Wohnen | Statement

Gründer schickt Digitalos zum Probewohnen in die Provinz


Mit der Initiative "Summer of Pioneers" versucht Wohnraum-Pionier Frederik Fischer Großstädter fürs Leben auf dem Land zu begeistern. Im Interview mit wohnglück.de verrät er, wie er möbliertes Wohnen und modern ausgestattetes Co-Working sehr günstig anbieten kann und weshalb die Lebensqualität auf dem Land höher ist.

  1. Rundum-Sorglos-Paket für kreative Städter
  2. Die Sehnsucht der Digital Natives nach analoger Freizeit
  3. Informationen zum "Summer of Pioneers"

Viele Städter träumen davon, naturnäher zu leben. Oft haben sie allerdings Angst, dass sie auf dem Land auf Bequemlichkeiten verzichten müssen. Dank Frederik Fischer können Großstädter das Landleben mal ausprobieren, ohne großes Risiko und unschlagbar günstig. Fischer hat vor drei Jahren die Initiative "Summer of Pioneers" ins Leben gerufen.

Im Interview mit wohnglück.de erklärt er, wie das funktioniert und warum die Lebensqualität auf dem Land höher ist.

Das Foto zeigt den Wohnraum-Pionier Frederik Fischer

Wohnglück.de: Herr Fischer, Sie sind der Überzeugung, dass die wirklich aufregenden Zukunftsentwürfe in der Provinz entstehen. Warum?

Frederik Fischer: Innovation erfordert ja Kreativität – Kreativität wiederum braucht physische Gestaltungsräume. Und diese finde ich momentan in ländlichen Räumen viel eher als in Großstädten, einfach, weil es auf dem Land viel mehr Leerstände gibt. Zudem nehme ich wahr, dass lokale Verwaltungen in ländlichen Räumen wirklich Lust haben auf neue Ideen, auf Transformation. Da sind Veränderungen in kurzer Zeit dann auch viel eher möglich, weil die Hierarchien ungleich flacher sind.

Welche Rolle spielt dabei eine schnelle Internetverbindung?

Frederik Fischer: In ländlichen Räumen hat die Digitalisierung tatsächlich das große Potenzial, unmittelbar die Lebensqualität zu verbessern. Alleine auch dadurch, weil sie die Arbeitswelt spätestens seit Corona so viel flexibler gemacht hat. Durch die Möglichkeit, die Arbeit im Homeoffice überall mitzunehmen, können Arbeitnehmer viel mehr Naturnähe erleben und dadurch eine höhere Lebensqualität genießen. Das macht es möglich, dass die Leute so leben können, wie sie wirklich leben wollen. Eine schnelle Internetverbindung bedeutet also mehr, als Netflix schauen zu können.

Rundum-Sorglos-Paket für kreative Städter

Sie sind der Erfinder von "Summer of Pioneers". Wenn Sie das Konzept einem Kind erklären müssten, wie würden Sie es tun?

Frederik Fischer: Wir schnüren ein Rundum-Sorglos-Paket für 20 Menschen, um einfach mal das Leben und Arbeiten auf dem Land auszuprobieren. Stadtplanern, Architekten, Journalisten aber auch Menschen aus dem Marketing oder handwerklichen Jobs, Tischlern, Modellbauern oder Musikern stellen wir für einen begrenzten Zeitraum möblierte Wohnungen und einen Co-Working-Space zur Verfügung. Die Teilnahme an unserem Projekt kostet nur 150 Euro monatlich.

Als Gegenleistung wünschen wir uns, dass die Menschen getragen von der Dynamik einer lebendigen Gruppe kreativ brainstormen, wie man den ländlichen Ort, an dem sie sich treffen, in seiner Entwicklung nach vorne bringen kann.

In 2022 sind Herzberg in der Lausitz, Tengen im Hegau, Homberg in Nord-Hessen und Rendsburg im hohen Norden dabei. Alles ländliche Mittel- und Kleinstädte, deren Zukunft die Teilnehmer neu denken sollen. Ich wünsche mir eine Atmosphäre des Aufbruchs, die alle mitreißt.

Wir wollen die kleinen Orte auf dem Land aus ihrem Dornröschenschlaf reißen."

Frederik Fischer, Initiator von "Summer of Pioneers"

Welche Sehnsucht haben die Menschen im ländlichen Raum?

