Frau macht mit ihrem Handy ein bild von einem Haus.

Wohnen | Statement

Experte erklärt: Darf man Fotos von fremden Häusern machen?


Privatsphäre, Datenschutz, Recht am eigenen Bild – das Thema Bildrechte ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Ob man ein fremdes Haus fotografieren darf, dazu haben wir uns mit dem Fachmann Alexander Karst ausführlich unterhalten.

  1. Interview mit dem "Bildbeschaffer" Alexander Karst

Sind Kameradrohnen über Wohngebieten erlaubt? Darf jeder einfach so Fotos von meinem Haus machen? Und wann werden bei Bildern die Persönlichkeitsrechte verletzt? "Wir haben online ein ausführliches Interview mit dem Bildrechtsexperten Alexander Karst geführt.

Er hat zusammen mit seiner Partnerin Michaela Koch 2008 die Hamburger Agentur "Die Bildbeschaffer" gegründet. Diese ist spezialisiert auf Bildeinkauf, Recherchen, Rechteklärung und Medien-Management für Unternehmen und Agenturen. Ihr umfangreiches Wissen zu Themen wie Urheberrecht, Personen auf Bildern oder auch Bildrechten in sozialen Medien geben die beiden in regelmäßigen Webinaren weiter.

Alexander Karst, Experte für Bildrechte und Mitgründer von "Die Bildbeschaffer"

Interview mit dem "Bildbeschaffer" Alexander Karst

Wohnglück.de: Herr Karst, da steht ein Mann auf der Straße und fotografiert mein Haus. Darf er das?

Alexander Karst: Das kommt ganz darauf an. Wenn der Mann sich auf einem öffentlichen Weg befindet, das Haus ohne zusätzliche Hilfsmittel einsehbar ist und er nicht Ihre Persönlichkeitsrechte verletzt, dann darf er das.

Was wäre denn in diesem Fall eine Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte?

Alexander Karst: Zum Beispiel, wenn Sie selbst oder Ihre spielenden Kinder auf dem Bild zu sehen sind. Oder wenn das Klingelschild deutlich erkennbar oder die Adresse identifizierbar ist. Oder das Kennzeichen Ihres Autos. Dann darf er ohne Ihr Einverständnis kein Bild machen oder muss alle persönlichen Kennzeichen wegretuschieren. Es geht hier ganz klar um den Schutz der Privatsphäre.

Aber was ist, wenn der Mann mit dem Bild meines Hauses Geld verdient?

Alexander Karst: Dann gilt dasselbe. Ein Beispiel: Ein Bekannter von mir wohnt in einer Mühle auf dem Land. Die wird in schöner Regelmäßigkeit fotografiert – und landet manchmal auch als Motiv auf Kalendern. Dagegen kann er sich nicht wehren, denn die Mühle ist frei einsehbar und außer dem Gebäude selbst ist auf den Bildern weiter nichts zu erkennen. Anders wäre es, wenn er eine mannshohe Hecke um das Grundstück pflanzen oder einen Sichtschutzzaun errichten würde. Käme jetzt ein Fotograf und würde zum Beispiel mittels einer Leiter über die Hecke hinweg fotografieren, dann wäre das eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte beziehungsweise der Privatsphäre.

Ich selbst darf aber vom Reichstag ohne Probleme ein Foto machen, oder?

Alexander Karst: Ja, dürfen Sie. Das ist durch die so genannte "Panoramafreiheit" abgedeckt. Sir Norman Foster hätte als Architekt und Urheber der Reichstagskuppel grundsätzlich alle Bildrechte an seinem Bauwerk. Die Panoramafreiheit schränkt dieses Urheberrecht aber ein, weil das Motiv dauerhaft von öffentlichen Wegen aus einsehbar und zugänglich ist. Aber Achtung: Die Panoramafreiheit erlöst Sie nicht von der Wahrung von Persönlichkeits- oder Markenrechten. Ist ein Gebäude kein Kunstwerk, ist es auch nicht urheberrechtlich geschützt.

Die zentrale Frage ist also, ob der Rahmen privat oder öffentlich ist.

Alexander Karst: Unter anderem. Grundsätzlich gibt es beim Thema Persönlichkeitsrechte drei zentrale Begriffe, die zu beachten sind. Das wäre zum einen die "Erkennbarkeit". Das ist zum Beispiel wie erwähnt bei einem Klingelschild oder dem Nummernschild meines Wagens der Fall. Eine anonyme Hausfassade ist dagegen unkritisch.

