
Das erste eigene Haus barg neben dem streng durchkalkulierten Finanzrahmen von rund 400.000 Euro noch weitere Hürden: Den Bebauungsplan. In Anlehnung an die dunkel gestrichenen Ställe und Heuschober in der Voralpenlandschaft favorisierte das Paar ein Holzhaus mit unregelmäßiger Boden-Deckelschalung aus schwarzem Fichtenholz.
Weil die Holzständerkonstruktion und die Wandelemente vorgefertigt waren, entfielen lange Trocknungsphasen, und die Bauzeit war dadurch deutlich kürzer. Schon nach sechs Monaten konnte die Familie einziehen. "Im Winter war es in unserem ungedämmten Zwischendomizil ganz schön frisch, und wir waren froh, dass unser neues Zuhause so schnell fertig wurde. Dass noch alle Türen und die meisten Einbauschränke fehlten, nahmen wir gerne in Kauf", erzählt der Hausherr.
Lange Arbeitstage lagen hinter Marie und Philipp Merkelbach, denn nur durch jede Menge Eigenleistungen konnten sich die jungen Bauherren das Haus im Süden von München leisten: Alle Bretter der Außenfassade nagelte und lasierte das Paar in jeder freien Minute selbst, auch die Laibungen sämtlicher Fenster brachten sie an, die OSB-Platten im Innenbereich und alle Einbaumöbel.
Behaglichkeit und Praktikabilität waren wichtig für den Entwurf
Die Raumplanung folgt stringent den Bedürfnissen einer vierköpfigen Familie, 2014 kam noch Sohn Peter auf die Welt. Im Erdgeschoss liegen – bis auf das Büro der Architektin und das Gäste-WC – die gemeinschaftlichen Flächen der Familie.
"Ein Haus soll mir nicht aufzwingen wie ich zu leben habe, es muss sich meinen Bedürfnissen anpassen", erklärt Marie Merkelbach ihr Interiorkonzept. "Ich kenne Bauherren bei denen jeder Pfefferstreuer ein Störenfried ist", ergänzt sie lächelnd. Bei ihr sind Behaglichkeit und Praktikabilität die entscheidenden Parameter des Entwurfs. "Die bunten Zementfliesen im Eingangsbereich verzeihen mehr als ein weiß lackierter Holzboden", findet die Expertin. "Ein Flur muss mit einer Tür zu den Aufenthaltsräumen abgegrenzt werden, dass macht auch energetisch Sinn." Den Tresen hinter dem Herd baute Philipp höher, damit man vom Essplatz aus nicht gleich die zuweilen nicht immer perfekt aufgeräumte Arbeitsplatte im Blick hat.
Im offenen Wohn- und Essplatz fungiert der Grundofen als Eyecatcher und Raumteiler. Für viel Gemütlichkeit und Wärme sorgen bosnische Nussbaumdielen in verschiedenen Längen und Breiten. Weiße Leinenvorhänge bieten abends Schutz vor allzu neugierigen Blicken durch die bodentiefen Fenster. Die Schienen ließ die Kreative schon im Rohbau bündig in die Decke einbauen.
Im Obergeschoss sind der Schlafraum, das Gästezimmer, die beiden Kinderzimmer und zwei Bäder untergebracht. Auch hier baute das junge Paar vieles selbst – so zum Beispiel das massive Doppelbett oder die Empore und die Absturzsicherungen in Peters und Lottes eigenem Reich aus Regalen mit reißfesten Kunststoffschnüren aus dem Segelzubehör. Sohn und Tochter sollten in ihren Räumen einen Bereich haben, der von der Eingangstüre aus uneinsehbar ist. "Da dürfen Spiele oder Kleider rumliegen, ohne dass es mich stört. Das freut die Kinder und mich", meint die zweifache Mutter lächelnd.
Einrichtung jenseits modischer Trends
Jenseits modischer Trends richtete Marie Merkelbach das neue Zuhause stilsicher und wohlkalkuliert mit vielen Klassikern und selbst entworfenen Möbeln ein. Wie zum Beispiel die Sitzbank, deren Lehnen sie mit Holzwürfeln aus Ahorn und Nussbaum verzierte oder den ausgefallenen Leuchtstuhl "Wire Chair" aus Epoxidharz mit Glasfasermatten. Ein Prototyp, den sie während des Studiums schuf. Bei den Wänden entschied sie sich für zeitloses Weiß.
Daten und Fakten zum schwarzen Holzhaus am Starnberger See
Baujahr: 2013 Bauzeit: 7 Monate Bauweise: Holzständerkonstruktion ohne Keller mit vorgefertigten Wandelementen mit Holzfaserdämmung, Lärchenfenster, Fassade als klassische Boden-Deckelschalung, Holzbalkendecken, Dach mit Holzfaserdämmung und Ziegeleindeckung. Heizung: Gaszentralheizung mit Grundofen Primärenergiebedarf: 40 kWh/m² U-Wert Außenwand: 0,15 W/m²K Grundstück: 850 Quadratmeter Architektur: Dipl. Ing. Marie Merkelbach, www.architektur-merkelbach.de
Euch gefällt das schwarze Holzhaus? Eine schwarze Holzfassade, die besonders langlebig ist, kann man nicht nur mit Holzlack, sondern auch mit der Yakisugi-Technik aus Japan erzeugen. Mehr dazu in unserem Artikel Yakisugi: Holzveredelung durch Verkohlen erobert Deutschland.