Frederik Fischer: Es ist nicht nur die Digitalisierung, nach der die Menschen auf dem Land Sehnsucht haben. Ich nehme es so wahr, dass sie ganz grundsätzlich die Zuversicht verloren haben, dass Zukunft überhaupt gestaltbar – positiv gestaltbar – ist. Das hängt sicher auch mit den Negativprägung gerade der letzten Jahre in der Pandemie zusammen, in der gefühlt alles zum Stillstand kam. Genau hier setzt "Summer of Pioneers" an: Wir wollen die kleinen Orte auf dem Land aus ihrem Dornröschenschlaf reißen. In Herzberg gibt es zum Beispiel viele Plattenbauten, die neue Wohnkonzepte brauchen.

Die Sehnsucht der Digital Natives nach analoger Freizeit

Und warum haben Menschen aus der Großstadt im Gegenzug eine große Sehnsucht nach dem Landleben?

Frederik Fischer: Weil sich das Internet in den vergangenen Jahren so stark verändert hat. Noch vor zehn Jahren war der Kampf um Aufmerksamkeit im Netz bei weitem nicht so extrem. Heute ist das anders: Wer heute digital arbeitet, sich im Netz bewegt, der bewegt sich auch in einem Raum, der zunehmend stärker den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie unterliegt. Das Netz zerrt unentwegt an unserer Aufmerksamkeit und umso größer ist der Wunsch, dazu ein Ausgleich zu schaffen. Ganz bewusst den Laptop zuzuklappen. Bewusst Zeit mit anderen Menschen zu verbringen. Die Freizeit möglichst wenig digital, dafür möglichst analog zu gestalten.

Wenn sogenannte Digital Natives – also junge Menschen, die mit Internet und Smartphone aufgewachsen sind – aus der Stadt und die alteingesessene Bevölkerung aus dem Dorf zusammentreffen, prallen ja Welten aufeinander.

Frederik Fischer: Ich glaube, die Kluft ist gar nicht so groß, wie immer angenommen wird. Die veränderte Arbeitswelt ist für ländliche Kommunen die größte Chance seit dem Zweiten Weltkrieg. Viel mehr Menschen können jetzt eben fernab der Großstadt leben und ihre Jobs mitnehmen. Diese Chance kann aber nur ergriffen werden, wenn die digitalen Voraussetzungen bestehen, wenn es eine stabile Verbindung gibt, wenn es eine Willkommenskultur für die Veränderung gibt. Das haben die Menschen auf dem Dorf ebenso verstanden wie die Menschen in der Großstadt.

Es scheint paradox: Eine Studie hat ergeben, dass nur jeder Fünfte der 14- bis 19-Jährigen im Alter von 30 Jahren in der Großstadt leben will. Die junge Generation träumt von einem Leben auf dem Land, am liebsten in einem Einfamilienhaus. Tatsächlich ziehen aber ganz viele in die Stadt oder ins nahe Umland. Wie erklären Sie sich das?

Frederik Fischer: Ich glaube, die Angst auf dem Land zu vereinsamen, zu vereinzeln, weil man keinen Anschluss findet, die ist einfach in den Köpfen präsent. Als Kompromiss wählen die Menschen dann den "Speckgürtel" als Lebensraum, weil sie glauben, dort beides zu haben: einerseits die ländliche Idylle, andererseits die Nähe zur Großstadt. Ich persönlich glaube, Speckgürtel sind das Schlechteste aller Welten, weil: nichts Halbes und nichts Ganzes.

Rendsburg lädt ein zur Teilnahme an der Initiative "Summer of Pioneers".

Was sind Sie denn ganz persönlich? Stadtmensch oder Landmensch?

Frederik Fischer: Auch wenn ich noch am Stadtrand von Berlin lebe, bin ich totaler Landmensch geworden. Also, ich kann auch Stadt genießen, die Vielfalt der Restaurants, das Kulturprogramm – das ist alles ganz toll. Aber wenn es um den Lebensort geht, gibt es für mich keine Frage. Wenn ich im Wald bin und nur Vogelgezwitscher höre, geht es mir sofort gut. Wenn ich in die Innenstadt fahre und in der S-Bahn sitze, geht es mir nicht gut, bis ich dann zum Beispiel mit Freunden in einem schönen Restaurant sitze. Das kann ich dann wieder genießen, aber der Weg dorthin ist erst mal stressig.

Informationen zum "Summer of Pioneers"

Wer selbst an einem Summer of Pioneers teilnehmen möchte, hat in diesem Jahr dazu die Gelegenheit in vier ländlichen Kommunen: Tengen, Herzberg, Rendsburg und Homberg. Mehr Informationen zu neuem Leben und Arbeiten auf dem Land gibt es auf der Internetseite von Neulandia.

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