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"Spitzenglättung": Bekommen Netzbetreiber Zugriff auf private Wärmepumpen?


Bei Engpässen in der Stromversorgung sollen Netzbetreiber künftig auf private Ladestationen zurückgreifen können. Die Idee der Spitzenglättung kommt bei Verbraucherschützern aber gar nicht gut an.

  1. Spitzenglättung betrifft flexible Verbrauchseinrichtungen
  2. Gegenvorschlag von Verbraucherschützern: Zeitvariable Netzentgelte
  3. Kombination aus Spitzenglättung und variablen Entgelten?

Ein Gutachten aus dem Wirtschaftsministerium sorgt für Aufregung. In dem Papier zur Digitalisierung der Energiewende schlagen Experten vor, dass Netzbetreiber direkt auf private Ladestationen für Elektroautos und Wärmepumpen zugreifen können. Außerdem sollen die Netzbetreiber die Einrichtungen für ein bis zwei Stunden täglich abschalten dürfen. Diese Idee nennen sie "Spitzenglättung".

So soll der Übergang zum Ökostrom bewältigt werden, ohne dass die unstete Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen das Netz durcheinanderbringt. Die Spitzenglättung soll dann greifen, wenn zu wenig Strom zur Verfügung steht. Elektroautos würden dann vorübergehend nicht geladen, Wärmepumpen würden nicht arbeiten. Auf Haushaltsgeräte, Fernseher und die restliche Stromversorgung im Haus wirkt sich das Instrument nicht aus.

Spitzenglättung betrifft flexible Verbrauchseinrichtungen

"Alle flexiblen Verbraucher im Niederspannungsnetz werden standardmäßig verpflichtet, mit ihren flexiblen Verbrauchseinrichtungen an der netzseitigen Spitzenglättung teilzunehmen", heißt es in dem Gutachten. Neben Ladestationen für E-Autos und Wärmepumpen gehören auch Stromspeicher zu diesen "flexiblen Verbrauchseinrichtungen". Unflexible Verbraucher ohne eine solche Einrichtung sind von der Spitzenglättung nicht betroffen. Das schreiben die Autoren der Beratungsunternehmen Ernst & Young und BET.

Die Autoren sehen in der Spitzenglättung keine Nachteile für die Verbraucher. Der Grund: Die Stromentnahme für flexible Verbrauchereinrichtungen würde zeitlich nur etwas verlagert. Außerdem sollen die flexiblen Verbraucher im Gegenzug Vergünstigungen beim Netzentgelt bekommen.

Gegenvorschlag von Verbraucherschützern: Zeitvariable Netzentgelte

Das Wirtschaftsministerium will neue Regeln für die netzdienliche Verbraucherflexibiltät zügig in einem Gesetz festlegen. Konkret geht es um die Änderung des Paragrafen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Diese Änderung auf der Grundlage des Gutachtens soll der Bundestag noch in diesem Jahr verabschieden.

Der Vorschlag hat für viel Kritik gesorgt. Nicht nur die Energiebranche, auch Verbraucherschützer sind wenig begeistert von Wirtschaftsminister Peter Altmaiers Plan. In einem Gutachten im Auftrag der Bundeszentrale der Verbrauchschützer (VZBV) hat das Beratungsunternehmen Consentec nun eine "verbraucherfreundliche" Gestaltung vorgelegt.

Die Verbraucherschützer befürchten, dass Verbrauchern aus dem Modell der Spitzenglättung Nachteile entstehen. Auch sei keine optimale Nutzung der Flexibilität für die flexiblen Verbrauchseinrichtungen gegeben. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Verbraucher Wahlfreiheit hätten.

Kombination aus Spitzenglättung und variablen Entgelten?

Die Autoren des Gegengutachtens schlagen hingegen zeitvariable Netzentgelte vor – also zum Beispiel, dass der Strom zum Laden eines E-Autos nachts weit günstiger ist. Das könnte die Netze zu Tageszeiten, zu denen besonders viel Strom verbraucht wird, entlasten. Wenn Tarife flexibel sind, ließe sich außerdem Strom aus lokalen Wind- oder Solaranlagen besser ins Netz integrieren.

Die Idee der zeitvariablen Netzentgelte und die der Spitzenglättung müssten sich aber nicht ausschließen. Die Autoren halten eine Kombination durchaus für empfehlenswert. Der Eingriff der Netzbetreiber soll aber eine Ausnahme bleiben.

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