Vor fünf Jahren sind Heike und Erik in ein 35 Quadratmeter großes Tiny House auf einem Campingplatz im baden-württembergischen Rheinmünster gezogen. Und nun leben sie seit einem Jahr in einem Tiny House in Spanien. Warum sie sich nicht mehr vorstellen können, in einer größeren Wohnung zu leben, erzählen sie in unserer Serie Tiny Wohnglück.
Das erste Tiny House von Heike und Erik musste aussehen wie ein Zelt. Das fordert die baden-württembergische Campingordnung. Da Heike und Erik vier Jahre auf einem Campingplatz in unmittelbarer Nähe zum Rhein lebten, war ihr 25 Quadratmeter großes Holzhaus also mit einer rot-weiß-gestreiften Plane verkleidet.
Es stand auf einer etwa 70 Quadratmeter großen Parzelle und war mit einem Wohnmobil verbunden. Insgesamt hatte das Paar so 35 Quadratmeter Wohnfläche. Dazu kam ein abschließbarer Schuppen für Räder und Werkzeuge. Bevor Heike und Erik in ihr Tiny House zogen, lebten sie auf 175 Quadratmetern.
Mittlerweile haben sich die beiden neu verliebt und das Tiny-House am See verkauft. Verliebt? Ja, in ein Tiny-House im spanischen Dénia, das sie zwischenzeitlich gekauft haben. Dieses ist etwas größer als die 35 Quadratmeter Wohnfläche vorher und ist umgeben von über 4.000 Quadratmeter (!) Orangenplantage.
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Gefunden per Suchanzeige
Doch nochmal von vorne: Das erste Häuschen haben sie nicht selbst gebaut, sondern gebraucht gekauft und umgestaltet. "Das stand schon etwa 20 Jahre da und ist Marke Eigenbau", erzählt Heike, die als Business-Feng-Shui-Beraterin arbeitet. Es sei sehr stabil, komplett aus Holz gebaut und gut gedämmt – mit zehn Zentimetern Mineralwolle.
Die Gestaltung sagte dem Paar allerdings nicht wirklich zu. "Als wir es übernommen haben, sah es innen und außen sehr trist aus", sagt Heike. Deshalb hat die Malermeisterin alles selbst gespachtelt und neu gestrichen und auch einen neuen Boden gelegt. Dabei und bei der Einrichtung hat sie sich an Feng-Shui-Prinzipien orientiert.
65.000 Euro hat das Paar für das Haus inklusive Umgestaltung bezahlt. Für das Grundstück inklusive Wasser und Müllgebühren kamen im Jahr 3.800 Euro Pacht hinzu.
Gefunden hatten Heike und Erik ihr Häuschen mit Hilfe einer Suchanzeige. Ein Verkäufer habe sich daraufhin gemeldet und die beiden bekamen dann unter rund zwanzig Mitbewerbern den Zuschlag.
Ein Wohnwagen erweitert den Wohnraum
Geschlafen wurde im Wohnwagen, der direkt mit dem Tiny House verbunden ist. Dort hatte Erik auch sein Homeoffice, die Schränke und Klappen darin dienen als Kleiderschrank, das Badezimmer als Abstellkammer und Garderobe.
Im Häuschen selbst gab es einen Essplatz, eine Küche und einen Wohnbereich mit Schlafcouch. Außerdem ein Badezimmer, das das Paar etwas vergrößert hat. Beheizt wurde das Tiny House mit Gas.
"Wir haben beide auf papierloses Büro umgestellt", erzählte Heike damals. Deshalb brauchten sie kaum Stauraum. Ein Sideboard mit Schubladen hätten sie aber gekauft, falls doch mal was angefallen wäre, was man verstauen muss.
5 Fragen an Tiny House-Bewohnerin Heike
1. Warum seid ihr damals in ein Tiny House gezogen?
Die Idee ist irgendwie gewachsen, das war ein Prozess. Wir waren immer viel mit dem Wohnmobil unterwegs und es war klar, wir können einen großen Teil unserer Arbeit online machen. Wir wollten deshalb öfter mal drei bis sechs Monate unterwegs sein, und da war klar, dass wir dann keine 175 Quadratmeter große Wohnung mehr brauchten.