Punkt zwei ist die Frage: Bin ich Beiwerk oder motivbestimmend? Es gibt dieses Gerücht, dass bei einer Ansammlung von mehr als sieben Menschen die Persönlichkeitsrechte wegfallen. Das stimmt nicht. Ist jemand erkennbar und motivbestimmend, kann er sein Einverständnis für das Bild verweigern.

Der dritte Begriff ist die Konkludenz. Damit ist der erkennbare Rahmen gemeint. Ein Beispiel: Wenn der Makler die Bewohner eines Hauses fotografiert, dann können diese damit rechnen, dass dieses Bild im Rahmen einer Verkaufsanzeige erscheint. Mit einer groß angelegten Werbeaktion, bei dem dieses Bild verwendet wird, rechnen sie bestimmt nicht. Apropos Makler: Möchte der Fotos von Ihrer Wohnung machen, muss er Sie als Mieter um Erlaubnis bitten. Da greift das Hausrecht. Sie sehen: Wer fotografiert, hat mit vielen grundverschiedenen Rechten zu tun.

Erkennbar? Motivbestimmend? Konkludent? Bei den Persönlichkeitsrechten auf Bilder sind drei Faktoren entscheidend.

Inwiefern spielt denn der Datenschutz bei der Veröffentlichung von Bildern eine Rolle?

Alexander Karst: Aus meiner Erfahrung begründen viele ihre Klagen gegen veröffentlichte Bilder mit dem Datenschutz. In Wahrheit geht es aber auch hier fast immer um die Persönlichkeitsrechte, mit Datenschutz hat das im engeren Sinne nichts zu tun.

Wenn Google mit seinen Autos herumfährt und fotografiert, dann verstößt das aber gegen den Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, oder?

Alexander Karst: Das stimmt. Die Google-Suche macht Bilder mit anderen Daten kombinierbar, was dann sehr wohl gegen den Datenschutz verstoßen kann. Aber Google pixelt bei seinem Streetview-Angebot grundsätzlich alle Nummernschilder und Personen – also alles, was Persönlichkeitsrechte verletzen könnte. Und dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit, ohne Angaben von Gründen das Verpixeln des eigenen Hauses zu verlangen – datenschutzkonform.

Zurück zur eigenen Haustür. Wenn mein Nachbar zum Beispiel den Schaden durch einen umgefallen Baum dokumentiert – gibt es da Einschränkungen?

Alexander Karst: Auch hier gilt: Wenn er dabei Ihre Persönlichkeitsrechte – auch Unbeteiligter – nicht verletzt, ist das kein Problem. Fotografiert er nur den Schaden und nicht Sie beim Rasenmähen, ist das in Ordnung. Wird aber die Privatsphäre verletzt, können Sie das Bild vor Gericht als Beweismittel für ungültig erklären lassen.

Wie steht es denn bei Drohnen um die rechtliche Situation – dürfen diese über Wohngebieten Aufnahmen machen?

Alexander Karst: Das hat der Gesetzgeber eindeutig geregelt. In der so genannten Drohnenverordnung heißt es dazu: "Verboten ist der Betrieb einer Drohne oder eines Modellflugzeugs (...) über Wohngrundstücken (...) wenn das Flugobjekt (unabhängig von seinem Gewicht) in der Lage ist, optische, akustische oder Funksignale zu empfangen, zu übertragen oder aufzuzeichnen." Kameradrohnen über Wohngebieten sind damit per se verboten.

Was kann ich den tun, wenn ich gegen ein Bild vorgehen will?

Alexander Karst: Das kommt natürlich immer auf die Situation an. Wenn Sie merken, dass Sie erkennbar und/oder motivbestimmend sind, dann können sie den Fotografen auffordern, das Bild zu löschen. Aber in den meisten Fällen bemerken Sie das gar nicht. Wird so ein Bild in den sozialen Medien veröffentlicht, dann gibt es mittlerweile gute Möglichkeiten, das löschen zu lassen. Wenn Sie gerichtlich vorgehen, dann sollten Sie sich sehr sicher sein, dass Ihre Persönlichkeitsrechte auch wirklich verletzt werden. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist für mich Respekt. Respekt sowohl vor den Menschen und Motiven, die ich fotografiere. Respekt aber auch gegenüber den Fotografen.

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