Bauen | Homestory

Mit Alpen-Panorama: Was dieses Traumhaus so besonders macht

Claudia Durian


Mit ästhetischem Gespür und vielen Ideen baute ein junges Paar in Oberammergau ein alpenländisches Haus mit eigener Formensprache, bei dem sich ein statisches Problem als Glücksfall erwies.

  1. Teilweise gibt es Beton-Wände – aus statischen Gründen
  2. Die Fassade ist mit Schlammfarbe gestrichen
  3. Große, offene Gemeinschaftsräume & kleine Individualräume
  4. Wohnbereich im Obergeschoss

Wer aus dem oberbayerischen Murnau kommend die Hauptstraße von Oberammergau entlangfährt, ahnt nicht, dass sich hinter einer unscheinbaren Hofeinfahrt dieses minimalistische Satteldachhaus befindet.

Es ist ein Haus wie aus dem Bilderbuch: wohl proportioniert, mit aufrechtem Giebel, vorbildlich eingepasst in die bestehenden Gebäude und einem traumhaften Ausblick auf den 1.270 Meter hohen Kolbensattel in den Ammergauer Alpen. Das Gebäude setzt einen Kontrapunkt zu den klassischen Domizilen mit ihrer Lüftlmalerei, für die der Ort neben den alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspielen so berühmt ist.

Die Bauherrin Ursula Huber, Architektin, und ihr Lebensgefährte Benjamin Mayr, Schreiner und im Bühnenbau tätig, haben es zusammen entworfen. Vorher lebten beide mit Benjamin Mayrs Tochter Eleni und dem gemeinsamen Sohn Nepomuk in einer 50 Quadratmeter großen Wohnung. Weil sich wieder Nachwuchs ankündigte, wollten beide neu bauen.

Ursula Hubers Vater stellte den beiden einen Teil seines Grundstücks zur Verfügung. Der längliche Baukörper mit 16 Metern und einer Breite von über sechs Metern ergab sich zum einen aus den bestehenden Gebäuden ihrer Eltern an der Westseite, die hier leben und mehrere Ferienwohnungen vermieten. Und zum anderen aus dem unbebauten Grundstück an der Ostseite.

Modernes Architektenhaus mit großzügiger Glasfassade
Eine großzügige Glasfassade öffnet das puristische Haus zur Terrasse und zum Garten.

Teilweise gibt es Beton-Wände – aus statischen Gründen

Ursprünglich plante Ursula Huber eine klassische Holzriegelkonstruktion. Damit der offene Wohn-, Ess- und Küchenbereich ohne Stütze ausgeführt werden konnte, mussten die beiden seitlichen Außenwände aus statischen Gründen etwa zu einem Drittel in Beton ausgeführt werden. Im Nachhinein ist sie froh darüber: "Weil die Räume so viel lebendiger wirken und die Sichtbetonwände eine ganz andere Haptik haben."

Der Entwurf überzeugt durch eine formale Eigenständigkeit. Auf einen seitlichen Dachüberstand verzichtete Ursula Huber dabei ganz bewusst.

Nach Süden öffnet sich das Gebäude mit einer zurückgesetzten Glasfassade und mündet in eine Terrasse, die sich in den leicht ansteigenden Hang gräbt. Schwere Betonsteine, die normalerweise bei Hochwasserverbauungen Verwendung finden, setzte die findige Architektin für die Abböschung des Gartens ein. Sie dienen im Sommer zusätzlich als Sitzfläche. Eine bekieste Zufahrt und ein Vorhof entstanden im Norden.

Die Fassade ist mit Schlammfarbe gestrichen

Um eine unkontrollierte Vergrauung des Fichtenholzes zu verhindern, strich das Paar die sägerauen Schalungsbretter mit einer schwedischen Schlammfarbe, deren Inhaltsstoffe dem klassischen Schwedenrot ähneln. Zusätzlich unterstreicht dieser Ton die reduzierte Fassade ganz besonders.

Ihre Affinität für die puristische nordische Architektur – Ursula Huber studierte außer an der Technischen Universität in München ein halbes Jahr in Oslo – zeigt sich auch im Innern. Schwarz ist ebenfalls die dominierende Farbe. Auf dem Boden ließ sie Linoleum verlegen.

Die Glasfassade und die vielen Fenster an den Längsseiten lassen viel Tageslicht in die Räume fluten. Raffiniert ist der Lichtschacht gleich im Flur, der oben und unten verbindet.

Designer-Küche im Architektenhaus
Schwarzstahl, Beton, Eichenholz und Linoleum unterstreichen die reduzierte Architektur im offenen Wohn-, Ess- und Küchenbereich.

Ein wichtiges Gestaltungsprinzip des Paares war, dass die Gemeinschaftsräume eher groß und offen sein sollten und die Individualräume eher kleinere Grundrisse haben.

Der offene Wohn-, Ess- und Küchenbereich im Erdgeschoss ist das kommunikative Zentrum. Durch die konsequente Beschränkung auf wenige Materialien wie Holz, Metall und Sichtbeton sowie die sparsame Möblierung, kommen die skulpturalen Entwürfe der Küche und der Treppe eindrucksvoll zur Geltung.

Die zweizeilige Küche aus lackierten MDF-Platten baute Benjamin Mayr zusammen mit seiner Schwester. Der hauchdünne Schwarzstahl der Arbeitsplatte unterstreicht den monolithischen Küchenblock.

Gegenpol ist die schwebend leicht wirkende Stahltreppe, die sich vor der Betonwand abzeichnet. Weil Ursula Huber auf die untere Setzstufe verzichtete, erhält die Stiege eine filigrane Anmutung. Nur konsequent, dass ein einfaches Schwarzrohr als Geländer dient.

Gekonnt spielt die Architektin immer wieder mit den geometrischen Formen Kreis und Rechteck: Die runden Deckenleuchten über dem Tresen waren eine Idee Benjamin Mayrs. "Es sind Rohre, die ursprünglich für Rails in Snowparks eingesetzt wurden, über die Boarder runterrutschten", erklärt der Kreative.

Wohnzimmer im Architektenhaus mit Sichtbetonwand
Bei der reduzierten Inneneinrichtung setzte die Architektin einen Mix aus runden und eckigen Formen ein.

Wohnbereich im Obergeschoss

Der klassische Wohnbereich liegt im Obergeschoss. Von ihrem Überecksofa mit Filzbezug genießt die Familie einen traumhaften Blick in die Berge des Naturparks Ammergauer Alpen. Auch hier spielte die Architektin bei der Wahl der Möbel und Leuchten wieder mit der Geometrie. Designermöbel kombinierte sie mit Vintage-Fundstücken.

Unter dem Dach liegen außerdem die Kinderzimmer des vierjährigen Nepomuk und der 16 Monate alten Tochter Frieda, die kurz nach dem Einzug im Jahr 2018 geboren wurde. Daneben platzierte die Bauherrin ein Wannenbad. Das Elternbad mit Dusche und das Schlafzimmer befinden sich am Ende des Flurs.

Modernes Badezimmer im Architektenhaus
Auch im Badezimmer dominiert die Farbe Schwarz und wir finden wieder die Kombination von runden und eckigen Formen.

Ganz wichtig waren der jungen Mutter und Architektin überall im Obergeschoss bodentiefe Fenster. So können die krabbelnde Frieda und der tobende Nepomuk immer in den Garten schauen.

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