Also haben wir zuerst nach einer kleineren Wohnung gesucht. Dann sind wir aber in den Medien auf Wohnwagon gestoßen und haben uns näher mit dem Thema Tiny House beschäftigt. Wir haben vor einigen Jahren mal in dem Wohnwagon "Karl" am Tegernsee übernachtet und Ausschau nach einem Grundstück für so ein Tiny House gehalten.
Das war schwierig, also haben wir uns auf Campingplätzen umgeschaut und mit Leuten gesprochen, die dauerhaft dort wohnen. Wir waren fasziniert, wie zufrieden sie waren. Ihr Glücklichsein überzeugte uns.
2. Welche Hürden musstet ihr nehmen, um in das Tiny ziehen zu können?
Die größte Hürde war, einen Platz zu finden. Es folgte der Prozess des Loslassens. Wir mussten überlegen, was nehmen wir mit. Wir waren zwar noch nie große Aufbewahrer, aber wir hatten 800 Bücher und Ordner aus zwei Büros.
Auf dem Campingplatz, wo wir zuletzt in Deutschland gelebt haben, konnte man keinen Erstwohnsitz anmelden. Für uns passte das, da ich noch eine kleine Mietwohnung als Büro nutzte, die wir als Meldeadresse hatten. Aber für andere kann das natürlich ein Problem sein.
3. Was sind die größten Herausforderungen beim Leben in eurem Tiny House?
Da fällt mir gar keine ein. Man gewöhnt sich an das neue Leben, es ist ja alles da, wir darben nicht, wir wohnen nur etwas kleiner. Man braucht allerdings mehr Struktur und Regeln, dazu gehört beispielsweise, dass man anklopft, wenn man den Raum betrifft und der andere da gerade arbeitet und vielleicht in einer Konferenz ist.
4. Was gefällt euch am besten daran, in einem Tiny House zu leben?
Wir sind weniger krank, leben gesünder, näher an der Natur, sind viel mehr draußen, kochen auch öfter im Freien, das ist eigentlich ein permanentes Urlaubsfeeling. Außerdem gibt es so tolle Nachbarn, das ist ein authentischeres Leben, da kann man sich nicht groß verstellen.
Wir können uns nicht mehr vorstellen, anders zu leben – entsprechend hat es uns mittlerweile in das Tiny House in Dénia in Spanien verschlagen. Durch ein kleines Haus gewinnt man so viel Lebenszeit, weil man viel weniger putzen und unterhalten muss. Und die Orangenplantage hält uns genug auf Trab.
5. Was würdet ihr heute anders machen, wenn ihr euch nochmal ein Tiny House kaufen würdet?
Ich bin Malermeisterin und auf dem Bau aufgewachsen, ich würde das erste Haus auch in der Art bauen, wie es gebaut wurde. Das einzige, was ich vielleicht noch eingebaut hätte, ist eine Fußbodenheizung. Man sitzt sonst direkt auf dem Erdreich, das ist von unten schon kalt.
Heikes Tipp für alle, die auch in einem Tiny House leben wollen:
Wenn ihr in eurem Häuschen auch arbeiten wollt, prüft unbedingt vorher, wie gut der Internet- und Telefonempfang ist. Man braucht auch eine ganz klare Struktur, wenn man zu zweit in einem Tiny House lebt, der gleiche Sinn für Ordnung ist hilfreich. Macht vorher mal zwei bis drei Wochen zusammen Urlaub auf so kleinem Raum.
Wer so leben will, muss sich ganz klar überlegen, ob er sich von allem trennen kann und was er mit dem Rest macht, der nicht mit ins Haus passt. Man geht in vieler Hinsicht neue Wege, muss flexibel sein und sich darauf einlassen können, denn das Leben ändert sich ziemlich.
Ihr wollt noch von anderen Tiny-House-Bewohnern lesen? Auf dieser Seite findet ihr alle Teile unserer Serie "Tiny Wohnglück".
Ihr könnt Heikes Geschichte vom ersten Tiny House bis jetzt zum Leben in Spanien ausführlich akustisch verfolgen, denn sie war zu Gast im Podcast bei Caro und Chris von tinyon:
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