Die Möbelindustrie profitiert vom "Cocooning", einem Trend infolge der Corona-Krise. Statt in den Urlaub zu fahren, investieren viele Deutsche lieber in ihr Zuhause. Sie kaufen verstärkt Möbel, Küchen oder renovieren.
Unter "Cocooning" versteht man das Einigeln im gemütlichen Zuhause, ein Verhalten, das vor allem in Krisenzeiten vorkommt. So auch in Folge der Corona-Pandemie. "Schon seit Jahren ist zu beobachten, dass sich die Menschen verstärkt in die eigenen vier Wände zurückziehen, um es sich dort gemütlich zu machen und der manchmal rauen Realität zu entfliehen“, sagt Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Möbelindustrie (VDM). Durch die Coronakrise habe sich diese Tendenz noch verstärkt.
Und davon profitieren die Möbelindustrie sowie die Baumärkte. Das Geld, dass die Deutschen früher für Reisen oder Freizeitaktivitäten ausgegeben haben, stecken sie jetzt in eine neue Einrichtung oder in die Verschönerung ihres Zuhauses.
Zuwächse bei Möbelkäufen und in Baumärkten
Seit Juni und Juli verzeichnet der VDM deutliche Zuwächse bei den Möbelkäufen. Im Juni habe es erstmals in diesem Jahr einen Umsatzanstieg gegenüber dem Vorjahresmonat gegeben, und zwar um 2,2 Prozent.
Baumärkte profitieren ebenfalls. Karsten Kühn, Marketingchef bei Hornbach schrieb im Handelsjournal: "Hinter uns liegt das erfolgreichste Frühjahrsquartal in der Geschichte des Unternehmens. Mit einem Umsatzwachstum von knapp 18 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum."
Er erklärt das damit, dass sich die Deutschen Gedanken machten, wie sie es sich daheim so angenehm wie möglich gestalten könnten. Entsprechend starteten sie viele Projekte im Innen- und Außenbereich. Das half über die Ausnahmesituation hinweg.
Durch Corona haben viele die Bedeutung eines schönen Zuhauses erkannt
"Durch die viele Zeit zu Hause haben die Verbraucher die Bedeutung einer guten Einrichtung erkannt", sagt auch Jan Kurth. "Die Kaufabsichten für Möbel und Küche befinden sich trotz der Krise derzeit auf einem sehr hohen Niveau."
Die Besinnung auf das eigene Zuhause ist ein Trend, den auch die Konsumentenumfrage der Unternehmensberatung Accenture mit dem Titel "Jahrzehnt des Zuhauses" stützt.
Befragt wurden mehr als 8.000 Menschen aus 20 Ländern. Das Ergebnis: Das anhaltende Unbehagen gegenüber öffentlichen Räumen und Reisen sowie die aus einem großflächigen Rückgang des Haushaltseinkommens resultierenden finanziellen Ängste bringen die Menschen dazu, weiterhin überwiegend zu Hause zu bleiben.
So sagen 69 Prozent der Befragten, dass sie in den nächsten sechs Monaten den größten Teil ihrer sozialen Kontakte entweder bei sich zu Hause, bei einem Freund oder virtuell pflegen werden. 53 Prozent der Menschen, die noch nie von zu Hause aus gearbeitet haben, wollen dies in Zukunft häufiger tun.
"Das Zuhause ist der neue Horizont – es ist zum Arbeitsplatz, zur Schule und zu einem zum Ort geworden, an dem man neue Hobbys ausprobieren kann. Es ist ein Ort, an dem man Freunde trifft und ein sicherer Zufluchtsort", erläutert Oliver Wright, Managing Director und globaler Leiter für Consumer Goods bei Accenture.
Lange Wartezeiten für bestimmte Waren
"Die für Sommermonate untypisch hohe Nachfrage stellt unsere Branche aber auch vor Herausforderungen, was die Planung von Kapazitäten betrifft", heißt es beim VDM. Nicht immer schaffen es die Hersteller, mit der gestiegenen Nachfrage Schritt zu halten. Bei etlichen Gegenständen kommt er derzeit zu längeren Lieferzeiten, so beispielsweise auch bei Swimmingpools für den eigenen Garten.