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Mitten in Berlin: Tiny House-Kunstprojekt zieht von Dach zu Dach


Als "Penthaus à la Parasit" prangert ein Tiny House die prekären Berliner Wohnverhältnisse an. Das Dach, auf dem es neuerdings steht, könnte nicht besser gewählt sein.

  1. Umzug ins Zentrum der Macht

Eine ungewöhnliche Kunstinstallation hat im vergangenen Sommer in Berlin für Aufsehen gesorgt: Aus dem Nichts ist auf dem Dach eines Neuköllner Wohnhauses eine kleine, verspiegelte Hütte aufgetaucht – ein Tiny House, wenn man so will. Auf 3,7 Quadratmetern finden Besucherinnen und Besucher ein Bett, eine Mini-Küche und einen Schreibtisch. Abgesehen vom installierten WLAN verzichtet das Mini-Haus auf jeglichen Luxus, nicht einmal eine Toilette gibt es.

Das "Penthaus à la Parasit" war eine Erfindung der beiden Künstler und Aktivisten Jakob Wirth und Alexander Zakharov. Mit der Kunstinstallation wollen sie auf Gentrifizierung, steigende Mietpreise, Verdrängung und Wohnungsnot in Berlin aufmerksam machen. Auch wenn sich Interessierte für Übernachtungen anmelden können, ist das Prekäre Penthaus nicht als Lösung der problematischen Berliner Wohnverhältnisse gedacht. Viel mehr stellt es das ganze defekte System in Frage und holt sich das zurück, was den Machern zufolge allen Berlinerinnen zusteht: ein Recht auf Stadt, Freiräume, Zentralität und Weitblick. Natürlich ganz ohne Genehmigung.

Umzug ins Zentrum der Macht

Eine illegale Aneignung von Oben zieht natürlich die Blicke auf sich und fordert das Recht heraus. Weshalb die Polizei nun schon mehrmals eine Räumung erzwungen hat. Jedes Mal ist das winzige Haus auf ein anderes Dach gezogen. Zuletzt hatte es in dem kleinen Örtchen Bernau in der Berliner Peripherie eine vorübergehende Heimat gefunden.

Doch nun ist das Tiny House wieder in den Mittelpunkt der Berliner Aufmerksamkeit gerückt. Jakob Wirth und Alexander Zakharov haben das Penthaus à la Parasit auf dem Dach eines Hochhauses im Herzen der Hauptstadt errichtet. Die Aussicht ist beeindruckend: Berliner Dom auf der einen Seite, der Fernsehturm auf der anderen. Und dazwischen: das Rote Rathaus. Nur die Karl-Liebknecht-Straße und der Neptunbrunnen trennen das Häuschen vom Sitz des Regierenden Bürgermeisters und dem Senat.

Der Blick aufs prekäre Tiny House von der Kreuzung Karl-Liebknecht-Straße/Spandauer Straße.

Damit halten die für die Kunstaktion verantwortlichen Künstler der Berliner Stadtregierung und ihrer bisher enttäuschenden Wohnungspolitik buchstäblich einen Spiegel vor. Ob sich die Politikerinnen und Politiker im Prekären Penthaus selbst erkennen? Viel Zeit wird ihnen für die Selbsterkenntnis voraussichtlich nicht bleiben, ehe das Penthaus à la Parasit weiterzieht.

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