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Stadtflucht als Chance: Warum Städter aufs Land ziehen


Die Ballungszentren in Deutschland wachsen immer weiter, doch es gibt auch den entgegengesetzten Trend. Eine Studie hat nun untersucht, unter welchen Voraussetzungen Städter aufs Land ziehen. Die Stadtflucht bietet Chancen für Menschen – und ländliche Gemeinden.

  1. Ländliche Freiräume begünstigen Stadtflucht
  2. Stadtflucht mit Freunden
  3. Stadtflucht als Chance für schrumpfende Gemeinden

Mieten und Kaufpreise in Großstädten steigen und steigen. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zieht es vor allem Singles und Zuwanderer in die Ballungszentren. Das führt auch dazu, dass die Städte immer größer werden: In den vergangenen Jahren sei Berlin jährlich um 1,4 Prozent, Hamburg und München um 1,1 Prozent gewachsen. "Historische Dimensionen" stellt das IW fest.

Die Kölner Forscher beobachten jedoch auch, dass es deutsche Familien vermehrt von der Großstadt aufs Land zieht.

Welche Voraussetzungen sich junge Städter wünschen, um den Schritt raus aus dem urbanen Raum zu wagen, hat der Think Tank Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung untersucht. Denn, so die These: "Das Landleben rückt in den Fokus eines urban geprägten Milieus".

Ländliche Freiräume begünstigen Stadtflucht

Die Städte, die immer enger und überfüllter werden, die Freiräume, die der ländliche Raum bietet, sowie die neuen Formen des digitalen Arbeitens begünstigen die Stadtflucht, so das Institut.

Insgesamt 18 Wohnprojekte von kreativen und digital affinen Menschen untersuchten die Forscher für ihre Studie. Die meisten liegen in Brandenburg, einige auch in der Nähe von Leipzig. Was die Projekte noch gemeinsam haben: Sie bieten nicht nur Platz zum Wohnen, sondern auch digitale Arbeitsräume.

Denn obwohl digitales Arbeiten mittlerweile fast überall möglich sei, siedeln sich die meisten Unternehmen in Großstädten oder deren Speckgürtel an, sagt Institutsleiter Reiner Klingholz. Natürlich, die Breitbandversorgung ist in vielen ländlichen Gegenden noch verbesserungswürdig, das haben auch Politiker erkannt. "Aber ein Kabel im Boden reicht nicht aus, um das Land wiederzubeleben", sagt Klingholz.

Stadtflucht mit Freunden

Hauptsächlich interessant sei das Landleben für Familien jenseits der 30, denen es in der Stadt für ihr Budget zu eng wird. Unter den neuen Landbewohnern seien aber nicht nur Menschen in Wissens- und Kreativberufen, die ortsunabhängig arbeiten können, wie Programmierer, Journalisten, Grafikdesigner und Kulturwissenschaftler. Auch Lehrer, Sozialpädagogen, Ärzte und Handwerker zieht es aus der Stadt, heißt es in der Studie.

Der Umzug aufs Land falle vielen Städtern leichter, wenn sie ihn nicht alleine wagen. Sie fühlten sich dem urbanen Umfeld stark verbunden. Alleine die Stadt zu verlassen, komme deshalb für viele trotz des größeren Raum für weniger Geld nicht in Frage. Daher sei es eine Möglichkeit, nicht als einzelne Familie sondern mit mehreren Familien zusammen die Stadt zu verlassen, wie es die Menschen in den untersuchten Wohnprojekten getan haben.

Die meisten Städter bringen höhere Ansprüche an ihr neues Wohnumfeld mit, als dass es nur reiner Wohn- und Arbeitsraum im Grünen ist. Deshalb, heißt es in der Untersuchung, suchen sie neue Möglichkeiten um Kultur oder auch umweltfreundliche Mobilitätsalternativen zum eigenen Auto zu finden. So entstünden zum Beispiel Hofläden, Cafés, Galerien, Carsharing. Das bringt eine Verbesserung der Lebensbedingungen für alle im Ort mit sich.

Stadtflucht als Chance für schrumpfende Gemeinden

Als zwingende Voraussetzung dafür, dass sich Städter in einer ländlichen Gemeinde ansiedeln, sehen die Forscher eine leistungsfähige Internetverbindung. "Wo ein leistungsfähiges Kabel unter der Erde nicht verfügbar ist, werden die Dörfer im Wettbewerb um Einwohner mit den Städten chancenlos bleiben".

Natürlich kann bei 18 untersuchten Projekten nicht von einer Trendwende die Rede sein. Auch die Forscher wollen davon noch nicht sprechen. Dennoch könne die neue Landbewegung für viele schrumpfende Gemeinden eine große Chance sein.

Diese Orte könnten dann nicht nur demografisch stabil bleiben, sondern sogar wachsen. Vorausgesetzt, sie stehen den Chancen der Digitalisierung und den neuen Bewohnern, die sie anzieht, offen gegenüber.

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