Am Anfang ist die Brache: Bagger haben den Boden aufgerissen und wieder zugeschüttet. Vielleicht steht hier noch ein trauriger Busch, vielleicht sprießt dort etwas Gras. Und jetzt? Hecke rundherum und Rasen säen – das war jahrzehntelang die Standardlösung für deutsche Gärten. In England, der Insel der Gärtner, geht das anders. Raffiniert gewundene Wege führen zwischen Beeten Schritt und Blick. Hecken teilen den Garten wie Wände das Haus in Zimmer. Jede Perspektive bietet einen neuen Hingucker. Deutsche Gärten sind überschaubar, in England haben sie diesen gewissen Nicht-sattsehen-Faktor.
Die meisten Hausbesitzer dort haben diese bezaubernden Orte nicht allein entworfen. Sie planen ihre Gärten von Grund auf, mit der Hilfe eines Gartenarchitekten.
Diese Profis denken den Garten erstmal zu Ende, bevor die ersten Pflanzen kommen. Wohin führt der Blick von der Terrasse die Augen der Besucher? Wo sollten Wege, wo Beete verlaufen? Wie kann Sichtschutz ohne unnötige Verschattung etabliert werden? Wie werden Bäume und Hecken den Lichteinfall nach einigen Jahren verändert haben? Wo ergeben Wege Sinn und wo offene Flächen? Und dann natürlich: Welche Pflanzen passen überhaupt zu Boden und Standort – und sorgen rund ums Jahr für abwechslungsreiche Perspektiven?
„Gerade in den Beeten wird viel Geld versenkt“
Das sagt Bernd Hestermeyer, Gartenplaner aus Wardenburg bei Oldenburg. „Da lassen sich unerfahrene Gartenbesitzer Pflanzensorten verkaufen, die gar nicht zu dem Klima in ihrer Gegend passen. Oder die Qualität der Pflanzen ist nicht gut. Und schon muss immer wieder nachgepflanzt werden.“
Hestermeyer plant Gärten in ganz Norddeutschland: Hamburg, Bremen, Münster. Das ist möglich, weil der wichtigste Teil seiner Arbeit auf dem Papier stattfindet. Hier jongliert er so lange mit Blütezeiten und Lichtverhältnissen, mit Spielecken und Pflegezeiten, bis genau das grüne Paradies entstanden ist, von dem ihm seine Auftraggeber vorgeschwärmt haben.
Der Experte schätzt, dass man für einen neu angelegten Garten Ausgaben von etwa 20.000 Euro einplanen sollte. „Mehr geht natürlich immer, ist aber oft gar nicht nötig“, sagt er. Gartenarchitekten könnten gut einschätzen, wo sich Ausgaben einsparen lassen. Die meisten Hausbesitzer sind geschickt genug, um auf der Grundlage des Gartenplans viele Arbeiten – Wege fliesen, Rasen säen, Zäune bauen, Bäume und Stauden pflanzen – selbst zu erledigen. Professionell sieht die Anlage dank der professionellen Anordnung ohnehin aus.
Bei Pflanzen rächt sich übermäßige Sparwut
Gartenplaner beraten auch, wo sich die Investition in gutes Material lohnt – und wo es für die ästhetische Wirkung und die Dauerhaftigkeit keine Rolle spielt. So wirken Terrassen und Wege viel mehr durch ihre Form als durch den Belag, den man für sie verwendet. Bei Pflanzen dagegen rächt sich die Sparwut – billige Baumarktexemplare können zum Beispiel Wetterstress nicht so gut vertragen wie gut gepflegte Zöglinge von spezialisierten Gärtnereien.
Meistens plant Hestermeyer keine Gärten auf der grünen Wiese, am häufigsten sind es die Besitzer lange bepflanzter Gärten, die sich einfach keinen Rat mehr wissen und Unterstützung beim Profi suchen. Wer vom Fach ist, der weiß den Wert bereits etablierter Pflanzen zu schätzen. Deswegen ist er besonders schonend im Umgang mit dem Bestand: „Ich frage mich als Allererstes: Welche Pflanzen müssen wirklich weg? Welche kann man durch einen Schnitt in den neuen Gartenstil integrieren?“, sagt Hestermeyer. „Auch das spart bares Geld.“
Vor dem Gartenplan steht das Vorgespräch. Die Architekten möchten wissen, was ihre Kunden unter ihrem persönlichen Traumgarten verstehen. Einen blühenden Kiesgarten mit ohrenbetäubendem Bienensummen? Plätscherndes Wasser zwischen wogendem Schilf? Rosenduft? „Die meisten Menschen sagen als Allererstes ,Bitte pflegeleicht‘“, so Hestermeyer. „Ich finde das gar nicht schlimm. Ich versuche einfach herauszubekommen, was genau sie damit meinen. Meistens hilft es schon, für sie einen Garten zu planen, den sie mit allen Sinnen genießen können. Dann ist die Zeit, die man dort verbringt, keine Arbeit. Sondern ein reiner Genuss.“